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Michael Petritz - Andreas Kampitsch | News | 19.08.2013

UFS lässt Firmenwertabschreibung an EU-Gruppenmitgliedern zu

Die Gastautoren MMag. Petritz und Mag. Kampitsch erläutern in ihrem Beitrag die jüngste Judikatur des UFS Linz zur Firmenwertabschreibung im Zusammenhang mit im EU-Ausland ansässigen Konzernunternehmen (steuerliche Gruppenmitglieder).

In einer kürzlich gefällten Entscheidung des UFS Linz wurde über die in der Literatur seit langem diskutierte Frage, ob der Ausschluss von Beteiligungen an im EU-Ausland ansässigen Gruppenmitgliedern von der Firmenwertabschreibung unionsrechtskonform ist, entschieden. Der UFS kam zu dem Ergebnis, dass dieser Ausschluss gegen die unionsrechtlich garantierte Niederlassungsfreiheit verstoße und ließ unter der Voraussetzung, dass die gesetzlichen Voraussetzungen vorliegen, eine Firmenwertabschreibung bei Beteiligungen an solchen Gruppenmitglieder zu.

1.1 Einleitung und kurze Darstellung der Rechtslage

Die Firmenwertabschreibung in der Gruppe stellt im Steuerrecht einen gewissen Fremdkörper dar, versteht man unter dem Firmenwert doch normalerweise den Unterschiedsbetrag zwischen den erworbenen Vermögenswerten im Zuge eines „asset deals“ und dem dafür bezahlten (üblicherweise höheren) Kaufpreis. Die Firmenwertabschreibung in der Gruppe wählt einen anderen Ansatzpunkt. Als Firmenwert gilt hier der Unterschiedsbetrag zwischen dem handelsrechtlichen Eigenkapital der erworbenen Körperschaft zuzüglich der stillen Reserven im nicht abnutzbaren Anlagevermögen und den Anschaffungskosten. Begrenzt ist der Firmenwert mit 50 % der Anschaffungskosten. Die Firmenwertabschreibung ist ab Zugehörigkeit der operativ tätigen Körperschaft zur Unternehmensgruppe im Ausmaß von jährlich einem Fünfzehntel bei der Beteiligung vorzunehmen (kein Wahlrecht). Im Ergebnis bewirkt die Firmenwertabschreibung eine Steuerstundung, da die vorangegangenen Firmenwertabschreibungen im Falle der Veräußerung der Beteiligung den Veräußerungsgewinn entsprechend erhöht.

Die Vorschrift stellt daher (innerhalb der Gruppe) grundsätzlich Äquivalenz zwischen dem „asset deal“ und dem „share deal“ her, als bei beiden der Ansatz und die Abschreibung eines Firmenwertes steuerlich vorzunehmen ist. Dem Wortlaut der Bestimmung nach, ist die Firmenwertabschreibung jedoch auf Beteiligungen an unbegrenzt steuerpflichtigen Gruppenmitgliedern beschränkt. Diese Beschränkung wurde von vielen Autoren unter dem Blickwinkel einer möglichen Unionsrechtswidrigkeit kritisch gesehen und bot auch Anlass für das gegenständliche Verfahren beim UFS.

1.2 UFS 16. 4. 2013, RV/0073-L/11 ua

a) Sachverhalt

Der Entscheidung des UFS Linz lag folgender, im Nachstehenden verkürzt wiedergegebener Sachverhalt zugrunde: Die Berufungswerberin GM AG ist Gruppenmitglied einer von der GT GmbH als Gruppenträger geführten Unternehmensgruppe. Im Jahr 2005 erwarb die GM AG eine 100%ige Beteiligung an der slowakischen Z s.r.o, welche ab 2006 Gruppenmitglied wurde. Die GM erklärte in ihren Steuererklärungen für die Jahre 2006 bis 2010 Einkünfte aus Gewerbebetrieb unter Einbeziehung einer Firmenwertabschreibung in Höhe von einem Fünfzehntel der halben Anschaffungskosten der Beteiligung an der Z Eine Option zur Steuerwirksamkeit der Beteiligung (da eine internationale Schachtel vorlag) wurdenichtabgegeben. Die Firmenwertabschreibung wurde vom Finanzamt nicht anerkannt, wogegen sich die Berufung der GM richtete.

b) Die Entscheidung des UFS Linz

Der UFS kommt in seiner umfangreich begründeten Entscheidung wie eingangs dargestellt zum Ergebnis, dass der Ausschluss von Beteiligungen an nicht unbeschränkt steuerpflichtigen Gruppenmitgliedern, die in einem EU-Mitgliedsstaat ansässig sind, von der Firmenwertabschreibung eine Unionsrechtswidrigkeit darstellt und dass bei Vorliegen der entsprechenden Voraussetzungen eine solche gewährt werden muss.

