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WEKA (ffa) | News | 22.09.2017

Zwangsstrafe nach § 283 UGB ohne Verschulden der Geschäftsführer?

Für die Verhängung einer Zwangsstrafe nach § 283 UGB muss bei dem Geschäftsführer selbst mindestens leichte Fahrlässigkeit vorliegen, das Verschulden eines Vertreters muss er sich hingegen nicht wie eigenes anrechnen lassen.

Geschäftszahl

OGH 29. Mai 2017, 6 Ob 66/17z

Norm

§ 283 UGB

Leitsatz

Quintessenz:

Für die Verhängung einer Zwangsstrafe nach § 283 UGB muss bei dem Geschäftsführer selbst mindestens leichte Fahrlässigkeit vorliegen, das Verschulden eines Vertreters muss er sich hingegen nicht wie eigenes anrechnen lassen, da dies zu einer gesetzlich nicht vorgesehenen Erfolgshaftung führen würde. Bei Übertragung der Einreichung des Jahresabschlusses genügt es zur Einhaltung der Kontrollpflicht grundsätzlich beim Parteienvertreter nachzufragen, ob die Offenlegung erfolgte. 

OGH: Nach § 283 UGB werden über die gesetzlichen Vertreter einer Gesellschaft Zwangsstrafen verhängt, wenn diese ihrer Offenlegungspflicht nicht rechtzeitig nachkommen. Die Übertragung der Offenlegung an Mitarbeiter oder berufsmäßige Parteienvertreter ist jedoch zulässig. In diesem Fall trifft die Geschäftsführer jedoch die Pflicht, zweckentsprechende Organisationsmaßnahmen zu treffen, damit die Offenlegung rechtzeitig erfüllt werden kann, sowie auch eine Kontrollpflicht – zB durch Nachfrage, ob die Offenlegung erfolgt ist oder durch Einsichtnahme in das Firmenbuch.

In casu übertrugen die Geschäftsführer die Einbringung des Jahresabschlusses einem Notariat, übermittelten diesem rechtzeitig die notwendigen Unterlagen und kontrollierten die Offenlegung auch durch Nachfragen bei demselben. Das Notariat bestätigte fälschlicherweise die Einreichung der Jahresabschlüsse. Somit kamen aber die Geschäftsführer ihren Offenlegungspflichten hinreichend nach, eine weitergehende Prüfung, etwa durch Einsichtnahme in das Übermittlungsprotokoll, war nicht erforderlich, insbesondere da dem Notariat bis dahin keine einschlägigen Fehler unterlaufen waren. Gegenteiliges lässt sich auch nicht aus dem Urteil 6 Ob 129/11f herauslesen, in welchem die Einsichtnahme in das Übermittlungsprotokoll als Mindesterfordernis bei eigenständiger Online-Einreichung des Jahresabschlusses genannt wurde, sagt dies doch überhaupt nichts über die Kontrollpflichten bei Übertragung der Offenlegung aus.

Auf das Zwangsstrafverfahren nach § 283 UGB können auch nicht die Grundsätze des Wiedereinsetzungsverfahrens, wonach sich eine Partei das Verschulden eines Vertreters wie eigenes anrechnen lassen muss, übertragen werden, da dies eine gesetzlich nicht vorgesehenen Erfolgshaftung darstellen würde. Für die Verhängung einer Zwangsstrafe nach § 283 UGB ist eigenes Verschulden nötig, welches zumindest in Form von leichter Fahrlässigkeit vorliegen muss.

Da die Geschäftsführer in diesem Fall kein Verschulden an der nicht rechtzeitig erfolgten Einreichung der Jahresabschlüsse traf, war das Zwangsstrafverfahren einzustellen.

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