Dokument-ID: 899973

Vorschrift

Umgründungssteuerrichtlinien 2002

Inhaltsverzeichnis

1.11.2.2. Auswirkungen von Verschmelzungen auf die Innenfinanzierung

380
§ 2 Abs. 1 IF-VO regelt die Auswirkungen von Verschmelzungen auf die Innenfinanzierung. Sowohl bei Konzentrations- als auch bei Konzernverschmelzungen wird die Innenfinanzierung der übertragenden Körperschaft der Innenfinanzierung der übernehmenden Körperschaft hinzugerechnet (Addition) und von dieser nach der Verschmelzung fortgeführt (siehe das Beispiel in Rz 379). Durch die Addition kann eine negative Innenfinanzierung einer Körperschaft die Innenfinanzierung der anderen Körperschaft vermindern bzw. ins Negative verkehren. Die Verschmelzungsrichtung beeinflusst somit die Höhe der Innenfinanzierung nach der Umgründung nicht. Dabei ist nach der Verschmelzung nur jener Betrag als „indisponibel“ zu evidenzieren, der bei der übernehmenden Gesellschaft in einer gebundenen Gewinnrücklage gemäß § 229 Abs. 6 UGB (gesetzliche oder satzungsmäßige Gewinnrücklage) ausgewiesen ist.

381
Aufgrund der Addition der Innenfinanzierungsstände von übertragender und übernehmender Körperschaft (Rz 380) kann bei Verschmelzungen im Konzern eine mehrfache Berücksichtigung von negativen Innenfinanzierungsbeträgen auftreten, die verschmelzungsbedingt nicht mehr umkehrbar ist: Werden in der Beteiligungskette Abschreibungen auf die jeweilige Beteiligung vorgenommen, mindert sich dadurch die Innenfinanzierung auf allen Ebenen; wirtschaftlich ist die mehrfache Minderung der Innenfinanzierung jedoch auf ein und denselben Verlust einer Körperschaft in der Beteiligungskette zurückzuführen. Daher ist bei up- und down-stream-Verschmelzungen eine negative Innenfinanzierung der Körperschaft, an der die Beteiligung besteht, insoweit zu erhöhen, als auf diese unternehmensrechtliche Abschreibungen vorgenommen wurden (§ 2 Abs. 1 IF-VO). Ist der Betrag der außerplanmäßigen Abschreibung höher als die negative Innenfinanzierung der Beteiligungskörperschaft, ist dieser folglich maximal auf Null auszugleichen. Die steuerliche Auswirkung der unternehmensrechtlichen Abschreibung ist dabei irrelevant, weil sich aufgrund von § 4 Abs. 12 Z 4 EStG 1988 ohnehin lediglich unternehmensrechtliche Abschreibungen innenfinanzierungsmindernd auswirken konnten.

Folgt der Abschreibung einer Beteiligung eine Zuschreibung, hat bei darauffolgenden up- oder down-stream-Verschmelzungen insoweit keine Erhöhung der Innenfinanzierung im Sinne von § 2 Abs. 1 letzter Satz IF-VO zu erfolgen, als eine Mehrfachberücksichtigung negativer Innenfinanzierungsbeträge bereits durch eine unternehmensrechtliche Zuschreibung vermieden wurde.

Beispiel:

Die A-GmbH ist zu 100 % an der B-GmbH beteiligt; der buchmäßige Beteiligungsansatz beträgt 35. Sowohl die A-GmbH als auch die B-GmbH haben außerdem steuerliche Einlagen in Höhe von 35 und eine Innenfinanzierung von 0.

Im darauf folgenden Wirtschaftsjahr erwirtschaftet die B-GmbH einen Verlust iHv 10, weshalb die A-GmbH den Beteiligungsansatz an der B-GmbH außerplanmäßig um 10 abschreibt. Folglich weisen beide Gesellschaften eine negative Innenfinanzierung in der Höhe von -10 auf.

In weiterer Folge wird die B-GmbH up-stream auf die A-GmbH verschmolzen. § 2 Abs. 1 erster Satz IF-VO zufolge ist die Innenfinanzierung der übertragenden B-GmbH (-10) der Innenfinanzierung der übernehmenden A-GmbH (-10) hinzuzurechnen, weshalb sich bei der A-GmbH grundsätzlich eine Innenfinanzierung von -20 ergeben würde. Dadurch käme es jedoch zu einer doppelten Berücksichtigung von negativen Innenfinanzierungsbeträgen, die wirtschaftlich auf ein und denselben Verlust zurückzuführen sind. Um eine Kumulation der wirtschaftlich auf demselben Verlust beruhenden negativen Innenfinanzierung zu vermeiden, ist gemäß § 2 Abs. 1 letzter Satz IF-VO die Innenfinanzierung der B-GmbH insoweit zu erhöhen, als auf sie Abschreibungen innenfinanzierungswirksam vorgenommen wurden, wodurch sich bei der B-GmbH eine Innenfinanzierung von 0 ergibt und die Innenfinanzierung der A-GmbH folglich unverändert -10 beträgt.

Zu einer nicht mehr umkehrbaren Mehrfachberücksichtigung negativer Innenfinanzierungsbeträge aufgrund von Abschreibungen von Beteiligungen in der Beteiligungskette kann es auch bei anderen „Vernichtungsumgründungen“ kommen, weshalb § 2 Abs. 1 letzter Satz IF-VO auch bei Umwandlungen und Aufspaltungen sinngemäß anzuwenden ist (zur Umwandlung siehe Rz 628, zur Aufspaltung siehe Rz 1800a).

Die Anwendung von § 2 Abs. 1 letzter Satz IF-VO setzt aber sowohl bei Verschmelzungen, Umwandlungen und Aufspaltungen stets eine insgesamt negative Innenfinanzierung der Körperschaft voraus, an der die Beteiligung besteht.