Nach Ansicht des UFS stellt der Ausschluss von Beteiligungen an beschränkt steuerpflichtigen Gruppenmitgliedern mit Sitz in der EU eineBeschränkung der Niederlassungsfreiheitdar. Die möglichen Rechtfertigungsgründe wurden vom UFS allesamt verworfen, wobei er insbesondere auf den Rechtfertigungsgrund der Kohärenz der Besteuerung umfassend eingeht. Dies entstammt der Besonderheit, dass die Veräußerung von Beteiligungen aninländischenGruppenmitgliedern stets steuerpflichtig ist (und somit der unter 1. dargestellte Steuerstundungseffekt eintritt), während ausländische Gruppenmitglieder zwangsweise die Kriterien der „Internationalen Schachtelbeteiligung“ erfüllen und somit nur bei Ausübung der Option zur Steuerwirksamkeit bei der Veräußerung der Beteiligung eine der inländischen Gruppenmitglieds gleichzuhaltende Steuerstundung auftrete. Wird die Option nicht ausgeübt (wie im gegenständlichen Fall), ist ein Verkauf einer internationalen Schachtelbeteiligung steuerfrei. Grundsätzlich wäre daher nach dem in § 12 Abs 2 KStG verankerten, allgemeinem steuerrechtlichen Prinzip, dass Aufwendungen nur dann abgezogen werden dürfen, wenn sie mit steuerpflichtigen Einnahmen in unmittelbaren wirtschaftlichem Zusammenhang stehen, die Firmenwertabschreibung nicht zu gewähren.

Auch diese Vorschrift unterzieht der UFS in seiner Entscheidung einer ausgiebigen Prüfung und referiert die EuGH und BFH-Judikatur zum Rechtfertigungsgrund der Kohärenz. Er kommt abschließend zu dem Ergebnis, dass der Rechtfertigungsgrund in diesem Zusammenhang nicht vorliege, da der spätere Vorteil der Steuerfreiheit im Zuge einer Veräußerungnicht zwingendeintrete, bzw bei Unterbleiben einer späteren Veräußerunggar nichteintrete.

In der Folge bejaht der UFS eine ungerechtfertigte Beschränkung der Niederlassungsfreiheit durch den Ausschluss der Firmenwertabschreibung von Beteiligungen an beschränkt steuerpflichtigen EU-Körperschaften und lässt diese unbegrenzt, dh auch bei Nicht-Ausübung der Option zur Steuerwirksamkeit einer internationalen Schachtelbeteiligung zu.

1.3 Zusammenfassung und Fazit

Der UFS kommt in seiner Entscheidung zu dem Ergebnis, dass die Firmenwertabschreibung von Beteiligungen an in EU-Mitgliedsstaaten ansässigen, beschränkt steuerpflichtigen Gruppenmitgliedern analog zur Firmenwertabschreibung von Beteiligungen an unbeschränkt steuerpflichtigen Gruppenmitgliedern bei Vorliegen der übrigen Voraussetzungen stets vorzunehmen ist. Hieraus ergibt sich jedoch bei genauerer Betrachtung eine Bevorzugung von Beteiligungen an beschränkt steuerpflichtigen EU-Körperschaften gegenüber solchen an unbeschränkt steuerpflichtigen Gruppenmitgliedern: Während Veräußerungsgewinne aus dem Verkauf von Beteiligungen an letzteren stets steuerpflichtig sind, trifft dies auf Beteiligungen an EU-Gruppenmitgliedern nur in dem Fall zu, wenn die Option zur Steuerwirksamkeit der internationalen Schachtelbeteiligung gewählt wird. Sollte die Option nicht gewählt werden, bleibt ein (unter Einbezug der entsprechenden Firmenwertabschreibungen) erzielter Veräußerungsgewinn steuerfrei. Aus dem eingangs erwähnten „Steuerstundungseffekt“ wird ein „Steuerspareffekt“. Gegen dieses Ergebnis regen sich in der Literatur bereits verfassungsrechtliche Bedenken. Ausdrücklich festzuhalten ist, dass die Firmenwertabschreibung nur für Beteiligungen an beschränkt steuerpflichtigen Gruppenmitgliedern, welche in der EU ansässig sind, vorgenommen werden kann, nicht jedoch bei denjenigen, die in einem Drittstaat ansässig sind (keine Anwendbarkeit der Niederlassungsfreiheit in Drittstaatssachverhalten).

Des Weiteren ist anzumerken, dass die Entscheidung des UFS nicht rechtskräftig ist, da eine Amtsbeschwerde (2013/15/0186) an den VwGH eingebracht wurde. Es bleibt daher abzuwarten, wie dieser in der Sache entscheidet bzw ob er die Frage dem EuGH zur Vorabentscheidung vorlegt.

Für den Berater empfiehlt es sich, bei Ankäufen von ausländischen Gruppenmitgliedern die Firmenwertabschreibung anzusetzen und alle offenen Veranlagungen dementsprechend zu berichtigen. Der Klient wird allerdings darauf hinzuweisen sein, dass diesbezüglich bis zur Entscheidung des VwGH (bzw evtl auch EuGH) diesbezüglich keine Rechtssicherheit besteht.

Autoren

MMag. Michael Petritz

MMag. Michael Petritz ist als Steuerberater bei der KPMG Austria Gruppe in Wien tätig. Seine Tätigkeitsschwerpunkte sind das Unternehmenssteuerrecht, Internationales Steuerrecht, Estate Planning sowie Gebühren- und Verkehrsteuern. Weiters ist er Univ.-Lektor an der WU-Wien. Als Autor schreibt er für Gesellschaftsrecht Online sowie das Werk „Übertragung von Unternehmen“.

www.kpmg.at

Mag. Andreas Kampitsch

Mag. Andreas Kampitsch, LL.M. ist als Berufsanwärter bei der KPMG Alpen-Treuhand AG in Wien tätig. Seine Tätigkeitsschwerpunkte umfassen Konzernsteuerrecht, Internationales Steuerrecht, Estate Planning und die Besteuerung von Kapitalvermögen.