Dokument-ID: 1010819

WEKA (ato) | News | 22.10.2018

Zeitpunkt der Geltendmachung von Verlustvorträgen nach einer Einbringung

Der von § 21 Z 1 UmgrStG verwendete Begriff „Veranlagungszeitraum“ wird im Körperschaft- und Einkommensteuerrecht durch ausdrückliche Regelung in § 24 Abs 1 KStG 1988 bzw § 39 Abs 1 EStG 1988 mit dem Kalenderjahr gleichgesetzt.

Geschäftszahl

Ro 2017/15/0044; VwGH; 27. Juni 2018

Norm

§§ 12 Abs 2, 21 UmgrStG

Leitsatz

Quintessenz: 

Der von § 21 Z 1 UmgrStG verwendete Begriff „Veranlagungszeitraum“ wird im Körperschaft- und Einkommensteuerrecht durch ausdrückliche Regelung in § 24 Abs 1 KStG 1988 bzw § 39 Abs 1 EStG 1988 mit dem Kalenderjahr gleichgesetzt. Daraus folgt, dass mit dem „dem Einbringungsstichtag folgenden Veranlagungszeitraum“ nicht das Kalenderjahr gemeint sein kann, in dem der Verschmelzungs- bzw Einbringungstag selbst liegt, sondern das auf diesen Stichtag nächstfolgende Kalenderjahr.

VwGH: In casu brachte eine Körperschaft mit Einbringungsvertrag vom 11.12.2008 ihren Hotelbetrieb unter Inanspruchnahme der Begünstigungen des Art III UmgrStG zum Einbringungsstichtag 31.03.2008 in eine neugegründete GmbH ein. In der Körperschaftsteuererklärung für das Jahr 2008 machte die GmbH einen Verlustabzug von EUR 125.255,94 geltend. Das Finanzamt lehnte dieses Vorgehen ab und setzte die Körperschaftssteuer fest, ohne den Verlustvortrag anzusetzen. Betreffend den Verlustabzug aus dem Rumpfwirtschaftsjahr der einbringenden Körperschaft 01.01.2008 bis 31.03.2008 führte es aus, dass Verluste des Einbringenden, die bis zum Einbringungsstichtag – in diesem Fall bis 31.03.2008 – entstanden und bis zum Veranlagungszeitraum, in den der Einbringungsstichtag falle, nicht verrechnet seien, im Rahmen der Buchwerteinbringung ab „dem dem Einbringungsstichtag folgenden Veranlagungszeitraum“ der „übernehmenden“ Körperschaft insoweit als abzugsfähige Verluste dieser Körperschaft gälten, als sie dem übertragenen Vermögen iSd § 12 Abs 2 UmgrStG zugerechnet werden könnten. Nach § 21 UmgrStG könnten die Verluste bei der GmbH somit erst im Veranlagungszeitraum 2009 und nicht im Veranlagungszeitraum für 2008 (01.04.2008 bis 31.12.2008) geltend gemacht werden.

