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Andreas Kampitsch - Michael Petritz | News | 18.05.2015

Vorschreibung der KESt bei verdeckter Gewinnausschüttung an den Empfänger – Neue Info des BMF

Die Gastautoren MMag. Petritz und Mag. Kampitsch beschäftigen sich in ihrem Gastbeitrag mit der geänderten Verwaltungspraxis infolge jüngster Judikatur zum Thema verdeckte Gewinnausschüttung. Was bedeutet dies in Bezug auf die Kapitalertragsteuer?

Das BFG hat in seinem jüngst ergangenen Erkenntnis 3.10.2014, RV/5100083/2013, judiziert, dass bei verdeckten Ausschüttungen die Kapitalertragsteuer nicht im Rahmen einer Ermessensübung – wie bisher übliche Finanzverwaltungspraxis – der Gesellschaft vorzuschreiben sei, sondern primär der Empfänger der verdeckten Ausschüttung in Anspruch zu nehmen ist und die Körperschaft allenfalls nachrangig zur Haftung herangezogen werden kann. Im Anschluss daran veröffentlichte das BMF eine Information, 30.3.2015, BMF-010200/0015-VI/1/2015, wie die Finanzverwaltung bei verdeckten Ausschüttung zukünftig vorgehen werde. Dies stellt ein Abgehen von der bisher gängigen Verwaltungspraxis dar, die Kapitalertragsteuer der (grundsätzlich abzugsverpflichteten) Gesellschaft vorzuschreiben. Nachstehend soll die Information eingehend vorgestellt werden.

1. Erkenntnis des BFG, 3.10.2014, RV/5100083/2013

Das BFG entschied, dass eine Vorschreibung der Kapitalertragsteuer bei verdeckten Gewinnausschüttungen an den empfangenden Gesellschafter zwingend zu erfolgen habe und die ausschüttende Körperschaft allenfalls nachrangig im Haftungswege in Anspruch zu nehmen ist. Das BFG begründet dies mit dem Wortlaut der Bestimmung des § 95 Abs 4 Z 1 EStG (die entscheidungsrelevante Rechtsnorm war der gleichlautende § 95 Abs 5 Z 1 EStG idF vor BBG 2011, BGBl I 2010/111): „Dem Empfänger der Kapitalerträge ist die Kapitalertragsteuer ausnahmsweise vorzuschreiben, wenn [..] der zum Abzug Verpflichtete die Kapitalerträge nicht vorschriftsmäßig gekürzt hat […]“.

In einem weiteren Erkenntnis entschied das BFG (24.2.2015, RV/2100775/2014) zudem, dass eine Inanspruchnahme der Gesellschaft als Haftungsverpflichtete nicht voraussetzt, dass die Abgabenschuld dem Empfänger der Kapitalerträge gegenüber geltend gemacht wurde, da abgabenrechtliche Haftungen keinen bescheidakzessorischen Charakter hätten. Eine Heranziehung der Gesellschaft neben dem Empfänger der Kapitalerträge bzw auch ohne Inanspruchnahme des Empfängers könne zulässig sein, wenn sie zweckmäßig und billig (Ermessen) sei. In diesem Fall hat das BFG die Revision an den VwGH ausdrücklich als zulässig erklärt, da Rechtsprechung zum Verhältnis von Festsetzung beim Gesellschafter und Haftung der Gesellschaft bisher fehle. Soweit ersichtlich wurde bislang jedoch keine Revision an den VwGH erhoben.

2. Information des BMF

Im Anschluss an die vorzitierte Rechtsprechung veröffentlichte das BMF eine Information (30.3.2015, BMF-010200/0015-VI/1/2015), in welcher die Vorgehensweise der Finanzverwaltung bei hinkünftig festgestellten verdeckten Ausschüttungen erläutert wird:

Bei verdeckten Ausschüttungen werde die Kapitalertragsteuer nunmehr vorrangig dem Empfänger der Kapitalerträge vorgeschrieben.

