Dokument-ID: 1012978

WEKA (api) | News | 22.11.2018

Über die Zulässigkeit des Vorsteuerabzugs bei formellen Rechnungsmängeln

Um einen Vorsteuerabzug geltend zu machen, müssen der Gegenstand und Umfang einer Dienstleistung präzise auf der Rechnung angeführt werden. Jedoch berechtigten formelle Rechnungsmängel noch nicht dazu, generell den Vorsteuerabzug zu verweigern.

Geschäftszahl

VwGH; 29. Mai 2018, 2016/15/0068

Norm

§ 12 UStG 1994

Leitsatz

Quintessenz:

Um einen Vorsteuerabzug geltend zu machen, müssen der Gegenstand und Umfang einer Dienstleistung präzise auf der Rechnung angeführt werden. Jedoch berechtigten formelle Rechnungsmängel noch nicht dazu, generell den Vorsteuerabzug zu verweigern. Vielmehr muss darauf abgestellt werden, ob trotz des nicht ausreichend umschriebenen Lieferumfangs und der unzureichenden Bezeichnung des Liefergegenstandes eine Überprüfung der materiellen Anforderungen für einen Vorsteuerabzug möglich ist.

VwGH: Bei der Außenprüfung einer GmbH betreffend die Umsatzsteuer wurden Mängel an Rechnungen festgestellt, sodass das Finanzamt die Meinung vertrat, dass die vorgelegten Rechnungen nicht zum Vorsteuerabzug berechtigten würden. Es vertrat die Meinung, dass die pauschale Bezeichnung des „Materialverbrauchs“, „Nutzung Telefon“ und „Überlassung von Mitarbeitern“ nicht ausreichend war, um den Lieferumfang zu beschreiben und somit nicht den Voraussetzungen des § 11 UStG 1994 entsprachen. Des Weiteren fehlten Hinweise auf die Arbeitszeit sowie Namen und außerdem beinhalteten die Rechnungen einen Fehler bei der Adresse der GmbH. Das Bundesfinanzgericht schloss sich der Ansicht des Finanzamtes an, wobei es hinsichtlich des Fehlers bei der Adresse argumentierte, dass dies solange nicht schaden würde, als die genaue Zuordnung möglich sei. Durch die unkonkrete Bezeichnung und die formellen Mängel sei keine Überprüfung der Berechtigung des Vorsteuerabzugs möglich gewesen.

Der Verwaltungsgerichtshof beurteilte die Revision als zulässig und begründet und hob die Entscheidung des Bundesfinanzgerichtes wegen der Verletzung von Verfahrensvorschriften auf.

Er führte dabei insbesondere das Urteil des EuGH vom 15. September 2016, C-516/14, Barlis 06, an. Dabei wurde entschieden, dass eine Rechnung den Umfang und die Art der erbrachten Dienstleistung präzise angeben muss. Es soll dadurch den Steuerverwaltungen ermöglicht werden, das Bestehen eines Vorsteuerabzugsrechts zu eruieren. Das Grundprinzip der Mehrwertsteuerneutralität sieht den Abzug einer Vorsteuer vor, wenn alle materiellen Voraussetzungen erfüllt sind. Dies darf auch im Falle einer fehlenden Voraussetzung nach Art 226 Nr 6 der Richtlinie 2006/112 nicht verweigert werden, wenn alle Daten verfügbar sind, um das Vorliegen der Voraussetzungen zu überprüfen. Dabei ist nicht nur auf die Rechnung, sondern auch auf alle Beilagen Rücksicht zu nehmen. Somit darf ein Vorsteuerabzug nach § 12 UstG 1994 nicht bloß wegen formeller Rechnungsmängel verweigert werden, wenn die Überprüfung der materiellen Voraussetzung dennoch möglich ist.

Im Anlassfall waren formelle Rechnungsmängel der Grund für die Unzulässigkeit des Vorsteuerabzugs, da Pauschalbezeichnungen weder den Liefergegenstand noch einen Leistungsgegenstand konkret umschreiben. Der Behauptung des Bundesfinanzgerichts, wonach eine Überprüfung der materiellen Voraussetzung nicht möglich war, konnte der VwGH nicht folgen, da keine Auseinandersetzung mit den vorgebrachten Unterlagen stattgefunden hatte. Aufgrund dessen stellte der VwGH eine Verletzung der Verfahrensvorschriften fest.

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