Die GmbH argumentierte dahingehend, dass es sich bei ihr als übernehmender Körperschaft um eine neu gegründete Kapitalgesellschaft handle. Während bei bestehenden Kapitalgesellschaften der Veranlagungszeitraum idR dem Kalenderjahr entspreche, liege bei neu gegründeten Kapitalgesellschaften ein verkürzter Veranlagungszeitraum vor – in concreto entspreche dieser dem Zeitraum vom 01.04.2008 bis 31.12.2008. Bereits aus der grammatikalischen Interpretation des § 21 Z 1 Satz 1 UmgrStG ergebe sich, dass es sich beim auf den Einbringungsstichtag (31.03.2008) folgenden Veranlagungszeitraum der übernehmenden Körperschaft lediglich um den Zeitraum vom 01.04.2008 bis 31.12.2008 handeln könne. „Hätte der Gesetzgeber beabsichtigt, dass der bis zum Einbringungsstichtag aufgelaufene objektbezogene Verlust des Einbringenden bei der übernehmenden Körperschaft erst in dem Kalenderjahr berücksichtigt werde, das dem Kalenderjahr des Einbringungsstichtages folge, hätte er dies durch die Verwendung des Begriffes ‚Kalenderjahr‘ zum Ausdruck gebracht.“ Auch die teleologische Interpretation führe zu keinem abweichenden Ergebnis: Die Regelung des § 21 Z 1 UmgrStG ziele darauf ab, zu vermeiden, dass Verluste des Einbringenden durch die Verwendung eines vom Kalenderjahr abweichenden Wirtschaftsjahres bei der übernehmenden Körperschaft zu einem Zeitpunkt berücksichtigt würden, der vor dem Zeitpunkt der Berücksichtigung des Verlustes beim Einbringenden liege. Würde beispielsweise ein Steuerpflichtiger (Wirtschaftsjahr 1.7. bis 30.6.) einen kurzfristig (1.7. bis 30.11.) verlustbringenden Betrieb zum 30.11.01 in eine bestehende Körperschaft (Wirtschaftsjahr = Kalenderjahr) einbringen, käme es ohne die Regelung des § 21 Z 1 KStG bereits im Kalenderjahr 01 zur Berücksichtigung des Verlustes bei der übernehmenden Körperschaft. Ohne die Einbringung wäre eine Verlustberücksichtigung beim Einbringenden erst im Kalenderjahr 02 möglich.“

Der VwGH führte hierzu aus, dass der von § 21 Z 1 UmgrStG verwendete Begriff „Veranlagungszeitraum“ im Körperschaft- und Einkommensteuerrecht durch ausdrückliche Regelung in § 24 Abs 1 KStG 1988 bzw § 39 Abs 1 EStG 1988 mit dem Kalenderjahr gleichgesetzt wird. Ein Veranlagungszeitraum kann dabei mehrere Abschnitte umfassen; der Gewinn eines Wirtschaftsjahres ist bei der Veranlagung in jenem Kalenderjahr zu erfassen, in dem das Wirtschaftsjahr endet (§ 7 Abs 5 KStG 1988 bzw § 2 Abs 5 EStG 1988). In einem Veranlagungszeitraum (Kalenderjahr) können damit bei Umstellung von einem abweichenden Wirtschaftsjahr auch mehrere Wirtschaftsjahre enden, einheitlicher Veranlagungszeitraum bleibt aber auch in diesem Fall das Kalenderjahr. Entsprechend regelt § 4 Abs 2 lit a Z 2 BAO, dass der Abgabenanspruch bei der Einkommensteuer und bei der Körperschaftsteuer grundsätzlich „für die zu veranlagende Abgabe mit Ablauf des Kalenderjahres, für das die Veranlagung vorgenommen wird“, entsteht.

Aufgrund der ausdrücklichen ertragsteuerlichen Gleichsetzung des Veranlagungszeitraums mit dem Kalenderjahr ergibt sich für § 21 Z 1 UmgrStG, dass mit dem „dem Einbringungsstichtag folgenden Veranlagungszeitraum“ nicht das Kalenderjahr gemeint sein kann, in dem der Verschmelzungs- bzw Einbringungstag selbst liegt, sondern – wie auch die hL annimmt – das auf diesen Stichtag nächstfolgende Kalenderjahr. Dies bestätigen auch die Erläuterungen zu § 4 UmgrStG (ErlRV 266 BlgNR 18.GP 17), denen zufolge § 4 UmgrStG „entsprechend § 1 Abs 5 StruktVG“ den Übergang des Verlustvortragsrechtes auf die aufnehmende Körperschaft „mit folgenden Änderungen“ vorsehe: „Der übernehmenden Körperschaft stehen nach Z 1 Verluste und Verlustvorträge ... der übertragenden Körperschaft nicht schon im Verschmelzungsjahr, sondern erst im darauf folgenden Veranlagungszeitraum als Sonderausgaben zu“.

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