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Dokument-ID: 330581

Michael Petritz | News | 01.12.2011

Verfassungswidrige Einheitswerte bei der Grundbuchseintragungsgebühr: Auswirkungen auch auf die GrESt?

Gastautor MMag. Petritz erläutert in seinem Beitrag, welche Auswirkungen eine aktuelle Entscheidung des Verfassungsgerichtshofs künftig auf die mittelbaren Kosten bei Einigungsübertragungen an Grundstücken haben kann.

In seinem Erkenntnis vom 21.09.2011, G 34,35/11-10 hat der Verfassungsgerichtshof die günstige Bemessungsgrundlage hinsichtlich der Grundbuchseintragungsgebühr für unentgeltliche Liegenschaftsübertragungen für unsachlich und nicht dem Verfassungsrecht entsprechend erkannt und per 31.12.2012 aufgehoben. Sofern der Gesetzgeber bis zum genannten Datum nicht reagiert, bedeutet dies, dass die Grundbuchseintragungsgebühr für solche Übertragungen empfindlich teurer wird.

Gesetzliche Ausgangslage

§ 26 Abs 1 Gerichtsgebührengesetz (idF „GGG“) sieht vor, dass hinsichtlich der Bemessungsgrundlage für die 1,1%ige Grundbuchseintragungsgebühr auf die Wertmaßstäbe des Grunderwerbsteuergesetzes (GrEStG) abzustellen ist. Dies bedeutet im Wesentlichen, dass die Bemessungsgrundlage grds der Wert der Gegenleistung ist. Ist ein solcher nicht vorhanden, so ist hingegen auf den Wert des Grundstückes, in den meisten Fällen im wirtschaftlichen Verkehr somit auf den dreifachen Einheitswert, abzustellen. Da hinsichtlich der Einheitswerte seit über 35 Jahren keine Hauptfeststellung mehr stattgefunden hat, weichen die Einheitswerte meist erheblich von den tatsächlichen Verkehrswerten ab.

Die Entscheidung des VfGH

Der VfGH hat in der bezeichneten Entscheidung das System der Einheitswertbewertung nicht grundsätzlich als gegen die Verfassung verstoßend angesehen (vielmehr hat er – entsprechend seiner Vorjudikatur – ein System, welches auf Typisierungen aufbaut und somit der Verwaltungsökonomie dient, für verfassungskonform anerkannt, solange erkennbar ist, dass die Relationen zum Verkehrswert gewahrt sind), jedoch hat er in den unterlassenen Hauptfeststellungen die Ursache für den Verstoß gegen Verfassungsrecht erblickt. Seiner Meinung nach sei es nämlich unsachlich, dass die Übertragung von Liegenschaften mit annähernd gleichem Wert zu divergierenden Eintragungsgebühren führe. Gleichfalls wäre es ebenso unsachlich, wenn die Übertragung von Liegenschaften von unterschiedlichem Wert zur Vorschreibung von beinahe identen Eintragungsgebühren führen würde. Die Äquivalenz zwischen der Leistung der Gerichte (nämlich die Eintragung ins Grundbuch) und der Bemessung der Eintragungsgebühr sei nicht gegeben. Dementsprechend ist die Bewertungsvorschrift des GGG aufzuheben.

(Unmittelbare) Folgen der Entscheidung des VfGH

Der Verfassungsgerichtshof hat dem Gesetzgeber eine Reparaturfrist bis zum 31.12.2012 gewährt. Gleichfalls hat das Höchstgericht dem Gesetzgeber aufgezeigt, unter Einhaltung welcher Parameter es eine neue Vorschrift für verfassungskonform beurteilen würde. Die Einheitswertbewertung kann diese Vorgaben wohl nur dann erfüllen, wenn die Einheitswerte durch eine neue Hauptfeststellung festgestellt würden. Ob dies eine gangbare Lösung in Zeiten von nötigen Einsparungen im Verwaltungsbereich darstellt, darf dahingestellt bleiben. Andererseits könnten die Werte auch durch andere geeignete Verfahren zukünftig festgestellt werden. In Zeiten von wachsender Durchdringung der Informationsgesellschaft, in welchen sich Durchschnitts-Immobilienpreise mittels Recherche im Internet innerhalb weniger Augenblicke feststellen lassen (ja sogar die konkrete Immobilie mittels Internet begutachtet werden kann), sollten sich wohl auch geeignete Verfahren finden lassen. Die Folge dieser Verfahren wäre jedoch wohl ein Anstieg der Transaktionskosten von bisher begünstigt besteuerten Übertragungen.

Es stellt sich nun die Frage, was passiert, wenn der Gesetzgeber nach Verstreichen der gesetzten Reparaturfrist untätig bleiben sollte. Dies würde bedeuten, dass alle bisher begünstigten Übertragungsvorgänge zukünftig mit einer Eintragungsgebühr von 1,1 % des Verkehrswertes belastet werden würden. Dies würde eine Verteuerung insbesondere von Erbschaften, Schenkungen, Sacheinlagen und Anteilsvereinigungen (zB im Zuge von Anwachsungen iSd § 142 UGB) bewirken.

Über die Entscheidung des VfGH hinaus gehende Auswirkungen – Der Blick in die gläserne Kristallkugel

Fraglich ist weiters, ob die Entscheidung des VfGH im Bereich des GGG auch Auswirkungen auf andere Gesetze, insbesondere auf das GrEStG haben könnte. Diese Fragestellung ist deshalb von besonderer Relevanz, da das GGG ja hinsichtlich der Bemessungsgrundlagen direkt Anleihe beim GrEStG nahm. Die durch das Höchstgericht festgestellten Unsachlichkeiten sind daher virulent. Fraglich – und in der einschlägigen Fachwelt höchst umstritten – ist allerdings, ob sich nicht ein Unterschied auf der Rechtfertigungsebene der Normen ergibt. Der durch den VfGH festgestellte und maßgeblich gehaltene Äquivalenzgedanke trifft wohl nicht im gleichen Ausmaß wie im GGG auch im GrEStG zu. Eine abschließende Würdigung ist zum derzeitigen Zeitpunkt jedoch nicht möglich. Die zukünftige Rechtsprechung des VfGH bleibt daher mit Spannung abzuwarten!

Autor

MMag. Michael Petritz ist als Steuerberater bei der KPMG Austria Gruppe in Wien tätig. Seine Tätigkeitsschwerpunkte sind das Unternehmenssteuerrecht, Internationales Steuerrecht, Estate Planning sowie Gebühren- und Verkehrsteuern. Weiters ist er Univ.-Lektor an der WU-Wien. Als Autor schreibt er für Gesellschaftsrecht Online sowie das Werk „Übertragung von Unternehmen“.

www.kpmg.at

(01.12.2011)