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Stefan Schermaier - Dorian Schmelz | News | 31.10.2014

Zur Sorgfalt und Haftung des Geschäftsführers der GmbH & Co KG

Die Gastautoren Dr. Schermaier und Mag. Schmelz analysieren in ihrem Beitrag die haftungsrechtliche Situation von Geschäftsführern einer GmbH & Co KG und gehen darin darauf ein, ob sich dabei die Haftungsregeln nach GmbH- oder OG/KG-Recht richten.

Problemstellung

Die GmbH & Co KG ist eine im österreichischen – wie auch im deutschen – Rechtsraum beliebte Sonderform der Kommanditgesellschaft, bei der eine GmbH als unbeschränkt haftender Gesellschafter fungiert.

Dieses Konstrukt vereint die Vorzüge einer Personengesellschaft mit jenen einer Kapitalgesellschaft, indem etwa (i) die Unternehmenskontinuität gesichert wird, weil die KG durch den Tod des Komplementärs, nicht aber des Kommanditisten endet, eine GmbH einen derartigen Endigungstatbestand aber nicht begründen kann, (ii) die Möglichkeit einer Fremdorganschaft eröffnet wird und (iii) durch die Funktion einer dem Trennungsprinzip unterliegenden GmbH als Komplementärin im Ergebnis eine idR durch das Stammkapital der GmbH bestimmte Haftungsbeschränkung der KG erzielt wird. In diesem Zusammenhang nicht klar geregelt sind Sorgfalts- und Haftungsmaßstäbe des als geschäftsführungs- und vertretungsbefugtes Organ der KG einschreitende Geschäftsführers der Komplementär-GmbH.

Zur Geschäftsführung bei der KG im Allgemeinen

Die gesetzlichen Vorgaben zur Geschäftsführung bei der KG beschränken sich im Wesentlichen auf die Anordnung, dass Kommanditisten – mangels abweichender Vereinbarung – von der Führung der gewöhnlichen Geschäfte der Gesellschaft ausgeschlossen sind (§ 164 UGB). Die organschaftliche Vertretung der Gesellschaft kommt zwingend den Komplementären zu (§ 170 UGB). Die GmbH & Co KG wird durch die Komplementär-GmbH, uzw durch deren Geschäftsführer vertreten, wobei in diesem Weg auch eine (mittelbare) Vertretung der KG durch deren Kommanditisten erreicht werden kann, sofern dieser zum Geschäftsführer der GmbH bestellt wird (Koppensteiner/Auer in Straube, UGB (I4) § 170 Rz 7). Die Geschäftsführer der Komplementär-GmbH unterliegen bei ihrer Tätigkeit für die KG im Innenverhältnis den insb durch Gesellschaftsvertrag oder Gesellschafterbeschluss auferlegten Schranken des § 20 GmbHG (Koppensteiner/Auer aaO, Rz 7).

Im Übrigen sind zur Abgrenzung der Geschäftsführungs- und Vertretungsbefugnis sowie zur Bestimmung der Verantwortlichkeit des geschäftsführenden Komplementärs die Bestimmungen über die OG sinngemäß anwendbar (§§ 116ff, 125ff je iVm § 161 Abs 2 UGB). Der auf Basis des Gesellschaftsvertrags tätig werdende Geschäftsführer der KG haftet daher ex contractu und innerhalb schadenersatzrechtlicher Verjährungsfristen nach allgemeinem bürgerlichen Recht für sämtliche kausal verursachten Schäden aus der schuldhaften Verletzung seiner sich va aus Gesellschaftsvertrag und Gesetz ergebenden Geschäftsführungspflichten; er unterliegt dabei einem objektiven und wesentlich durch § 1299 ABGB bestimmten Sorgfaltsmaßstab (Enzinger in Straube, UGB (I4) § 114 Rz 58, 64).

Zur Geschäftsführung durch eine Komplementär-GmbH im Besonderen

Noch nicht abschließend geklärt ist, ob bzw unter welchen Voraussetzungen sich Sorgfalt und Haftung des für die KG einschreitenden Geschäftsführers der Komplementär-GmbH nach den Regeln der OG/KG, sohin allgemein schadenersatzrechtlichen Prinzipien, oder nach GmbH-Recht richtet.

Bereits in der älteren Lehre wurde diskutiert, ob der zwischen der Komplementär-GmbH und deren Geschäftsführer allenfalls abgeschlossene Anstellungsvertrag als Vertrag zugunsten Dritter oder als Vertrag mit Schutzwirkungen zugunsten Dritter, namentlich zugunsten der KG, auszulegen sei, oder ob gar der Gesellschaftsvertrag der GmbH ein Vertrag zugunsten der KG sei (ersteres tendenziell bejahend, letzteres verneinend P. Doralt in in Kastner/Stoll, Die GmbH & Co KG im Handels-, Gewerbe- und Steuerrecht2 (1977) S 260ff).

In der höchstgerichtlichen Rechtsprechung wurde ausgesprochen, dass der Geschäftsführer der Komplementärgesellschaft der KG gegenüber für die Führung der Geschäfte der KG jedenfalls dann nach dem Sorgfaltsmaßstab des ordentlichen Geschäftsmanns iSv § 25 Abs 1 GmbHG unmittelbar verantwortlich ist, wenn nach der gesellschaftsvertraglichen Verknüpfung von GmbH und KG die Geschäftsführung der Komplementärgesellschaft in der Führung der Geschäfte der KG besteht (7 Ob 525/86; 6 Ob 757/83).

