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Dokument-ID: 1018792

WEKA (api) | News | 25.02.2019

Zum Stimmrechtsausschluss des betroffenen Gesellschafters bei einer Beschlussfassung aufgrund einer Interessenkollision

Das Gesetz kennt kein generelles Stimmverbot bei jeder Art von Interessenkollision, jedoch kann jenes nach § 39 Abs 4 GmbHG analog auf den gesetzlichen Tatbeständen ähnelnde Fälle angewendet werden.

Geschäftszahl 

OGH 21. November 2018, 6 Ob 191/18h

Norm

§ 39 Abs 4 GmbHG

Leitsatz

Quintessenz:

Das Gesetz kennt kein generelles Stimmverbot bei jeder Art von Interessenkollision, jedoch kann jenes nach § 39 Abs 4 GmbHG analog auf den gesetzlichen Tatbeständen ähnelnde Fälle angewendet werden. Unter das Stimmverbot bei Beschlussfassungen fallen auch Vorbereitungshandlungen zu einem Rechtsstreit sowie alle Maßnahmen, die den Fortgang des Verfahrens betreffen. Außerdem umfasst es auch noch alle Verfahrensfragen, die auf den jeweiligen Beschlussantrag unmittelbaren Einfluss haben.

OGH: In casu wurde in der Generalversammlung vom 26.05.2017 durch die Stimme der Minderheitsgesellschafterin der Gesellschaft der Beschluss gefasst, Ansprüche der Gesellschaft gegen die Mehrheitsgesellschafterin gerichtlich geltend zu machen. Dabei handelte es sich jedoch nur um einen Scheinbeschluss, da die Generalversammlung bereits mit 22.05.2017 wieder abberaumt wurde. Bei solch gravierenden Mängeln eines Beschlusses ist dieser eine rechtlich unbeachtliche Willensäußerung, die nicht mittels Klage nach § 41 GmbHG angefochten werden muss. In der Generalversammlung vom 12.07.2017 wurde mit der Stimme der Mehrheitsgesellschafterin festgestellt, dass der Scheinbeschluss vom 26.05.2017 nichtig sei und aufgehoben wird. Das Berufungsgericht bejahte dabei den Stimmrechtsausschluss der Mehrheitsgesellschafterin und erklärte diesen Beschluss für nichtig.

§ 39 Abs 4 GmbHG sieht vor, dass jemand, der bei einer Beschlussfassung von einer Verpflichtung befreit oder einen Vorteil erhalten soll, dabei kein Stimmrecht hat und auch für niemand anderen abstimmen darf. Das Gleiche gilt dann, wenn es bei einer Beschlussfassung um ein Rechtsgeschäft der Gesellschaft mit einem Gesellschafter oder um die Einleitung oder Erledigung eines Rechtsstreites zwischen Gesellschaft und Gesellschafter geht. Zweck der Norm ist der Gedanke, dass niemand Richter in eigener Sache sein soll. Daher ist es zweckmäßig, das Stimmrecht der betroffenen Person ganz auszuschließen. Es handelt sich dabei um eine starre Schranke, bei der es nicht darauf ankommt, ob die gesellschaftsintere Willensbildung auch tatsächlich beeinträchtigt wäre.

Betroffen von dem Stimmrechtsausschluss sind unter anderem Fälle der Einleitung oder Erledigung von Rechtsstreiten zwischen Gesellschaft und Gesellschafter. Bei Rechtsstreitigkeiten kommt es immer zu einem Stimmverbot – unabhängig davon, ob der angestrebte Prozess für den Gesellschafter Sanktionen vorsieht oder wie das Ergebnis einer Günstigkeitsprognose lautet. Das Stimmverbot beginnt bereits bei der Frage, ob ein Anspruch der Gesellschaft in einem Rechtsstreit überhaupt verfolgt bzw ob ein Anspruch geltend gemacht werden soll. Eine „Einleitung“ iSd § 39 Abs 4 GmbHG ist dabei jede mit der eigentlichen Prozessführung verbundene prozessuale Handlung, einschließlich unmittelbar vorgelagerter Aktionen, wie zB die Bestellung eines Prozessvertreters. Die Einleitung umfasst auch Vorbereitungsmaßnahmen, wie die Weisung an den Geschäftsführer, einen Anspruch geltend zu machen. Sie beginnt nicht erst mit der Klage oder Antragsstellung. Als „Erledigung“ sind nicht nur Maßnahmen zu verstehen, die auf die Beendigung des Rechtsstreites abzielen, sondern auch alles, was den Fortgang des Verfahrens betrifft. So zB die Entscheidung, ob ein Rechtsmittel eingelegt werden soll oder nicht.

Grundsätzlich kann der § 39 Abs 4 GmbHG auch analog angewendet werden, jedoch nur in jenen Fällen, die den gesetzlich normierten Tatbeständen in Hinsicht auf den Interessenkonflikt ähnlich sind. Daher konnte auch vertreten werden, dass eine Entscheidung, ob ein Beschluss betreffend der Geltendmachung von Ansprüchen der Gesellschaft gegen eine Mehrheitsgesellschafterin, wie in dem Anlassfall, unter das Stimmverbot fällt.

Liegt ein Fall des § 39 Abs 4 GmbHG vor, dann ist auf jeden Fall die Stimmabgabe selbst von dem Verbot umfasst. Es darf jedoch auch kein Stimmrecht bei Entscheidungen ausgeübt werden, die Verfahrensfragen betreffen, die auf den Beschlussantrag Einfluss haben, wie die Absetzung von der Tagesordnung oder eine Vertagung.