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Dokument-ID: 273651

WEKA (bli) | News | 19.11.2010

Verdeckte Einlagenrückgewähr: Umfang des Fremdvergleichs

Verdeckte Einlagenrückgewähr kann durch besondere betriebliche Gründe im Interesse der Gesellschaft gerechtfertigt werden, wenn der Fremdvergleich ergibt, dass das schädigende Geschäft mit einem Außenstehenden geschlossen worden wäre.

Geschäftszahl

OGH 29.09.2010, 7 Ob 35/10p

Norm

§ 82 GmbHG; § 52 AktG

Leitsatz

Quintessenz:

Eine verdeckte Einlagenrückgewähr kann mit dem Vorliegen besonderer betrieblicher Gründe im Interesse der Gesellschaft gerechtfertigt werden, wenn der Fremdvergleich ergibt, dass das die Gesellschaft schädigende Geschäft auch mit einem Außenstehenden geschlossen worden wäre.

OGH: Die österreichischen Kapitalerhaltungsvorschriften bezwecken, dass das Stammkapital als „dauernder Grundstock der Gesellschaft“ und als einziges „dem Zugriff der Gläubiger freigegebenes Befriedigungsobjekt“ gegen Schmälerung durch eine Leistung an Gesellschafter abgesichert wird. § 82 GmbhG verbietet jede Zuwendung der Gesellschaft an ihre Gesellschafter, die keine Gewinnverwendung darstellt und schützt somit das gesamte Gesellschaftsvermögen.

Jede unmittelbare oder mittelbare verdeckte Leistung an einen Gesellschafter, ohne dass eine angemessene Gegenleistung erfolgt, ist vom Verbot der Einlagenrückgewähr erfasst. Unzulässig ist somit jede Vermögensverschiebung von der Gesellschaft zum Gesellschafter (bzw an einen dem Gesellschafter nahestehenden Dritten), die eben diesen aufgrund des Gesellschaftsverhältnisses zum Nachteil des gemeinsamen Sondervermögens, Vorteile verschafft.

Bei der Frage ob eine Zuwendung als verbotene Einlagenrückgewähr zu qualifizieren ist, muss geprüft werden, ob das jeweilige Geschäft von der Gesellschaft auch dann geschlossen worden wäre, wenn der Gesellschaft nicht der Gesellschafter, sondern ein Dritter gegenüber gestanden wäre, und demnach kein Gesellschafter einen Vorteil daraus gezogen hätte. Dann wäre die Zuwendung nach der Formel des Fremdvergleichs gerechtfertigt.

Normadressaten des in § 82 GmbHG und § 52 AktG enthaltenen Verbots der Einlagenrückgewähr sind die Gesellschaft und der Gesellschafter/Aktionär. Ausnahmsweise sind Dritte rückgabepflichtig bzw die Gesellschaft ist zur Leistungsverweigerung berechtigt, wie beispielsweise in jenen Fällen, in denen ein Gesellschafter bewusst zum Nachteil der Gesellschaft handelt, und der Dritte davon wusste bzw seine Unkenntnis auf Fahrlässigkeit beruht.

Eine allgemeine Erkundigungs- und Prüfpflicht des Kreditgebers besteht nicht für alle Fälle denkunmöglicher Einlagenrückgewähr. Sie ist nur dort zu verlangen, wo sich der Verdacht soweit aufdrängt, dass er nahezu Gewissheit gleichkommt. Es kommt dabei auf die Möglichkeiten des Kreditgebers an, zu erkennen, dass die Zuwendungen an den Gesellschafter von keinem rechtfertigenden Sachverhalt getragen waren und einem Fremdvergleich nicht standhielten. Die Beurteilung hat im Zeitpunkt des Abschlusses des Rechtsgeschäfts zu erfolgen.

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