Dokument-ID: 562491

Iman Torabia | News | 08.04.2013

Verzicht auf Irrtumsanfechtung bei Abtretung eines Geschäftsanteils zulässig

Außerhalb des Anwendungsbereichs des KSchG kann auf die Anfechtung eines Vertrags wegen Irrtums im Vorhinein verzichtet werden. Allerdings darf hierbei der Irrtum nicht grob fahrlässig veranlasst worden sein.

Geschäftszahl

OGH 17.12.2012, 5 Ob 136/12d

Norm

§§ 922 ff ABGB

Leitsatz

Quintessenz:

Außerhalb des Anwendungsbereichs des KSchG kann auf die Anfechtung eines Vertrags wegen Irrtums im Vorhinein verzichtet werden. Allerdings darf hierbei der Irrtum nicht grob fahrlässig veranlasst worden sein. Der Verzicht auf die Irrtumsanfechtung wäre auch für einen gemeinsamen Irrtum beachtlich. Generell ist ein Verzicht auf die Irrtumsanfechtung zulässig und nicht sittenwidrig.

OGH: Ein wechselseitiger Verzicht auf die Irrtumsanfechtung bei Abtretung eines Geschäftsanteils wäre auch für einen gemeinsamen Irrtum beachtlich.

In casu gingen die unteren Instanzen von einem Irrtum der vertragschließenden Teile über einen der Berechnung des Abtretungspreises zugrunde zu legenden Parameter, hier die Höhe des Eigenkapitals der Gesellschaft zum Stichtag, aus: Im Abtretungsvertrag wurde vereinbart, dass der gemeinsame Wirtschaftsprüfer der Vertragsparteien den Abtretungspreis für den Stichtag 31.12.2009 festlegen soll. Beide Parteien gingen von einem durch den Wirtschaftstreuhänder festgelegten vorläufigen Jahresgewinn 2009 aus, der letztlich durch eine notwendige Steuernachzahlung nicht realisiert werden konnte. Zudem wurde ein umfassender Anfechtungsverzicht vereinbart.

Die Argumentation, die Möglichkeit einer Unrichtigkeit der Preisberechnung sei nicht bedacht worden und daher für diesen Fall auch keine vertragliche Vorsorge getroffen worden, wäre ein Indiz für einen gemeinsamen Irrtum. Weshalb der vertragliche, wechselseitige Irrtumsausschluss (Verzicht) allerdings nicht (auch) auf diesen Fall anwendbar wäre, ist nicht nachvollziehbar.

Zu beachten ist, dass die bürgerlich-rechtlichen Gewährleistungsvorschriften auch auf die Übertragung von Anteilen an einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung anzuwenden sind.

Der Erwerb von Anteilen an einer Gesellschaft ist formal betrachtet der Erwerb eines Rechtes und sohin „Rechtskauf". Hierfür sieht das ABGB keine gesonderten Gewährleistungsbestimmungen vor, sondern mit §§ 1397 ff ABGB nur für den Erwerb von Forderungsrechten kommen daneben - wegen des weiten Sachbegriffs, der sowohl körperliche Sachen als auch Rechte umfasst - die §§ 922 ff ABGB zur Anwendung.

Mit dem Kauf auch eines Unternehmensanteils sind, selbst beim Erwerb einer Minderheitsbeteiligung, die für einen Unternehmenskauf geltenden Gewährleistungsregeln grundsätzlich anwendbar. Bei Veräußerung von Gesellschaftsanteilen ist für ausdrücklich zugesagte oder gewöhnlich vorausgesetzte Eigenschaften des von der Gesellschaft betriebenen Unternehmens Gewähr zu leisten.

Erwähnt sei jedenfalls, dass die Frage inwieweit bestimmte Eigenschaften zu gewährleisten sind sich immer nur anhand der konkreten vertraglichen Vereinbarungen klären lässt.

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