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Dokument-ID: 657871

Michael Petritz - Andreas Kampitsch | News | 21.04.2014

UFS – Per Gesellschafterweisung „durchzuleitende“ Großmutterzuschüsse gesellschaftsteuerpflichtig

Die Gastautoren MMag. Petritz und Mag. Kampitsch setzen sich in ihrem Beitrag ausführlich mit der jüngsten Rechtsprechung des UFS Wien zur Gesellschaftsteuerpflicht eines Großmutterzuschusses auseinander.

War das Erkenntnis des VwGH vom 28. Juni 2007, 2007/16/0027, nach der herrschenden Ansicht im Schrifttum dahingehend zu interpretieren, dass Zuschüsse der Großmutter an die Mutter mit einem gleichzeitig gefassten Gesellschafterbeschluss, der die Muttergesellschaft verpflichtet, den Zuschuss an die Tochtergesellschaft weiterzuleiten (sog „durchgeleiteter“ Großmutterzuschuss), nicht der Gesellschaftsteuer unterliegen, hat der UFS in einer kürzlich gefällten Entscheidung (UFS Wien 18. 11. 2013, RV/3879-W/08 ua) auf die Gesellschaftsteuerpflicht in einem derartigen Fall erkannt.

1. Einleitung und kurze Darstellung der Rechtslage

Auch, wenn im AbgÄG 2014 die Abschaffung der Gesellschaftsteuer ab 2016 vorgesehen ist, wird sie bis dahin Unternehmen und Berater weiterhin beschäftigen. In einer unlängst veröffentlichten Entscheidung des UFS wurde auf eine Gesellschaftsteuerpflicht für sog „durchgeleitete“ Großmutterzuschüsse erkannt.

Diese Entscheidung steht entgegen der im Schrifttum vertretenen Ansicht, welche sich im Großen und Ganzen auf die Entscheidung des VwGH (2007/16/0027) stützt, der in einer ähnlichen Konstellation auf eine Gesellschaftsteuerpflicht entschied, da eben gerade kein gesellschaftsrechtlich gültiger Gesellschafterbeschluss vorlag. Im Umkehrschluss wurde hieraus gefolgert, dass für den Fall, dass ein solch gesellschaftsrechtlich gültiger Gesellschafterbeschluss vorliegt, keine Gesellschaftsteuer anfallen würde.

2. Sachverhalt und Gang des Verfahrens zu UFS Wien 18. 11. 2013, RV/3879-W/08 ua

Der Berufungswerberin, die österreichische LN Holding GmbH, wurde im Jahr 2007 ein Gesellschafterzuschuss ihrer 100%igen deutschen Mutter, der L SE, gewährt unter der Verpflichtung diesen an die rumänische Enkelin, der LCI SA, der L SE weiterzuleiten. Der entsprechende Gesellschafterbeschluss der L SE lautete wie folgt:

Die L SE beschließt als alleinige Gesellschafterin der LN Holding GmbH […]

  • Die L SE München leistet an die LN Holding GmbH einen nicht rückzahlbaren Kapitalzuschuss […]
  • Die LN Holding GmbH wird den Zuschuss als nicht gebundene Kapitalrücklage in der Bilanz ausweisen. Eine Erhöhung des Stammkapitals findet nicht statt.
  • Die LN Holding GmbH ist verpflichtet, diesen Zuschuss [in voller Höhe] unverzüglich an LCI SA Bukarest weiterzuleiten.

Die Weiterleitung erfolgte acht Tage nach Empfang des Zuschusses. Die Vorgangsweise wiederholte sich noch dreimal betreffend Enkelgesellschaften der L SE in Polen und Kroatien. Begründet wurde die Vorgangsweise mit den gesetzlichen Voraussetzungen in den einzelnen Ländern, welche eine Verbuchung von Großmutterzuschüssen nicht zulässt. Für alle diese Vorgänge wurden seitens des Finanzamtes Gesellschaftsteuer vorgeschrieben. Hiegegen wendete sich die Berufung/Bescheidbeschwerde.

3. Entscheidung des UFS

Der UFS bestätigte die Rechtsansicht des Finanzamtes. Entgegen der Ansicht in der Literatur geht der UFS von zwei Zuschüssen (Großmutter an Tochter und Tochter an Enkelin) aus, selbst wenn – wie im gegenständlichen Sachverhalt – die Großmutter in ihrer Eigenschaft als Alleingesellschafterin einen gültigen Gesellschafterbeschluss fasst, der die Tochtergesellschaft verpflichtet, diesen Zuschuss an die Enkelgesellschaft weiterzuleiten. Aus der Entscheidung des VwGH 28. 6. 2007, 2007/16/0027, in welcher der VwGH auf Gesellschaftsteuerpflicht eines „durchgeleiteten“ Großmutterzuschusses erkannte, weil ein nach GmbH-Recht gültiger Gesellschafterbeschluss gerade eben nicht vorlag, sei nach Ansicht des UFS nichts zu gewinnen, da der VwGH eben aufgrund des Nichtvorliegens eines entsprechenden Gesellschaftsteuerbeschlusses weitergehende Überlegungen verworfen habe und daraus daher nicht geschlossen werden könne, dass der VwGH zum Ausdruck gebracht hätte, dass ein gültiger Gesellschafterbeschluss einer Gesellschaftsteuerpflicht des Zuschusses entgegenstehen würde.

