Dokument-ID: 917391

WEKA (ato) | News | 17.05.2017

Strafrechtliche Verantwortlichkeit bei Nichteinhaltung der Verwaltungsvorschriften durch eine juristische Person

Die strafrechtliche Verantwortlichkeit trifft bei Nichteinhaltung der Verwaltungsvorschriften durch eine juristische Person grds jeden, der zu ihrer Vertretung nach außen berufen ist.

Geschäftszahl

VwGH 7. März 2017, Ra 2016/02/0145

Norm

§ 26 ABGB; § 103 Abs 2 KFG; §§ 9 Abs 1 und 2 VStG

Leitsatz

Quintessenz:

Handelt es sich beim betroffenen Zulassungsbesitzer im Rahmen einer Lenkanfrage um eine juristische Person, so ist das Auskunftsverlangen direkt an diese zu richten. Dass diese ihrerseits eine andere juristische Person als Auskunftspflichtigen iSd § 103 Abs 2 KFG angibt, ist zulässig. Die strafrechtliche Verantwortlichkeit trifft bei Nichteinhaltung der Verwaltungsvorschriften durch eine juristische Person grds jeden, der zu ihrer Vertretung nach außen berufen ist.

VwGH: Mit der Überlassung eines Kraftfahrzeuges an eine nach Namen und Anschrift genannte Person wird der Zulassungsbesitzer zur Bekanntgabe eines Auskunftspflichtigen verpflichtet. Im Falle einer Lenkeranfrage hinsichtlich des Lenkens an einem bestimmten Ort und zu einem bestimmten Zeitpunkt hat er somit, sofern er den Lenker nicht selbst benennen kann, den jeweiligen Auskunftspflichtigen namhaft zu machen. Diesen trifft dann die Pflicht, den tatsächlichen Lenker oder denjenigen, der das Fahrzeug abgestellt hat, bekanntzugeben; dass dieser seinerseits einen weiteren Auskunftspflichtigen angibt, ist nach dem Gesetz nicht zulässig. Handelt es sich beim Zulassungsbesitzer um eine juristische Person, ist die Lenkererhebung direkt an diese zu richten.

Juristische Personen sind in ihrer Rechtsfähigkeit den natürlichen Personen grundsätzlich gleichgestellt (§ 26 ABGB). Eine Einschränkung in Bezug darauf, dass es sich bei dem vom Zulassungsbesitzer genannten Auskunftspflichtigen zwingend um eine natürliche Person handeln muss, ist dem Gesetzeswortlaut des § 103 Abs 2 KFG nicht zu entnehmen. Auch eine juristische Person ist in der Lage, Auskunft darüber zu erteilen, wer das ihr überlassene Fahrzeug an einem bestimmten Ort gelenkt hat und kann somit vom Zulassungsbesitzer zulässigerweise als Auskunftspflichtige genannt werden. Dies entspricht auch dem Zweck der Bestimmung, der nach ständiger Rechtsprechung im Schutz des Interesses an einer raschen und lückenlosen Strafverfolgung liegt.

Grundsätzlich ist für die Einhaltung der Verwaltungsvorschriften durch juristische Personen oder eingetragene Personengesellschaften strafrechtlich verantwortlich, wer zur Vertretung nach außen berufen ist (§ 9 Abs 1 VStG). Für die Beantwortung einer Anfrage nach § 103 Abs 2 KFG ist im Falle, dass kein verantwortlicher Beauftragter iSd § 9 Abs 2 VStG bestellt wurde, jeder zur Vertretung nach außen Berufene der juristischen Person zuständig und für die Nichterteilung der Auskunft strafrechtlich verantwortlich. Dies gilt auch dann, wenn die Lenkeranfrage nicht an den handelsrechtlichen Geschäftsführer einer GmbH, sondern an die GmbH selbst ergangen ist.

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