Dokument-ID: 896444

WEKA (api) | News | 17.02.2017

Über die Möglichkeit des schlüssigen Verzichts auf die Ausschlussklage nach § 140 UGB

§ 140 UGB räumt den Gesellschaftern die Möglichkeit ein, bei Vorliegen eines Grundes, der nach § 133 UGB zur Auflösungsklage berechtigen würde, gemeinsam eine Klage auf Ausschluss jenes Gesellschafters, der die Ursache darstellt, anzustreben

Geschäftszahl

OGH 24. Oktober 2016, 6 Ob 104/16m

Norm

§ 140 UGB

Leitsatz

Quintessenz:

§ 140 UGB räumt den Gesellschaftern die Möglichkeit ein, bei Vorliegen eines Grundes, der nach § 133 UGB zur Auflösungsklage berechtigen würde, gemeinsam eine Klage auf Ausschluss jenes Gesellschafters, der die Ursache darstellt, anzustreben. Auf dieses Recht kann ausdrücklich oder schlüssig verzichtet werden, vorausgesetzt beim Gegenüber wurde nach Treu und Glauben der Eindruck vermittelt, dass wirksam verzichtet worden ist. Bloßer Zeitablauf reicht zu einer solchen Annahme nicht.

OGH: Tritt in der Person eines Gesellschafters ein Umstand ein, der einen anderen Gesellschafter gem § 133 UGB dazu berechtigt, die Auflösung der Gesellschaft zu verlangen, so berechtigt § 140 UGB alle übrigen Gesellschafter anstatt der Auflösung der Gesellschaft, den Ausschluss des betroffenen Gesellschafters zu beantragen. Das Berufungsgericht in diesem Fall und ein Teil der Lehre vertraten die Ansicht, dass eine solche Ausschlussklage unmittelbar nach dem Eintritt des Umstandes einzubringen ist. Die Rechtsprechung der Obersten Rückstellungskommission, die beim OGH eingerichtet ist, besagt dagegen, dass wenn ein Ausschließungsgrund erneut auftritt, frühere und grundsätzlich schon verfristete Ausschließungsgründe ebenfalls Berücksichtigung finden können.

Der OGH ist der Ansicht, dass man auf das Ausschließungsrecht ausdrücklich oder stillschweigend verzichten kann. Um von einem Verzicht auszugehen, reicht dabei der bloße Zeitverlauf nicht aus. Nur dann, wenn beim Gegenüber nach Treu und Glauben zusätzlich der Eindruck erweckt wurde, dass der Berechtigte dieses Recht nicht mehr ausüben will, ist ein Verzicht anzunehmen. Bei der Beurteilung sind aber immer die Umstände des Einzelfalls zu berücksichtigen und ein strenger Maßstab anzulegen. Sollte sich ein Gesellschafter nicht dem Konkurrenzverbot gemäß verhalten und auch mangelnde Mitarbeit im Unternehmen an den Tag legen, dann stellt dies Ausschließungsgründe gem § 140 UGB dar.

In dem der Entscheidung zugrunde liegenden Fall hatte der Gesellschafter, der die Konzession zur Führung einer Fahrschule innehatte, eine andere Fahrschule übernommen und so der Gesellschaft die Konzession entzogen. Damit waren die klagenden Gesellschafter nicht einverstanden, arbeiteten aber an einem Plan, eine neue Konzession zu erlangen, da dies für die Fortführung des Unternehmens vonnöten war. Aus diesem Umstand konnte nicht zweifelsfrei darauf geschlossen werden, dass sie auf ihre Möglichkeit, einen Ausschluss vor Gericht zu beantragen, verzichtet hätten. Sie waren auch nicht mit der Reduktion seiner Mitarbeit in ihrem Unternehmen einverstanden, genauso wenig mit dem Betanken seines Autos auf Kosten des Unternehmens, was sich darin zeigt, dass sie ihn mehrfach aufforderten, dies zu unterlassen, bis sie schließlich die Tankkarte sperrten. In Anbetracht dieser Tatsachen sprach der OGH aus, dass die Ansicht des Berufungsgerichts, den Klägern sei die Fortsetzung der Gesellschaft mit dem Beklagten nicht zumutbar, auf jeden Fall vertretbar ist.

Sämtliche Leitsätze zu aktuellen OGH- und VwGH-Entscheidungen sowie Entscheidungen im Volltext rund um das Thema Gesellschaftsrecht finden Sie auf www.weka.at/gesellschaftsrecht/Judikatur.

Noch nicht Kunde?

Mehr Infos sowie Bestellmöglichkeit: Gesellschaftrecht online