Dokument-ID: 1005989

WEKA (api) | News | 22.08.2018

Über die verwaltungsstrafrechtliche Verantwortung eines im Firmenbuch eingetragenen bereits zurückgetretenen GmbH-GF

Ist ein zurückgetretener Geschäftsführer, der im Tatzeitpunkt einer Verwaltungsübertretung der juristischen Person noch immer als solcher im Firmenbuch eingetragen ist, aufgrund der bloß deklarativen Wirkung des Firmenbuchs dafür verantwortlich?

Geschäftszahl

VwGH; 06 Juni 2018, 2018/03/0041

Norm

§ 9 VStG

Leitsatz

Quintessenz:

Für die Einhaltung der Verwaltungsvorschriften durch eine juristische Person ist, falls niemand anderer bestellt wurde, der zur Vertretung nach außen Berufene. Für den Fall, dass ein Geschäftsführer im Tatzeitpunkt einer Verwaltungsübertretung der juristischen Person noch immer als solcher im Firmenbuch eingetragen ist, obwohl er schon davor seinen Rücktritt rechtmäßig erklärt hatte, ist er aufgrund der bloß deklarativen Wirkung des Firmenbuchs nicht dafür verantwortlich.

VwGH: In casu wurde der Revisionswerber als handelsrechtlicher Geschäftsführer der S GmbH als iSd § 9 VStG verwaltungsstrafrechtlicher Verantwortlicher dafür belangt, dass in der Nacht vom 12. auf 13. März 2016 in einem Lokal in S ein Raum zur Anbahnung von Beziehungen zur Ausübung der Prostitution überlassen wurde, obwohl dies gem § 14 lit c Tir. LPG verboten ist, solange es nicht in einem von der Behörde genehmigten Bordell stattfindet. Das Verwaltungsgericht stellte fest, dass zum Tatzeitpunkt der Revisionswerber als Geschäftsführer im Unternehmensregister angeführt war und laut eigenen Angaben dieser sein Amt als Geschäftsführer gegenüber dem Firmenbuch erst am 17. April 2016 zurückgelegt hatte. Aufgrund dessen kam das Verwaltungsgericht zu dem Schluss, dass der Revisionswerber als zum Tatzeitpunkt im Firmenbuch gemeldeter Geschäftsführer auf jeden Fall Verantwortlicher iSd § 9 VStG für die von ihm vertretene juristische Person war.

Der Revisionswerber brachte vor, dass er am für den 18. März 2016 – also nach dem Tatzeitpunkt – eine außerordentliche Generalversammlung einberufen hatte, in der das Zurücklegen seiner Geschäftsführertätigkeit vorgesehen war. Er teilte jedoch auch in einem Schreiben an das Verwaltungsgericht mit, dass er bereits am 12. November 2015 – also vor dem Tatzeitpunkt – gegenüber dem Alleingesellschafter mündlich seinen Rücktritt als Geschäftsführer erklärt habe und dieser den Rücktritt angenommen hatte. Er nannte auch Namen und Adressen von Zeugen, die diesem Gespräch beiwohnten.

Gem § 16a GmbHG können Geschäftsführer einer GmbH aus bestehenden Verträgen zurücktreten, wobei die Wirksamkeit erst 14 Tage später eintritt, außer es handelt sich um einen wichtigen Grund, dann wird der Rücktritt mit sofortiger Wirkung gültig. Es besteht auch die Möglichkeit einer mündlichen Erklärung, jedoch ist diese gegenüber der Generalversammlung oder allen Gesellschaftern abzugeben.

Die verwaltungsrechtliche Verantwortung gem § 9 VStG besteht im Zeitraum von der Bestellung bis zur wirksamen Beendigung der Organfunktion des Geschäftsführers. Da die Firmenbucheintragung eine rein deklarative Wirkung hat, ist diese für die Verantwortlichkeit nicht entscheidend. Da das Verwaltungsgericht keine Feststellungen über den behaupteten Rücktritt des Revisionswerbers vom 12. November 2015 getroffen hat, konnte keine abschließende Beurteilung darüber getroffen werden, ob dieser nun nach § 9 VStG verwaltungsstrafrechtlicher Verantwortlicher war.

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