Dokument-ID: 1009077

Redaktion WEKA | News | 25.09.2018

Über den notwendigen zeitlichen Zusammenhang zwischen Unternehmensübergang und Haftungsausschluss für Verbindlichkeiten

Bei einem Unternehmensübergang gehen die Rechtsverhältnisse zum Zeitpunkt des Unternehmensübergangs auf den Erwerber über, außer es wurde zwischen den Parteien ein Haftungsausschluss für Verbindlichkeiten vereinbart.

Geschäftszahl

OGH 24. Mai 2018, 6 Ob 80/18k

Norm

§ 38 Abs 1, Abs 4 UGB

Leitsatz

Quintessenz:

Bei einem Unternehmensübergang gehen die Rechtsverhältnisse zum Zeitpunkt des Unternehmensübergangs auf den Erwerber über, außer es wurde zwischen den Parteien ein Haftungsausschluss für Verbindlichkeiten vereinbart, der aber in einem engen zeitlichen Zusammenhang mit dem Unternehmensübergang liegen muss, der von der Literatur mit vier Wochen beziffert und vom OGH als angemessen angesehen wurde.

OGH: Wenn ein Unternehmen übernommen wird, dann gehen die Rechtsverhältnisse gem § 38 Abs 1 Satz 1 UGB im Zeitpunkt des Unternehmensüberganges über, außer es wurde etwas Gegenteiliges vereinbart. Ein Ausschluss der Übernahme von Verbindlichkeiten durch den Erwerber hat nach § 38 Abs 4 UGB bereits „beim Unternehmensübergang“ zu erfolgen, wobei ein strenger Maßstab an den Zeitpunkt angesetzt wird, der in einem engen zeitlichen Zusammenhang zum Unternehmensübergang liegen muss. Nur ein derartiger Publizitätsakt schafft einen rechtswirksamen Haftungsausschluss. Entscheidend ist dem Gesetz nach jedoch nicht die Unterfertigung des schriftlichen Vertrages, sondern der vorgesehene Erfüllungszeitpunkt. Jener benötigte enge zeitliche Zusammenhang wird von der Literatur bereits bei Ablauf eines Monats seit dem Unternehmensübergang verneint.

Im Sinne der Gesetzesmaterialien ist der Umstand maßgeblich, ob der Erwerber über das Unternehmen so verfügen kann, dass die Beziehungen zu den Vertragspartnern der veräußernden Partei zweckentsprechend eingesetzt werden können. Dafür wäre aber auch schon die Einräumung einer Verfügungsmöglichkeit vor dem dinglichen Rechtserwerb ausreichend. Von entscheidender Bedeutung ist jener Zeitpunkt, ab dem das Unternehmen im Namen des Erwerbers betrieben werden soll.

Sollten sich Einschränkungen aus dem Firmenbuch ergeben, bedeutet dies nur aufgrund der Öffentlichkeit noch nicht, dass die darin festgehaltenen Tatsachen allgemein bekannt oder gerichtskundig sind. Gerichtskundigkeit setzt voraus, dass dem Richter die Tatsachen bekannt sind, ohne erst in Unterlagen Einsicht nehmen zu müssen.

In casu gab es für den OGH keinen Grund, die Ansicht der Vorinstanzen, dass der zwischen dem Stichtag und dem Eintragungsbegehren vorliegende Zeitraum von sechs Wochen, als nicht mehr zeitlich naheliegend anzusehen war, als Fehlbeurteilung zu verstehen.

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