Dokument-ID: 792991

WEKA (vpa) | News | 11.11.2015

Zurückweisung eines durch einen nicht allein zeichnungsberechtigten Geschäftsführer unterfertigten Rechtsmittels

Bringt ein nicht alleine vertretungsbefugter Geschäftsführer ein Rechtsmittel ein, ohne die Zustimmung der anderen Vertretungsbefugten bewusst nicht einzuholen, so liegt ein verbesserungsfähiger Mangel iSd § 13 Abs 3 AVG vor.

Geschäftszahl 

Ra 2015/09/0018; VwGH; 20. Mai 2015

Norm 

§ 10 Abs 2 AVG; § 18 GmbHG; § 13 Abs 3 AVG

Leitsatz

Quintessenz:

Bringt ein Geschäftsführer ein Rechtsmittel ein, ohne allein vertretungsbefugt zu sein, aber auch ohne die Zustimmung der anderen Vertretungsbefugten bewusst nicht einzuholen, so liegt ein verbesserungsfähiger Mangel iSd § 13 Abs 3 AVG vor. Es ist ein entsprechender Verbesserungsauftrag zu erteilen.

VwGH: Eine GmbH wird gem § 18 Abs 1 GmbHG durch ihre Geschäftsführer gerichtlich und außergerichtlich vertreten. Nach Abs 2 derselben Bestimmung ist für Willenserklärungen und insbesondere zur Zeichnung für die Gesellschaft die Mitwirkung aller Geschäftsführer erforderlich, sofern der Gesellschaftsvertrag nichts anderes bestimmt. Abs 3 der Bestimmung sieht vor, dass der Gesellschaftsvertrag, wenn mehrere Gesellschafter vorhanden sind, auch einen Geschäftsführer in Mitwirkung eines Prokuristen zur Zeichnung berufen kann. Erklärungen und Zustellungen können sich dagegen nach § 18 Abs 4 GmbhG mit rechtlicher Wirkung an jede Person richten, die zur Zeichnung oder Mitzeichnung berechtigt ist.

Durch eine GmbH kann ein Rechtsmittel daher nach § 18 GmbHG nur wirksam erhoben werden, wenn es unter Mitwirkung sämtlicher Geschäftsführer oder gemäß der im Gesellschaftsvertrag festgelegten abweichenden Regelung eingebracht wird.

Sind mehrere Geschäftsführer kollektiv vertretungsbefugt, so muss deren Wille nach außen ausgedrückt werden. Für rechtsgeschäftliche Erklärungen bedeutet das, dass diese erst wirksam werden, wenn alle nach Gesetz oder Gesellschaftsvertrag erforderlichen Geschäftsführer daran beteiligt sind. Rechtstechnisch kann dies auch durch Erteilung einer Handlungsvollmacht an einen Geschäftsführer oder durch dessen Ermächtigung durch die anderen Geschäftsführer erfolgen, sodass dieser Geschäftsführer die Gesellschaft nunmehr alleine vertreten kann.

Derartige Änderungen in der Vertretungsbefugnis sind umgehend zum Firmenbuch anzumelden. Die Anmeldung hat jedoch nur deklarative Wirkung, sodass die Änderung der Vertretungsbefugnis schon vorher wirksam ist und daher im Innenverhältnis eine andere Vertretungsregelung vorliegen kann.

Nach § 13 Abs 3 AVG kann seit dessen Novellierung (in Kraft seit 1. Jänner 1999, BGBl I Nr 158/1998) prinzipiell bei jedem verbesserungsfähigen Mangel (Formgebrechen und materielle Mängel) ein Verbesserungsauftrag erteilt werden.

Unterlässt es ein Geschäftsführer, der nicht alleine vertretungsbefugt ist und auch nicht zur Alleinvertretung ermächtigt wurde, die Zustimmung der anderen kollektiv vertretungsbefugten Geschäftsführer oder Gesamtprokuristen einzuholen, ohne dass er dies bewusst unterlässt, so handelt es sich hierbei um einen verbesserungsfähigen Mangel iSd § 13 Abs 3 AVG. Daher muss, bevor über eine allfällige Zurückweisung des Rechtsmittels entschieden werden kann, ein entsprechender Verbesserungsauftrag erteilt werden.

Die Zurückweisung darf nicht schon aufgrund von Mutmaßungen des Gerichts erfolgen, dass hinter der fehlenden Unterschrift der anderen kollektiv vertretungsbefugten Geschäftsführer ein Mangel in der Willensbildung liegt und dass im Innenverhältnis der Gesellschaft keine andere Vertretungsregelung gegeben ist.

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