Eine Haftung des Geschäftsführers der Komplementärgesellschaft analog § 25 GmbHG bejahte der OGH weiters bei Vorliegen einer GmbH & Co KG, bei der (i) Personenidentität zwischen Kommanditisten der KG und Gesellschaftern sowie Geschäftsführern der KG besteht und (ii) die organmäßige Bestellung des Geschäftsführers der Komplementär-GmbH primär auf die Ausübung der Geschäftsführung der KG gerichtet ist, weil die KG diesfalls im Innenverhältnis als einheitliche Kapitalgesellschaft zu behandeln sei (8 Ob 624/88). Dabei erachtet der OGH die Haftung des Geschäftsführers der Komplementär-GmbH, soweit dies im Interesse von Gesellschaftsgläubigern der KG – in concreto im Insolvenzfall – erforderlich sei, als nicht ausschließbar, während der KG gegenüber der GmbH wegen deren mangelhafter Geschäftsführung keine Ersatzansprüche zustünden, wenn infolge der Personenidentität zwischen Kommanditisten und Geschäftsführern der Komplementär-GmbH von einer Genehmigung der Geschäftsführung durch die Gesellschafter der KG auszugehen ist.

In seiner – soweit ersichtlich – jüngsten diesbezüglichen Entscheidung betonte der OGH eine direkte, haftungsbegründende Rechtsbeziehung zwischen der KG und den Geschäftsführern der Komplementär-GmbH bei Hinzutreten besonderer Umstände, insb bei Personenidentität (1 Ob 192/08d).

Diese Judikaturlinie stößt in der Literatur überwiegend auf Zustimmung, wenngleich mit unterschiedlicher Begründung. Wohl herrschend wird auf die einem Anstellungsvertrag zwischen der Komplementär-GmbH und ihrem Geschäftsführer entspringende Schutzwirkung zugunsten der KG verwiesen, mangels Vorliegen eines solchen Vertrags dem Geschäftsführungsverhältnis Schutzwirkungen zugunsten der KG beigemessen (Enzinger in Straube, UGB (I4) § 114 Rz 59; Schauer in Kalss/Nowotny/Schauer, Österreichisches Gesellschaftsrecht 2/296). Teilweise wird nicht die in der Jud hervorgehobene Personenidentität als für die analoge Anwendung des § 25 GmbHG entscheidend angesehen wird, sondern der Umstand, dass die Aufgabe der Komplementär-GmbH vorwiegend in der Geschäftsführung der KG besteht (Dellinger in wbl 1990, 348ff; auch diese Einschränkung relativierend Karollus in ecolex 1990, 669ff und für das insoweit vergleichbare deutsche Recht Grunewald in Münchener Kommentar zum Handeslgesetzbuch3 § 161 Rz 82f). Andere Teile der Lehre verneinen direkte Schadenersatzansprüche der KG gegenüber dem Geschäftsführer der Komplementär-GmbH, bejahen aber Schadenersatzansprüche der KG gegenüber der Komplementär-GmbH, zu deren Befriedigung die KG Schadenersatzansprüche der GmbH gegenüber deren Geschäftsführer pfänden und sich überweisen lassen könne (Koppensteiner/Rüffler, GmbHG3 § 25 Rz 30); auf diesem Weg erziele die geschädigte KG ein wirtschaftlich ähnliches Ergebnis, wenngleich sie den Umweg zweier Schadenersatzprozesse gehen müsse (Harrer in wbl 1991, 145 ff).

UE zu bevorzugen ist die auch in der jüngeren Rsp des BGH vertretene Auffassung, wonach – jedenfalls dann, wenn die Führung der Geschäfte der KG eine zumindest wesentliche Aufgabe der Komplementär-GmbH ist – Ausfluss der organschaftlichen Sonderrechtsbeziehung zwischen der Komplementär-GmbH und deren Geschäftsführer drittschützende Wirkung zugunsten der KG ist, die nicht vom Bestehen eines Anstellungsvertrags abhängig ist, zumal die GmbH darauf vertrauen darf, dass ihr Geschäftsführer in Sachen der KG die gleiche Sorgfalt wie in eigenen Angelegenheiten anwendet (BGH 18.6.2013, II ZR 86/11). Die bisweilen unscharfe und als etwas gezwungen wirkende Unterscheidung nach dem Vorliegen eines Anstellungsvertrags kann in diesem Sinn entfallen.

Prozessuale Vorgehensweise

Bei der Geltendmachung von Schadenersatzansprüchen gegenüber dem sorgfaltswidrig handelnden Geschäftsführer der Komplementär-GmbH wird die KG wiederum von der GmbH vertreten, diese durch einen etwaigen Aufsichtsrat (§ 30l GmbHG), ansonsten von weiteren, keiner Interessenkollision unterliegenden Geschäftsführern. Subsidiär besteht die Möglichkeit der Bestellung eines Prozessführungsbevollmächtigten (§ 35 Abs 1 Z 6 GmbHG) oder eines Notgeschäftsführers (§ 15a GmbHG).

Über die Autoren

Dr. Stefan Schermaier ist Rechtsanwalt und Partner, Mag. Dorian Schmelz ist Rechtsanwaltsanwärter bei TONNINGER | SCHERMAIER | MAIERHOFER & Partner Rechtsanwälte (http://www.tsm-law.at). Schwerpunkttätigkeiten der Autoren sind Unternehmens- und Gesellschaftsrecht, M & A, Schadenersatz- und Gewährleistungsrecht sowie Vertragsrecht.