Dokument-ID: 325584

WEKA (atr) | News | 16.11.2011

Vertreter einer Limited – Haftung nach § 80 BAO

Der weisungsgebundene inländische Vertreter der österreichischen Zweigniederlassung einer englischen Private Company Limited kann zur Haftung nach §§ 9 Abs 1 iVm 80 Abs 1 BAO herangezogen werden.

Im Vorliegenden Fall wehrte sich der im Firmenbuch als inländischer Vertreter einer Ltd eingetragene „secretary“ gegen seine persönliche Haftung für Abgabenschulden der Gesellschaft. Er argumentierte, dass er

  1. dem Eigentümer der Gesellschaft sowie dem tatsächlichen Geschäftsführer (dem „director“) gegenüber weisungsgebunden gewesen sei und
  2. ihm keine Mittel zur Verfügung gestanden hätten, seine Abgabenschulden der Gesellschaft zu begleichen.

Der UFS Wien ließ keines dieser Argumente gelten:

Inländischer Vertreter einer Limited vergleichbar Geschäftsführer auf dem Papier

Einerseits kommt der „director“ einer englischen Private Limited Company mit inländischer Zweigniederlassung als Vertreter nach § 80 Abs 1 BAO in Betracht und kann zur Haftung für Abgabenschuldigkeiten der Gesellschaft herangezogen werden. Andererseits kommt auch einem vom „director“ bestellten inländischen Vertreter der Limited Vertretungsmacht zu.

Bei einer Mehrheit von Vertretern ist eine Agendenverteilung zulässig – und im vorliegenden Fall trat dem Finanzamt gegenüber nur der Beschwerdeführer als abgabenrechtlich Verantwortlicher der Gesellschaft auf. Zudem hatte der „director“ der Limited dem beschwerdeführenden „secretary“ eine Generalhandlungsvollmacht für „sämtliche Tätigkeiten im Zusammenhang“ mit der Ltd ausgestellt.

Laut ständiger Rechtsprechung des VwGH treffen die Pflichten des § 80 BAO auch einen „Geschäftsführer auf dem Papier“. Das Einverständnis, nicht in die tatsächliche Geschäftsführung Einfluss zu nehmen, befreie nicht von der Verantwortung hinsichtlich der mit der Stellung als handelsrechtlicher Geschäftsführer verbundenen Pflichten.

Dies sah der UFS im vorliegenden Fall auch bei einer Limited als gegeben an:

Dass er dem Eigentümer und dem „director“ gegenüber weisungsgebunden ist, befreit einen inländischen Vertreter einer Limited nicht von einer möglichen Vertreterhaftung für Abgabenschulden nach § 9 iVm 80 BAO: Ein für die Haftung eines inländischen Vertreters einer Limited relevantes Verschulden liegt auch dann vor, wenn sich der inländische Vertreter vor der Übernahme seiner Funktion mit einer Beschränkung seiner Befugnisse einverstanden erklärt bzw eine solche Beschränkung in Kauf nimmt, die die künftige Erfüllung seiner gesetzlichen Verpflichtung, insbesondere den Abgabenbehörden gegenüber, unmöglich macht. Das Einverständnis, nur formell als inländischer Vertreter einer Limited zu fungieren, somit auf die tatsächliche Geschäftsführung keinen Einfluss zu nehmen, stellt eine Beschränkung der Befugnisse eines inländischen Vertreters im Sinne eines schuldhaften Verhaltens im Sinne des § 9 BAO dar.

Keine Haftungsbefreiung mangels Mittel

Diese Haftung besteht zudem auch, wenn die Mittel, die dem inländischen Vertreter zur Entrichtung aller Verbindlichkeiten zur Verfügung stehen, nicht ausreichen. Einzige Ausnahme ist, dass der Vertreter nachweisen kann, dass er diese Mittel anteilig für die Begleichung aller Verbindlichkeiten verwendet, also die Abgabenschulden nicht schlechter behandelt als andere Verbindlichkeiten der Gesellschaft.

Quelle: UFSW, GZ RV/3889-W/10 vom 26.08.2011

(16.11.2011)