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Dokument-ID: 917656

WEKA (epu) | News | 22.05.2017

Zur Vorlage des Jahresabschlusses einer GmbH nach Eröffnung des Schuldenregulierungsverfahrens über den Geschäftsführer

Die Verhängung einer Zwangsstrafe nach § 283 UGB dient der Anhaltung des vertretungsbefugten Organs zur Vorlage des Jahresabschlusses der Gesellschaft. Die Verpflichtung besteht nach Eröffnung des Schuldenregulierungsverfahrens über dieses weiter.

Geschäftszahl

OGH 27. Februar 2017, 6 Ob 20/17k

Norm

§§ 185 Abs 1, 277 ff, 283, 285 Abs 1, § 906 Abs 37 UGB

Leitsatz

Quintessenz:

Die Verhängung einer Zwangsstrafe nach § 283 UGB dient der Anhaltung des vertretungsbefugten Organs zur Vorlage des Jahresabschlusses der Gesellschaft. Diese Verpflichtung des Organs besteht auch nach Eröffnung eines Schuldenregulierungsverfahrens über dieses weiter. Eine systematisch-teleologische Interpretation ergibt, dass trotz der Eröffnung des Schuldenregulierungsverfahrens die Verhängung von Zwangsstrafverfügungen weiterhin zulässig ist.

OGH: Im vorliegenden Fall war am 19. August 2016 über das Vermögen der Geschäftsführerin einer GmbH das Schuldenregulierungsverfahren eröffnet, ihr die Eigenverwaltung entzogen und ein Masseverwalter bestellt worden. Zwei Monate später wurde mit Zwangsstrafverfügungen über die Gesellschaft und die Geschäftsführerin wegen bis zum 30. September 2016 unterlassener Einreichung des Jahresabschlusses zum 31. Dezember 2015 je eine Zwangsstrafe von EUR 700,– verhängt.

Die Geschäftsführerin erhob Einspruch und argumentierte, dass die Pflichten der Schuldnerin ab Eröffnung des Schuldenregulierungsverfahrens nicht von ihr, sondern vom Masseverwalter zu erfüllen gewesen seien. Das Erstgericht folgte dieser Ansicht nicht und verhängte eine Zwangsstrafe von EUR 700,– gemäß § 283 Abs 3 UGB, da auch nach Eröffnung des Schuldenregulierungsverfahren die Geschäftsführereigenschaft erhalten und die Geschäftsführerin damit für die Erstellung und Offenlegung des Jahresabschlusses zuständig bleibe.

Wie das Rekursgericht in der Folge näher ausführte, treffen zwar nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen einer Kapitalgesellschaft den Insolvenzverwalter die Pflichten nach §§ 277 ff UGB, im Falle der Eröffnung eines Schuldenregulierungsverfahrens über das Vermögen des Geschäftsführers einer GmbH bleibt dessen Vertretungs- und Geschäftsführungsbefugnis jedoch aufrecht und er somit zu Buchführung und Bilanzierung verpflichtet. § 285 Abs 1 UGB idF des Rechnungslegungs-Änderungsgesetzes 2014, BGBl I Nr 22/2015, normiert, dass während der Dauer eines Insolvenzverfahrens keine Zwangsstrafverfügungen nach § 283 UGB zu erlassen sind – es sei denn, es handelt sich um ein Sanierungsverfahren mit Eigenverwaltung. Der zeitliche Anwendungsbereich dieser Bestimmung erfasst nach § 906 Abs 37 UGB nach dem 19.07.2015 gesetzte oder fortdauernde Verstöße gegen Offenlegungspflichten und somit auch den vorliegenden Fall. Wie sich aus den Gesetzesmaterialien (ErläutRV 367 BlgNR XXV. GP 20) ergibt, liegt der Grund dafür, dass § 285 Abs 1 UGB (nur) Fälle der Insolvenz einer offenlegungspflichtigen Gesellschaft betrifft, in der Gegenstandslosigkeit der zentralen Warnfunktion der Offenlegung nach der Eröffnung einer Insolvenz. Die Verhängung von Zwangsstrafen gegen den Masseverwalter erscheint demnach unbillig.

Die Verhängung einer Zwangsstrafe nach § 283 UGB soll die Vorlage des Jahresabschlusses der Gesellschaft erzwingen – also die Erfüllung einer Pflicht des Organs, die auch nach Eröffnung eines Schuldenregulierungsverfahrens über dessen Vermögen weiterbesteht. Einer systematisch-teleologischen Interpretation folgend kann trotz eines Schuldenregulierungsverfahrens eines vertretungsbefugten Organs dieses weiterhin durch Zwangsstrafverfügungen zur Vorlage des Jahresabschlusses verhalten werden.

Diesen Ausführungen des Rekursgerichts schloss sich der OGH an.

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