Eine darüber hinausgehende (zusätzliche) Heranziehung der Körperschaft zur Haftung für die Kapitalertragsteuer mittels Haftungsbescheid sei eine zu begründende Ermessensentscheidung. Auch wenn diese Heranziehung der Körperschaft zwar prinzipiell nachrangig sei, könne die Vorschreibung sowohl zusätzlich als auch statt der Vorschreibung an den Empfänger erfolgen.

Als typischen Fall der Vorschreibung der Kapitalertragsteuer an die Gesellschaft nennt das BMF die Uneinbringlichkeit beim Empfänger, weil dieser etwa nicht über die notwendigen finanziellen Mittel verfügt bzw nicht auffindbar ist. Auch wenn die Uneinbringlichkeit noch nicht feststehe, dennoch begründete Zweifel an der Einbringlichkeit bestünden, könne die Körperschaft zusätzlich zu dem oder anstatt des Empfängers der Kapitalerträge zur Haftung herangezogen werden. Ein weiteres Kriterium der Ermessensentscheidung könne laut BMF die Verwaltungsökonomie sein: Gäbe es etwa eine Vielzahl von Empfängern, könne eine Haftung der Körperschaft infrage kommen. Jedenfalls sei die Ermessensentscheidung jedoch zu begründen, dies gelte auch für einzelne weitere Fälle, in denen die Kapitalertragsteuer der Körperschaft vorgeschrieben werde.

Werde die Kapitalertragsteuer in der Folge bezahlt, ergäben sich – je nachdem, wer die Abgabenschuld begleicht – folgende Auswirkungen:

  • Bei Begleichung der Abgabenschuld durch den Empfänger der verdeckten Gewinnausschüttung fällt die Verpflichtung der Körperschaft weg.
  • Begleicht indes die haftende Körperschaft die Abgabenschuld, fällt die Verpflichtung des Empfängers weg; die ihm allenfalls vorgeschriebenen Anspruchszinsen bleiben aufrecht.

Bei Altfällen, das sind jene Fälle, in denen die Kapitalertragsteuer ausschließlich der Körperschaft vorgeschrieben wurde und eine Beschwerde gegen den Haftungsbescheid anhängig ist, sieht die Information folgende Vorgangsweise vor:

  • Wurde noch keine Beschwerdevorentscheidung erlassen, sei die Begründung für die Ermessensübung der Vorschreibung an die Körperschaft im Rahmen der Beschwerdevorentscheidung nachzuholen; für den Fall, dass die Inanspruchnahme der Körperschaft im Rahmen der Ermessensübung zweifelhaft erscheint, erfolgt eine (zusätzliche) Vorschreibung an den Empfänger der Kapitalerträge.
  • Ist eine Beschwerdevorentscheidung bereits ergangen, wird die Kapitalertragsteuer dem Empfänger zusätzlich vorgeschrieben, es sei denn das Recht auf Festsetzung der Kapitalertragsteuer beim Empfänger ist verjährt bzw die Uneinbringlichkeit beim Empfänger steht eindeutig fest.

Autoren

MMag. Michael Petritz

MMag. Michael Petritz, LL.M. ist als Steuerberater bei der KPMG Austria Gruppe in Wien tätig. Seine Tätigkeitsschwerpunkte sind das Unternehmenssteuerrecht, Internationales Steuerrecht, Estate Planning sowie Gebühren- und Verkehrsteuern. Weiters ist er Univ.-Lektor an der WU-Wien. Als Autor schreibt er für Gesellschaftsrecht Online sowie das Werk „Übertragung von Unternehmen“.

www.kpmg.at

Mag. Andreas Kampitsch

Mag. Andreas Kampitsch, LL.M. ist als Berufsanwärter bei der KPMG Alpen-Treuhand GmbH in Wien tätig. Seine Tätigkeitsschwerpunkte umfassen Konzernsteuerrecht, Internationales Steuerrecht, Estate Planning und die Besteuerung von Kapitalvermögen.