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WEKA (mpe) | News | 10.12.2015

Zur Haftung des Geschäftsführers nach § 11 Abs 3 IESG

Im Fall einer Verurteilung wegen der in § 11 Abs 3 Satz 3 IESG genannten Delikte wird eine unmittelbar auf Gesetz beruhende Haftung des Arbeitgebers bzw seiner Organe für die übergegangenen Entgeltansprüche dem Fonds gegenüber angeordnet.

Geschäftszahl

OGH 22.09.2015, 4 Ob 151/15g

Norm

§ 11 Abs 3 IESG

Leitsatz

Quintessenz:

Im Fall einer Verurteilung wegen der in § 11 Abs 3 Satz 3 IESG genannten Delikte wird eine unmittelbar auf Gesetz beruhende Haftung des Arbeitgebers bzw seiner Organe für die übergegangenen Entgeltansprüche dem Fonds gegenüber angeordnet.

OGH: Der Rückgriffsanspruch des Insolvenz-Entgelt-Fonds gegenüber dem Arbeitgeber bzw dessen Organ ordnet eine Tatbestandwirkung des Strafurteils an, insoweit § 11 Abs 3 IESG den Rückgriffsanspruch von der Existenz eines Strafurteils im Zusammenhang mit der Insolvenz abhängig macht. Aus dieser Tatbestandswirkung ergibt sich eine unmittelbar auf dem Gesetz beruhende Haftung des Organs für die übergegangenen Entgeltansprüche dem Fonds gegenüber (Holzer/Reissner, Neuerungen im Insolvenzrecht aus arbeitsrechtlicher Sicht, DrdA 1994, 468).

Durch Konstruktion einer Urteilswirkung als Tatbestandswirkung darf der Grundsatz, dass die Rechtskraft, insbesondere die Bindungswirkung des Urteils, nur die Parteien erfasst und jedermann Anspruch auf rechtliches Gehör hat, soweit es um seine zivilrechtlichen Ansprüche geht, nicht unterlaufen werden(Fasching/Klicka in Fasching/Konecny² § 411 ZPO Rz 169).

Für die Haftung nach § 11 Abs 3 IESG ist nur darauf abzustellen, ob gegen das Organ wegen der Begehung der dort angeführten Delikte eine strafgerichtliche Verurteilung „im Zusammenhang mit der Insolvenz“ vorliegt. Ein Rückgriff auf schadenersatzrechtliche Anspruchsvoraussetzungen ist entbehrlich.

Der Rückgriffsanspruch wird gem leg cit bei bestimmten strafgerichtlichen Verurteilungen auf das gesamte Vermögen des Arbeitgebers und auf das Vermögen des Organs erweitert. Damit wurde einerseits der Zugriff auf das „Neuvermögen“ des Arbeitgebers gestattet und andererseits auch eine besondere Organhaftung normiert (13 Os 59/98 mwN).

Die ratio legis dieser Bestimmung liegt ua in ihrem präventiven Charakter zur Missbrauchsvermeidung.

Der Gesetzgeber nimmt bei den in § 11 Abs 3 IESG aufgelisteten Straftaten an, dass die verurteilte Person „durch das strafwürdige Verhalten regelmäßig zur Insolvenz (wesentlich) beigetragen hat“ (ErläutRV 946 BlgNR XXII. GP 6).

Der OGH schließt sich der Ansicht von Holzer/Reissner/Schwarz (Die Rechte des Arbeitnehmers bei Insolvenz, 349) an, wonach im Fall einer Verurteilung wegen der in § 11 Abs 3 Satz 3 IESG genannten Delikte eine unmittelbar auf Gesetz beruhende Haftung der Organe für die übergegangenen Entgeltansprüche dem Fonds gegenüber angeordnet wird. Er hält ebenfalls fest, dass die normierten Straftatbestände im direkten Zusammenhang mit der eingetretenen Insolvenz stehen müssen.

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