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Dokument-ID: 981557

WEKA (epu) | News | 20.03.2018

Verstößt die Einräumung eines Vorkaufsrechts zum Einheitswert gegen das Verbot der Einlagenrückgewähr?

Die unentgeltliche Einräumung eines Vorkaufsrechts, das gegen Leistung des Einheitswertes der betroffenen Liegenschaft ausgeübt werden kann, an eine zukünftige Gesellschafterin stellt eine verbotene Einlagenrückgewähr dar.

Geschäftszahl

6 Ob 199/17h; OGH; 17. Jänner 2018

Norm

§ 52 AktG

Leitsatz

Quintessenz:

Das Verbot der Einlagenrückgewähr betrifft auch zukünftige Gesellschafter, wenn ihnen in Hinblick auf diese Stellung ein Vorteil zugewendet wird. Die unentgeltliche Einräumung eines Vorkaufsrechts, das gegen Leistung des Einheitswertes der betroffenen Liegenschaft ausgeübt werden kann, an eine zukünftige Gesellschafterin stellt eine verbotene Einlagenrückgewähr dar.

OGH: Gem § 52 AktG dürfen die Einlagen den Aktionären nicht zurückgewährt werden. Dieses Verbot richtet sich nicht an Dritte, sondern nur an die Gesellschaft und die Gesellschafter selbst. Ein Dritter kann auf Grundlage des Verbotes der Einlagenrückgewähr nur im Fall der Kollusion zur Rückgabe verpflichtet sein sowie dann, wenn der Gesellschafter bewusst zum Nachteil der Gesellschaft handelte und der Dritte davon wusste oder sich der Missbrauch ihm geradezu aufdrängen musste. Sowohl ehemalige als auch zukünftige Gesellschafter können jedoch unmittelbar vom Verbot der Einlagenrückgewähr betroffen sein, wenn die Leistung im Hinblick auf ihre ehemalige bzw zukünftige Gesellschafterstellung erbracht wird.

Im vorliegenden Fall hatte die Alleinvertretungsberechtigte und Alleinaktionärin einer AG ihrer Tochter, der nunmehrigen Beklagten, alle Aktien auf den Todesfall geschenkt sowie ihr in der Folge ein Vorkaufsrecht an der streitgegenständlichen Liegenschaft – zu diesem Zeitpunkt im Eigentum der AG stehend – eingeräumt. Die Einräumung des Vorkaufsrechts erfolgte somit im Hinblick auf die zukünftige Gesellschafterstellung der Beklagten: ausdrücklich „zur Besicherung des Übereignungsanspruchs“ und nach den Feststellungen des Erstgerichts aufgrund des bestehenden „familiären Naheverhältnisses“. Die Beklagte erhielt somit diesen Vorteil von der Gesellschaft gerade aufgrund ihrer zukünftigen Gesellschafterstellung, womit ein Fall der Einlagenrückgewähr vorlag.

Im Hinblick auf das Vorliegen eines Verstoßes gegen das Verbot der Einlagenrückgewähr ist entscheidend, ob das Vorkaufsrecht zu gleichen Bedingungen auch einem gesellschaftsfremden Dritten eingeräumt worden wäre. Dies war im konkreten Fall klar zu verneinen, da die Beklagte keinerlei Gegenleistung an die AG für die Einräumung des Vorkaufsrechts erbringen musste. Durch die Einräumung wurden die Veräußerungsmöglichkeiten der AG im Hinblick auf die Liegenschaft jedoch massiv eingeschränkt: Sie musste diese der Beklagten zur Einlösung zu einem bestimmten, möglicherweise unter dem Verkehrswert liegenden Preis anbieten. Durch die Einräumung des Vorkaufsrechts verlor die Liegenschaft für die AG an Wert: Mit einer Einlösung durch die Beklagte musste wohl auch gerechnet werden, wenn der vereinbarte und somit zu erzielende Einlösungspreis unter dem Verkehrswert lag, während ohne das Vorkaufsrecht ein Verkauf zum Verkehrswert möglich gewesen wäre. Die Gläubiger der AG wurden bereits durch diesen drohenden Verkauf erheblich benachteiligt – insbesondere, als das Grundstück im konkreten Fall das einzige nennenswerte Vermögen der AG darstellte. Das der Beklagten eingeräumte Vorkaufsrecht zum Liegenschaftswert war sohin wegen Verstoßes gegen das Verbot der Einlagenrückgewähr nichtig.

Die Frage der Zulässigkeit der Einräumung eines Vorkaufsrechts ohne Vereinbarung eines bestimmten Einlösungspreises wurde vom OGH in dieser Entscheidung nicht beantwortet.

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