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Michael Petritz | News | 11.07.2011

VwGH zur GrESt-Anteilsvereinigung: Abkehr von Treuhand und Zwerganteilslösungen?

Im folgenden Beitrag geht Gastautor MMag. Petritz erneut auf die Thematik der GrESt-Anteilsvereinigung ein, da kürzlich ein aktuelles VwGH-Erkenntnis dazu ergangen ist.

Bereits im Newsletter von November 2010 habe ich über die Entwicklungen (Entscheidung des UFS Innsbruck) hinsichtlich des Anteilsvereinigungs-Tatbestandes des § 1 Abs 3 GrEStG informiert. Zwischenzeitlich hat der VwGH (05.04.2011, 2010/16/0168) zu dieser Thematik Stellung genommen. Daher soll dieses Thema nochmals aufgegriffen und auf seine Auswirkungen auf die Praxis untersucht werden.

Zur Auffrischung: der Sachverhalt des Verfahrens

Im zugrunde liegenden Sachverhalt wollte der Vater seinem Sohn und Unternehmensnachfolger die Anteile an seiner grundstücksbesitzenden GmbH übertragen. Dazu übertrug er zunächst 25 % der Anteile. Zwei Jahre später übertrug er in einer zweiten Tranche 74 % der Anteile. Über den verbleibenden 1 %-Anteil wurde mit selben Tag wie die 2. Tranche der Abtretung ein kombinierter Abtretungs- und Treuhandvertrag geschlossen, mit welchem geregelt wurde, dass der Vater dem Sohn das wirtschaftliche Eigentum nach § 24 BAO an dem verbleibenden Geschäftsanteil übertrug, gleichzeitig aber zivilrechtlicher Eigentümer blieb. Diesen Anteil sollte der Vater treuhändig für den Sohn halten.

Das Finanzamt sah in diesem Vorgehen den Tatbestand der Anteilsvereinigung nach § 1 Abs 3 GrEStG verwirklicht und auch der UFS (25.06.2010, RV/0226-I/09) erkannte eine Grunderwerbsteuerpflicht.

Die Entscheidung des VwGH kurz und bündig

In einem bemerkenswert rasch nach der UFS-Entscheidung ergangenen VwGH-Erkenntnis bestätigte der Gerichtshof die Ansicht des UFS Innsbruck. Das Höchstgericht verneinte zwar eine wirtschaftliche Anteilsvereinigung unter Verweis auf seine Vorjudikatur (VwGH 14.06.1984, 82/16/0069), sah aber den Missbrauchstatbestand nach § 22 BAO im Bereich der GrESt für grds möglich und im konkreten Fall als erwiesen an. Die gegenständliche Vertragsgestaltung des kombinierten Abtretungs- und Treuhandvertrags, der darüber hinaus noch ein Anbot vom Vater an den Sohn beinhaltete, wonach der Sohn jederzeit den Anspruch auf Abtretung des verbliebenen Zwerganteils ausüben konnte, beurteilte der Gerichtshof als unüblich. Auf den Einwand, dass diese Gestaltung nicht unüblich sei, sondern auch zwischen fremden Dritten erfolgen würde, brauchte der VwGH aus verfahrensrechtlichen Gründen nicht einzugehen.

Auswirkung für bereits verwirklichte Sachverhalte (Altfälle)

Vorab ist festzuhalten, dass kombinierte Zwerganteilsabtretungs- und Treuhandverträge eigentlich nicht unüblich sind, sondern zum täglichen Werkzeug des M&A-Praktikers gehören/gehörten. Durch die gegenständliche VwGH-Entscheidung kann aber nunmehr nicht ausgeschlossen werden, dass viele dieser Unternehmensübertragungen, bei denen solche Instrumente eingesetzt wurden, Gegenstand einer Außenprüfung durch die Finanzämter werden könnten (diesbezüglich könnten wohl grds die Übertragungen der vergangenen sechs Jahre einer Überprüfung unterzogen werden).

