Dokument-ID: 356679

Vorschrift

Umgründungssteuerrichtlinien 2002

Inhaltsverzeichnis

1.6.2.3. Schenkungssteuerliche Folgen einer Äquivalenzverletzung für Erwerbe bis 31.7.2008 sowie Meldepflicht gemäß § 121a BAO einer Äquivalenzverletzung und stiftungseingangssteuerliche Folgen für Erwerbe ab dem 1.8.2008

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Als weitere Folge ist bei Vorliegen einer Äquivalenzverletzung zu überprüfen, ob hierdurch eine Schenkung im Sinn des § 3 ErbStG 1955 oder eine Zweckzuwendung im Sinn des § 4 Z 2 ErbStG 1955 verwirklicht wurde, die die Meldepflicht gemäß § 121a BAO auslöst (gilt für Äquivalenzverletzungen ab dem 1.8.2008). Ist der durch die Äquivalenzverletzung bereicherte Gesellschafter eine privatrechtliche Stiftung oder eine vergleichbare Vermögensmasse im Sinn des § 1 Abs. 1 StiftEG, kann die Äquivalenzverletzung zu einer Stiftungseingangssteuerpflicht führen (siehe dazu Rz 317a).

Nach dem Wortlaut der Bestimmung des § 6 Abs. 2 UmgrStG gilt im Falle einer Äquivalenzverletzung der Unterschiedsbetrag als unentgeltlich zugewendet. Diese gesetzliche Fiktion beschränkt sich jedoch auf die ertragsteuerliche Beurteilung. Für das Vorliegen einer gemäß § 121a BAO meldepflichtigen Schenkung muss zusätzlich zur objektiven Unentgeltlichkeit einer der in § 3 ErbStG 1955 genannten Tatbestände (Bereicherungswille) verwirklicht werden.

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Eine freigebige Zuwendung setzt voraus, dass im Vermögen des Bedachten eine Bereicherung auf Kosten und mit Willen des Zuwendenden eintritt. Eine freigebige Zuwendung liegt dabei nur vor, wenn es auf eine (Gegen)Leistung des bereicherten Teils nicht ankommt. Der Bereicherungswille braucht kein unbedingter sein, es genügt, dass der Zuwendende eine Bereicherung des Empfängers bejaht bzw in Kauf nimmt, falls sich eine solche Bereicherung im Zuge der Abwicklung des Geschäftes ergibt. Der Beweggrund für die Bereicherung des Zuwendungsempfängers ist für das Vorliegen des Bereicherungswillens nicht weiter von Bedeutung (siehe ua VwGH 27.4.2000, 99/16/0249).

Der (zumindest bedingte) Bereicherungswille muss bei Abschluss des Verschmelzungsvertrages vorliegen. Entscheidend sind die Wertvorstellungen der Vertragspartner in diesem Zeitpunkt. Eine sich ohne Willen der Beteiligten (quasi zufällig) später bei Durchführung der Verschmelzung ergebende Wertverschiebung kann keinen schenkungssteuerpflichtigen Tatbestand erfüllen. Ein Bereicherungswille kann insb bei nahen Angehörigen vermutet werden bzw wenn die Wertverschiebung auffallend hoch ist.

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Für die Beurteilung der Frage, ob eine objektive Bereicherung bzw ein Missverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung vorliegt oder nicht, sind die gemeinen Werte von Leistung und Gegenleistung gegenüber zu stellen. Der Schenkungssteuer unterliegt eine Äquivalenzverletzung dann, wenn zwischen dem Wert des hingegebenen Vermögens und dem Wert der dafür gewährten Gesellschaftsrechte ein offensichtliches oder deutliches Missverhältnis besteht. Ein offenbares oder erhebliches Missverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung ist anzunehmen, wenn die tatsächliche Gegenleistung die sonst übliche angemessene Gegenleistung um ca 20 bis 25 % unterschreitet (siehe ua VwGH 12.7.1990, 89/16/0088, VwGH 1.12.1987, 86/16/0008). Je höher der Differenzbetrag in absoluten Zahlen ist, umso geringer darf der Prozentsatz der Abweichung sein, damit die Äquivalenzverletzung noch nicht der Schenkungssteuer unterliegt.

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Auch geringere Wertverschiebungen können eine Schenkungssteuerpflicht auslösen, wenn die Ursache der Wertverschiebung nicht in einem Bewertungsspielraum liegt, sondern die Vertragsparteien bei Abschluss des Verschmelzungsvertrages bewusst von der Gleichwertigkeit abgehen.