Durch einen Gesellschafterbeschluss würde lediglich der Wille auf Ebene der Tochtergesellschaft fixiert, da die Gesellschafterversammlung – wie auch die Geschäftsführer – ein Organ der Tochtergesellschaft sei. Aus den Ausführungen des UFS lässt sich schließen, dass er lediglich für den Fall, dass ein Anspruch der Enkelgesellschaft auf oder eine schuldrechtliche Verpflichtung der Tochtergesellschaft zur Weiterleitung des Gesellschafterzuschusses bestehe, von einem einheitlichen Vorgang ausgehen würde.

Die von der Berufungswerberin ins Treffen geführte Entscheidung des EuGH 12. 1. 2006, C-494/03, Senior Engineering BV, ist nach Ansicht des UFS auf den gegenständlichen Sachverhalt nicht anwendbar, da es in diesem Fall um lediglich einen physischen Zuschuss gegangen ist (von der Großmutter an die Enkelin) und dieser abweichend an die Muttergesellschaft zugerechnet wurde. Die Berufungswerberin habe jedoch die Zuschüsse erhalten und in der Folge Gesellschaftsrechte an der Enkelin erworben. Für die Interessens-/Zurechnungstheorie sei hier kein Raum. Selbst wenn der Grundsatz der Einmalbesteuerung im Sinne der sechsten Begründungserwägung der Kapitalansammlungsrichtlinie einer Erhebung von Gesellschaftsteuer für beide Vorgänge entgegenstehen würde, würde dies der Besteuerung des Vorganges zwischen der Großmutter und der Mutter nicht entgegenstehen, da es sich um den zeitlich früheren Vorgang handle und dieser Vorgang jedenfalls keine Mehrfachbesteuerung auslöse.

4. Zusammenfassung

Der UFS geht – entgegen der in der Literatur einhellig aus dem Erkenntnis des VwGH geschlossenen bzw von der Finanzverwaltung im Erlass AÖF 2003/139 vertretenen Ansicht – bei einem qua Gesellschafterbeschluss durchzuleitendenen Großmutterzuschuss grundsätzlich von zwei separaten Zuschüssen aus. Offen bleibt nach dem Judikat des UFS, ob auch der zweite Gesellschafterzuschuss (von der Tochter an die Enkelin) mit einer Gesellschaftsteuerpflicht einhergeht, da dies im gegenständlichen Fall nicht zu beurteilen war. Gegen eine Gesellschaftsteuerpflicht auf dieser Ebene spricht jedoch - neben dem Grundsatz der Einmalbesteuerung - die fehlende Freiwilligkeit auf Ebene der Tochtergesellschaft, die mittels Gesellschafterbeschluss gezwungen wird, den Zuschuss weiterzuleiten.

Einen gesellschaftsteuerfreien „durchgeleiteten“ Großmutterzuschuss will der UFS nach diesem Judikat augenscheinlich wohl nur dann annehmen, wenn es zu einer Verpflichtung der Muttergesellschaft (etwa durch Anweisung) zur Weiterleitung kommt bzw wenn ein schuldrechtlicher Anspruch der Enkelgesellschaft an der Weiterleitung des Zuschusses besteht. Eine endgültige Klärung wird durch den VwGH erfolgen, eine Revision wurde seitens der Berufungswerberin eingebracht.

MMag. Michael Petritz, LL.M./Mag. Andreas Kampitsch, LL.M. (jeweils am Verfahren beteiligt)

Autoren

MMag. Michael Petritz

MMag. Michael Petritz ist als Steuerberater bei der KPMG Austria Gruppe in Wien tätig. Seine Tätigkeitsschwerpunkte sind das Unternehmenssteuerrecht, Internationales Steuerrecht, Estate Planning sowie Gebühren- und Verkehrsteuern. Weiters ist er Univ.-Lektor an der WU-Wien. Als Autor schreibt er für Gesellschaftsrecht Online sowie das Werk „Übertragung von Unternehmen“.

www.kpmg.at

Mag. Andreas Kampitsch

Mag. Andreas Kampitsch, LL.M. ist als Berufsanwärter bei der KPMG Alpen-Treuhand AG in Wien tätig. Seine Tätigkeitsschwerpunkte umfassen Konzernsteuerrecht, Internationales Steuerrecht, Estate Planning und die Besteuerung von Kapitalvermögen.