Weiters sei angemerkt, dass auch im Fachschrifttum keine Einigkeit besteht, ob das VwGH-Judikat verbreiterungsfähig ist, oder nur auf den – teilweise als ausgerissen angesehenen – gegenständlichen Sachverhalt und vergleichbare Situationen einzuschränken ist. Jedenfalls sollten für den Einsatz solcher Lösungen in der Vergangenheit gute, wirtschaftliche und außersteuerliche Gründe vorliegen, und nicht nur die Motivation darin bestanden haben, Grunderwerbsteuer zu vermeiden. Es ist jedenfalls ratsam, für die klare Dokumentation solcher Gründe zu sorgen.
Finanzstrafrechtliche Konsequenzen sollten aber durch den Einsatz dieses Instruments in der Vergangenheit keine zu befürchten sein, da kombinierte Treuhand- und Zwerganteilsmodelle bislang auch im einschlägigen Kommentarschrifttum für zulässig gehalten wurden.
Außerdem ist darauf hinzuweisen, dass die Kammer der Wirtschaftstreuhänder mit dem BMF ein Gespräch hinsichtlich der Einordnung des Judikats führen und – zumindest für die Vergangenheit – versuchen wird, eine Lösung zu finden.

Lösungen für zukünftige Sachverhalte

Auf Grund der angegebenen jüngsten Rechtsprechung ist von der Einschaltung eines Treuhänders, der für den Hauptgesellschafter Zwerganteile erwirbt, im Regelfall abzuraten, sofern nicht überzeugende außersteuerliche Gründe für diese Konstruktion gefunden werden können.
Der Einsatz von Zwerganteilen ohne Kombination mit der Einschaltung eines Treuhänders (Beispiel: Die Konzerngesellschaft A erwirbt 99 %; die restlichen 1 % erwirbt eine andere [nicht gem § 2 Abs 2 UStG verbundene] Konzerngesellschaft im eigenen Namen) war nicht Gegenstand des Verfahrens vor dem Verwaltungsgerichtshof. Es ist mE aber nicht auszuschließen, dass die Finanzverwaltung versuchen könnte, auch solche Gestaltungen als mißbräuchlich einzustufen.

Auf der Hand liegt somit, zukünftig keine Zwerganteilsmodelle zum Einsatz zu bringen. Daher muss die Frage beleuchtet werden, ab welcher Beteiligungshöhe nicht mehr von einem Zwerganteil auszugehen sein soll; da im gegenständlichen VwGH-Verfahren der zugrunde liegende Sachverhalt einen 1 %-Anteil betraf, wird davon auszugehen sein, dass ein solcher Anteil noch als Zwerganteil anzusehen ist. Bei einem 5 %- bzw 10 %-Anteil sollte hingegen aufgrund der gesellschaftsrechtlich verankerten Minderheitsrechten nicht mehr ein „missbrauchsverdächtiger“ Zwerganteil vorliegen. Klare Grenzen hat der Gerichtshof jedoch keine gezogen.

Geachtet werden muss – auch wenn keine Zwerganteils- und Treuhandmodelle vorliegen – darauf, dass nicht Umsatzsteuerorganschaften begründet werden bzw bestehen, die ebenfalls zu einer Grunderwerbsteuerpflicht eines Share Deals führen können. So fällt nämlich nach § 1 Abs 3 Z 1 GrEStG auch dann Grunderwerbsteuer an, wenn durch die Übertragung alle Anteile in der Hand von Unternehmen iSd § 2 Abs 2 UStG (herrschende und abhängige Unternehmen) vereinigt werden. Die nötige finanzielle Verbindung wird im Konzernverbund wohl regelmäßig gegeben sein, daher sollte auf die Nichterfüllung der verbleibenden beiden Kriterien, der organisatorischen und wirtschaftlichen Eingliederung, nicht bzw nicht ausreichend erfüllt sein.

Eine weitere Möglichkeit der Vermeidung einer Anteilsvereinigung besteht im Einsatz von sog „GrESt-Blockergesellschaften“. Darunter versteht man Gesellschaften, die nicht die Eingliederungsvoraussetzungen für die USt-Organschaft erfüllen, wie etwa Personengesellschaften und vermögensverwaltende Kapitalgesellschaften.

Autor

MMag. Michael Petritz ist als Steuerberater bei der KPMG Austria Gruppe in Wien tätig. Seine Tätigkeitsschwerpunkte sind das Unternehmenssteuerrecht, Internationales Steuerrecht, Estate Planning sowie Gebühren- und Verkehrsteuern. Weiters ist er Univ.-Lektor an der WU-Wien. Als Autor schreibt er für Gesellschaftsrecht Online sowie das Werk „Übertragung von Unternehmen“.

www.kpmg.at

(11.07.2011)