Dokument-ID: 1044206

Eva-Maria Hintringer | News | 17.10.2019

Vorbehalte gegen den Erwerber von Aktien als wichtiger Grund iSd § 62 Abs 3 AktG?

Stehen die involvierten Gesellschaften nicht nur in Konkurrenz zueinander, sondern besteht ein Interessengleichklang, liegt kein wichtiger Grund iSd § 62 Abs 3 AktG, die Zustimmung zu verweigern, vor.

Geschäftszahl

OGH 27.06.2019, 6 Ob 18/19v

Norm

§ 62 Abs 3 AktG

Leitsatz

Quintessenz:

Wird die Zustimmung zur Übertragung von Aktien durch die Aktiengesellschaft deshalb verweigert, weil die Erwerberin der Aktien im Eigentum einer Konkurrenzgesellschaft steht, ist eine Interessensabwägung vorzunehmen. Stehen die involvierten Gesellschaften nicht nur in Konkurrenz zueinander, sondern besteht ein Interessengleichklang, liegt kein wichtiger Grund iSd § 62 Abs 3 AktG, die Zustimmung zu verweigern, vor.

OGH: § 62 Abs 3 AktG ermöglicht dem veräußerungswilligen Aktionär, sich trotz Vinkulierung ohne Zustimmung der Gesellschaft von dieser zu lösen. Für die Beurteilung der Frage, ob ein wichtiger, der gerichtlichen Gestattung entgegenstehender Grund vorliegt, hat ein Ausgleich zwischen den Interessen des veräußerungswilligen Aktionärs und jenen der Gesellschaft stattzufinden.

Legt die Satzung die Umstände fest, die als wichtiger Grund für die Verweigerung der Zustimmung gelten, sind die darin zum Ausdruck kommenden Interessen der Gesellschaft vorrangig zu beachten. Lässt sich der Satzung keine Konkretisierung des wichtigen Grundes entnehmen, sind zugunsten der Gesellschaft der mit der Beteiligung verbundene Einfluss sowie eine aus der Motivenlage des möglichen Erwerbers resultierende Beeinträchtigung der Gesellschaftsinteressen umfassend zu beachten. Eine wahrscheinliche Schädigung der Gesellschaft, der übrigen Gesellschafter und der Gläubiger ist in die Beurteilung ebenfalls einzubeziehen.

Im Anlassfall liegt der zentrale Vorbehalt gegen die Erwerberin darin, dass sie im Eigentum von Konkurrenten jener Aktiengesellschaft, deren Aktien sie erwerben möchte, steht. Es wird eine Schwächung der Verhandlungsposition der Aktiengesellschaft in einer Seilbahnpartnerschaft gegenüber einer zu 50 % an der Erwerberin beteiligten Gesellschaft befürchtet. Darüber hinaus bestehen Vorbehalte gegen einen der beiden handelsrechtlichen Geschäftsführer der Erwerberin, weil dieser einen Preisnachlass auf Liftkarten forderte.

Aus dem Sachverhalt ergibt sich, dass die einzelnen Gesellschaften der Seilbahnpartnerschaft nicht nur in Konkurrenz zueinander stehen, sondern auch von einer durch die Investitionen der anderen Gesellschaften gesteigerten Attraktivität des Urlaubsorts gegenseitig profitieren. Das Verhältnis der Gesellschaften ist somit auch durch einen Interessengleichklang geprägt. Dies gilt insbesondere auch für das Verhältnis der Aktiengesellschaft zu der an der Seilbahnpartnerschaft und der Erwerberin beteiligten Gesellschaft.

Vor diesem Hintergrund scheidet eine Verweigerung der Zustimmung, die sich allein auf die Beteiligungshöhe von 50 % der an der Erwerberin beteiligten Gesellschaft stützt, aus. Ein Anteilserwerb durch ein Konkurrenzunternehmen, dem mangels schlüssigen Kooperationskonzepts typischerweise eine Schädigungsabsicht zu unterstellen wäre, liegt nicht vor. Gegen eine allfällige Schädigungsabsicht spricht auch der für den Fall der Zustimmung zur Übertragung auch von der Erwerberin abgeschlossene Syndikatsvertrag, durch den sich die Erwerberin zur „Optimierung der wirtschaftlichen Entwicklung“ der Aktiengesellschaft, deren Aktien übertragen werden sollen, verpflichtet hat. Der Umstand allein, dass einer der Geschäftsführer der Erwerberin verbilligte Liftkarten fordert, ist noch kein hinreichender Anhaltspunkt für einen der Zustimmung entgegenstehenden wichtigen Grund iSd § 62 Abs 3 AktG.