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Erwerbe zwischen Angehörigen sind von der Anzeigepflicht gemäß § 121a BAO befreit, wenn der gemeine Wert (§ 10 BewG 1955) 50.000 Euro nicht übersteigt, wobei Erwerbe von derselben Person innerhalb eines Jahres zusammenzurechnen sind. Die Grenze für Erwerbe zwischen anderen Personen, die nicht Angehörige sind, beträgt 15.000 Euro (Zusammenrechnungszeitraum fünf Jahre; zur Frage, wer als Angehöriger im Sinn des § 121a Abs. 2 lit. a BAO anzusehen ist sowie zur Zusammenrechnung im Detail siehe Abschnitt 4.2 des Erlasses des BMF vom 17.12.2008, BMF-010103/0219-VI/2008, AÖF Nr. 37/2009, zur Anzeigepflicht nach § 121a BAO). Maßgebend sind die wertrelevanten Verhältnisse im Zeitpunkt der Schenkung. Bei Anteilen an Kapitalgesellschaften ist nach § 13 BewG 1955 primär der inländische Kurswert anzusetzen. Ist ein solcher nicht vorhanden, ist der gemäß § 13 Abs. 2 BewG 1955 ermittelte gemeine Wert maßgebend. Lässt sich dieser nicht aus Verkäufen ableiten, ist er unter Berücksichtigung des Gesamtvermögens und der Ertragsaussichten der Gesellschaft zu schätzen (vgl. die Ermittlung nach dem „Wiener Verfahren 1996“, AÖF Nr. 189/1996).

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Stellt die Äquivalenzverletzung eine Schenkung im Sinn des § 121a BAO dar, wobei der (zusammengerechnete) Wert der Zuwendung(en) den Betrag von 50.000 Euro (bei einer Äquivalenzverletzung zugunsten eines Angehörigen) bzw. 15.000 Euro übersteigt, sind zur ungeteilten Hand folgende Personen zur Anzeige verpflichtet:

  • Der bereicherte sowie der entreicherte Gesellschafter
  • Rechtsanwälte und Notare, die beim Erwerb oder bei der Errichtung des Verschmelzungsvertrages, in dem das Umtauschverhältnis gemäß § 220 Abs. 2 Z 3 AktG festgelegt wurde, mitgewirkt haben (zur Frage, wann im Einzelnen von einem „Mitwirken“ im Sinn des § 121a Abs. 3 BAO auszugehen ist, vgl. Abschnitt 5.3 des Erlasses des BMF vom 17.12.2008, BMF-010103/0219-VI/2008, AÖF Nr. 37/2009, zur Anzeigepflicht nach § 121a BAO) oder die zur Erstattung der Anzeige beauftragt worden sind.

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Die Anzeige einer gemäß § 121a BAO meldepflichtigen Schenkung bzw. freigebigen Zuwendung aufgrund einer Äquivalenzverletzung ist binnen drei Monaten ab dem tatsächlichen Erwerb beim Finanzamt Österreich zu erstatten. Erwerb bei Schenkungen im bürgerlichrechtlichen Sinn ist das Erfüllungsgeschäft und bei freigebigen Zuwendungen der Zeitpunkt der tatsächlich erfolgten Zuwendung. Im Regelfall erfolgt der Erwerb der Anteile an der übernehmenden Körperschaft mit der Eintragung der Verschmelzung bei der übernehmenden Körperschaft (§ 225a Abs. 3 AktG), sodass die Dreimonatsfrist ab diesem Zeitpunkt zu laufen beginnt. Daran ändert die gesetzliche angeordnete Rückwirkung des Anteilserwerbs nichts (siehe Rz 310). Die Anzeige ist grundsätzlich auf elektronischem Weg zu übermitteln. In der Anzeige ist der (geschätzte) gemeine Wert der Zuwendung anzugeben. Zu Form und Inhalt der Anzeige siehe auch Abschnitt 7. des Erlasses des BMF vom 17.12.2008, BMF-010103/0219-VI/2008, AÖF Nr. 37/2009, zur Anzeigepflicht nach § 121a BAO.

Eine vorsätzliche Verletzung der Anzeigepflicht gemäß § 121a BAO stellt eine Finanzordnungswidrigkeit gemäß § 49a FinStrG dar.

317a
Tritt durch die Äquivalenzverletzung eine Bereicherung einer privatrechtlichen Stiftung oder einer damit vergleichbaren Vermögensmasse iSd § 1 Abs. 1 StiftEG als Gesellschafterin ein, begründet dies nach Maßgabe des § 1 Abs. 2 StiftEG als unentgeltliche Zuwendung Stiftungseingangssteuerpflicht (vgl. StiftR 2009 Rz 313).