Dokument-ID: 600458

Iman Torabia | News | 14.07.2013

Zwingende Anwendung des § 82 Abs 5 GmbHG

Die Geschäftsführer haben bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 82 Abs 5 GmbHG die Auszahlung selbst dann zu verweigern, wenn die Gesellschafter Gegenteiliges beschlossen haben sollten.

Geschäftszahl

OGH 27.02.2012, 6 Ob 100/12t

Norm

§§ 82 Abs 1 und 5 GmbHG

Leitsatz

Quintessenz:

Die Geschäftsführer haben bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 82 Abs 5 GmbHG die Auszahlung selbst dann zu verweigern, wenn die Gesellschafter Gegenteiliges beschlossen haben sollten.

OGH: Grundsätzlich gebietet die Treuepflicht nicht, dass ein Gesellschafter einer GmbH die Interessen der Gesellschaft über seine eigenen stellt und – sofern nicht gesellschaftsvertragliche Bestimmungen entgegenstehen – immer schon dann gegen die Ausschüttung des Bilanzgewinnes zu stimmen, wenn die Thesaurierung für die Gesellschaft günstiger als die Ausschüttung ist. Allerdings kann es im Einzelfall treuwidrig sein, wenn für die Ausschüttung des Bilanzgewinnes gestimmt wird und zwar dann, wenn die Interessen der Gesellschaft an der Thesaurierung die Interessen des Gesellschafters an der Ausschüttung massiv überwiegen. Dies ist dann anzunehmen, wenn das Interesse der Gesellschaft an der Bildung der Rücklage besonders stark ausgeprägt ist, nämlich dann, wenn die Rücklagenbildung für die Überlebensfähigkeit der Gesellschaft erforderlich ist.

Treuwidrigkeit der Stimmabgabe für die Ausschüttung des Bilanzgewinnes liegt überdies vor, wenn der Gesellschafter vom Vorliegen der Voraussetzungen des § 82 Abs 5 GmbHG weiß, weil er sich dann gegen eine vom Gesetz gegebene, im Interesse des Gläubigerschutzes zwingende Ausschüttungssperre wendet.

§ 82 Abs 5 GmbHG bezweckt (zumindest auch) den Gläubigerschutz. Die Bestimmung wird deshalb zutreffend als zwingend angesehen. Daraus folgt, dass die Geschäftsführer bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 82 Abs 5 GmbHG die Auszahlung selbst dann zu verweigern haben, wenn die Gesellschafter Gegenteiliges beschlossen haben sollten. Es liegt in der Verantwortung der Organe der Gesellschaft (Geschäftsführer, allenfalls Aufsichtsrat), bei der Beschlussfassung über den Jahresabschluss auf zwischenzeitig eingetretene Verluste aufmerksam zu machen.

Auch die Bestimmung des § 82 Abs 1 GmbHG bezweckt (zumindest auch) den Gläubigerschutz. Die Gesellschafter haben gemäß § 82 Abs 1 GmbHG solange die Gesellschaft besteht nur Anspruch auf den nach dem Jahresabschluss als Überschuss der Aktiven über die Passiven sich ergebenden Bilanzgewinn. Dies allerdings nur soweit dieser nicht aus dem Gesellschaftsvertrag oder durch einen Beschluss der Gesellschafter von der Verteilung ausgeschlossen ist.

Für den Fall, dass den Geschäftsführern oder dem Aufsichtsrat in der Zeit zwischen dem Schluss des Geschäftsjahres und der Beschlussfassung der Gesellschafter über den Jahresabschluss bekannt ist, dass der Vermögensstand der Gesellschaft durch eingetretene Verluste oder Wertverminderungen erheblich und voraussichtlich nicht bloß vorübergehend geschmälert worden ist, so ist gemäß § 82 Abs 5 GmbHG der nach der Bilanz sich ergebende Gewinn in einem der erlittenen Schmälerung des Vermögens entsprechenden Betrag von der Verteilung ausgeschlossen und auf Rechnung des laufenden Geschäftsjahres zu übertragen.

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