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WEKA (api) | News | 19.04.2017

Über die Möglichkeit der Teilnichtigkeit eines Gesellschafterbeschlusses

Bei einem zusammengesetzten Beschluss einer Generalversammlung besteht die Möglichkeit einer Teilnichtigkeit des Beschlusses, falls ein Teil davon von einem Mangel betroffen sei.

Geschäftszahl

 OGH 29. November 2016, 6 Ob 213/16s

Norm

§§ 45 ff GmbHG

Leitsatz

Quintessenz:

Bei einem zusammengesetzten Beschluss einer Generalversammlung besteht die Möglichkeit einer Teilnichtigkeit des Beschlusses, falls ein Teil davon von einem Mangel betroffen sei. Wäre der mangelfreie Beschlussteil aus objektiver Sicht auch beschlossen worden, wenn die Beteiligten Kenntnis über die Mangelhaftigkeit des anderen Teiles gehabt hätten, so ist der mangelfreie Teil als wirksam zu betrachten, während der restliche Beschluss durch die berechtigten Gesellschafter anfechtbar ist. 

OGH: In dem der Entscheidung zugrunde liegenden Fall klagte ein Gesellschafter auf Nichtigerklärung eines Gesellschafterbeschlusses über die Ablehnung einer Sonderprüfung und die Feststellung des Zustandekommens des Beschlusses über Durchführung einer Sonderprüfung. In jener Generalversammlung stellte er einen Antrag auf Sonderprüfung und wurde dabei durch die beiden übrigen Gesellschafter, die 55 % der Stimmen hielten, überstimmt. Einer der beiden war der geschäftsführende Gesellschafter. Der OGH befasste sich daher mit der Frage, ob der geschäftsführende Gesellschafter vom Stimmrecht ausgeschlossen sei und ob es möglich sei, den Beschluss dermaßen zu teilen, dass ein Teil den Antrag über die Sonderprüfung behandelte und der Andere die Kostentragung zum Inhalt hatte.

Der OGH hat in ständiger Rechtsprechung bereits festgestellt, dass für den Fall, dass ein vom Stimmrecht ausgeschlossener Gesellschafter an einer Beschlussfassung mitgewirkt hat und dessen Stimme zusätzlich gezählt wurde, der Beschluss anfechtbar sei. Nach § 130 AktG sind Aktionäre, die von einer Sonderprüfung betroffen und darüber hinaus zugleich Mitglieder des Vorstands oder des Aufsichtsrats sind, vom Stimmrecht ausgeschlossen. Diese Regelung ist analog auch auf eine GmbH anzuwenden. Dabei sieht die Rechtsprechung des OGHs ein Stimmverbot immer bereits dort, wo Vorgänge, die bedeutsam für die Verantwortlichkeit der Verwaltungsträger oder deren Inanspruchnahme sein könnten, von der Sonderprüfung umfasst werden. Dieses absolute Stimmverbot sei in dem Fall anzunehmen und betreffe den geschäftsführenden Gesellschafter, unabhängig davon, ob ein besonderes Ergebnis zu erwarten gewesen wäre.

Die Besonderheit dieses Falles lag in dem Umstand, dass Teil der Beschlussfassung nicht nur der Antrag auf Sonderprüfung war, sondern auch die Frage nach Übernahme der Kosten dafür. Der Antragsteller sah dabei vor, dass die Kosten alleine vom Geschäftsführer zu tragen seien. Ohne die Frage abschließend zu klären, ob eine solche Kostentragung eine Pflichtenvermehrung eines Gesellschafters nach § 50 Abs 4 GmbHG darstellt, wofür dessen Zustimmung von Nöten sei, berief sich der OGH auf allgemeine zivilrechtliche Grundsätze. Ein Vorgehen zu Lasten eines Dritten, sei diesem gegenüber nicht wirksam, sodass die übrigen Gesellschafter den Gesellschafter-Geschäftsführer nicht ohne dessen Zustimmung zur Kostentragung verpflichten konnten. Die Stimmabgabe des geschäftsführenden Gesellschafters war daher nicht vom Stimmverbot umfasst.

Nach ständiger Rechtsprechung des OGHs ist bei einem zusammengesetzten Beschluss eine Teilnichtigkeit möglich, sollte nur ein Teil des Beschlusses von dem Mangel erfasst sein. Der Antrag auf Sonderprüfung und die Kostentragung der Prüfung durch den Geschäftsführer bildeten keine untrennbare Einheit, da beide auch Gegenstand eines gesonderten Beschlusses sein hätten können. In seiner Entscheidung verweist der OGH auf das deutsche Recht und dort vertretene Meinungen, denen er sich anschließt. In Deutschland sei es so, dass der ganze Beschluss fehlerhaft sei, wenn man nicht zur Annahme käme, dass dieser auch ohne den fehlerhaften Teil zustande gekommen wäre. Daraus ergibt sich, dass die wichtige Frage sei, ob der Beschluss objektiv gesehen auch ohne den nichtigen Teil gefasst worden wäre. Raiser stellte in Hachenburg fest, dass es nur möglich wäre, einen Beschlussteil anzufechten, wenn ohne Rücksicht auf das, was die Beteiligten wollten, der verbleibende Rest aus objektiver Hinsicht weiterhin Geltung haben könne.

Zusätzlich zu diesen Punkten würden die Bestimmungen der §§ 45 ff GmbHG Grundlage für die Ansicht sein, dass der Gesetzgeber von einer Trennbarkeit der Fragen nach der Durchführung und der Kostentragung einer Sonderprüfung ausgeht. In der Revision waren auch keine Anzeichen dafür zu finden, dass bei dem Wissen über die Unzulässigkeit der Beschlussfassung über die Kostentragung der Beschluss über die Sonderprüfung nicht durchgeführt worden wäre. Das bedeutete, dass der geschäftsführende Gesellschafter lediglich vom Stimmrecht über den Antrag auf die Sonderprüfung ausgeschlossen war, jedoch nicht über die Frage der Kostentragung, sodass die Sonderprüfung beschlossen worden wäre.

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