Dokument-ID: 357351

Vorschrift

Umgründungssteuerrichtlinien 2002

Inhaltsverzeichnis

2.3.5.1.2. Änderung des Besteuerungsrechtes hinsichtlich der Anteile

495
Soweit das Besteuerungsrecht der Republik Österreich hinsichtlich der Anteile an der übertragenden Körperschaft durch die Umwandlung eingeschränkt wird, gilt nach § 9 Abs. 1 Z 2 UmgrStG der Austausch von Kapitalanteilen durch Mitunternehmeranteile als Tausch im Sinne des § 6 Z 14 EStG 1988 an dem dem Umwandlungsstichtag folgenden Tag. § 6 Z 6 lit. c bis e EStG 1988 sind sinngemäß anzuwenden, weshalb im Falle der Einschränkung des Besteuerungsrechts gegenüber einem Staat der EU oder des EWR ein Antrag auf Ratenzahlung gestellt werden kann (bis zum 31.12.2015 kann aufgrund der sinngemäßen Anwendung von § 1 Abs. 2 UmgrStG idF vor AbgÄG 2015 ein Antrag auf Nichtfestsetzung gestellt werden).

Anders als bei der Steuerentstrickung des Gesellschaftsvermögens (Rz 458 ff) bleibt im Falle der Entstrickung des Gesellschaftsanteiles Art. II UmgrStG grundsätzlich voll anwendbar. Rechtsfolge der Tauschfiktion des § 9 Abs. 1 Z 2 UmgrStG ist lediglich die Besteuerung der in den (untergehenden) Anteilen enthaltenen stillen Reserven. Die sofortige Besteuerung bzw. die in Raten zu entrichtende Steuerschuld (Ratenzahlungskonzept, Rz 44a) wird auf den dem Umwandlungsstichtag folgenden Tag bezogen (bis 31.12.2015 gilt dies im Anwendungsbereich des Nichtfestsetzungskonzeptes für die sofortige bzw. aufgeschobene Besteuerung).

Der in § 9 Abs. 1 Z 2 UmgrStG fingierte Tausch ist nach allgemeinem Steuerrecht zu beurteilen und im Rahmen der Einkünfte aus Wertsteigerungen von Kapitalvermögen (§ 27 Abs. 3 EStG 1988) oder der betrieblichen Einkünfte zu erfassen. Steuerbefreiungen wie jene des internationalen Schachtelprivilegs nach § 10 Abs. 3 KStG 1988 sind zu berücksichtigen. Ob und wieweit der das Besteuerungsrecht erlangende ausländische Staat auf die innerstaatliche Besteuerung reagiert, hängt von den ausländischen Regelungen bzw. von einem Verständigungsverfahren zur Vermeidung einer Doppelbesteuerung im Realisierungsfall ab.

Das Besteuerungsrecht der Republik Österreich kann hinsichtlich eines im Inland ansässigen Anteilsinhabers im Falle der errichtenden Umwandlung der ausländischen Kapitalgesellschaft in eine ausländische Personengesellschaft dadurch verloren gehen, dass der steuerhängige Kapitalanteil umwandlungsbedingt durch einen Mitunternehmeranteil ersetzt wird, für den nach zwischenstaatlichem Steuerrecht das Besteuerungsrecht im Staat der Mitunternehmerschaft gegeben ist (Betriebsstättenprinzip, DBA mit Befreiungsmethode). Entsprechendes gilt, wenn bei einer verschmelzenden Umwandlung einer ausländischen Kapitalgesellschaft ein in Österreich steuerhängiger Gesellschaftsanteil durch ausländisches Betriebsvermögen ersetzt wird, für das Österreich nach zwischenstaatlichem Steuerrecht das Besteuerungsrecht entzogen ist.

Beispiel 1:

Eine ausländische Aktiengesellschaft wird errichtend auf eine ausländische Personengesellschaft umgewandelt. Österreich und der ausländische Staat haben ein DBA mit Befreiungsmethode abgeschlossen.

Der in Österreich ansässige Gesellschafter A und die österreichische Gesellschafterin X-GmbH tauschen umwandlungsbedingt ihre bisher in Österreich steuerhängigen Aktien gegen einen nunmehr nicht mehr steuerhängigen Mitunternehmeranteil. Der Tausch ist für A gemäß § 9 Abs. 1 Z 2 UmgrStG am Folgetag des Umwandlungsstichtages steuerwirksam. Bei der X-GmbH fällt der Tausch bei Zutreffen der Voraussetzungen unter die Steuerbefreiung des § 10 Abs. 3 KStG 1988, ansonsten ist er steuerwirksam an dem dem Umwandlungsstichtag folgenden Tag. Bei Einschränkung des Besteuerungsrechtes gegenüber einem EU/EWR-Staat kann diesfalls ein Antrag auf Ratenzahlung gestellt werden (bis 31.12.2015: Nichtfestsetzung).

Beispiel 2:

Eine ausländische GmbH wird verschmelzend auf ihren in Österreich ansässigen Hauptgesellschafter B (natürliche Person) umgewandelt. Österreich und der ausländische Staat haben ein DBA mit Befreiungsmethode abgeschlossen.

B tauscht umwandlungsbedingt seine bisher in Österreich steuerhängige GmbH-Beteiligung gegen das ausländische Betriebsvermögen. Der Tausch ist für B gemäß § 9 Abs. 1 Z 2 UmgrStG am Folgetag des Umwandlungsstichtages steuerwirksam. Bei Einschränkung des Besteuerungsrechtes gegenüber einem EU/EWR-Staat kann ein Antrag auf Ratenzahlung gestellt werden (bis 31.12.2015: Nichtfestsetzung).

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Soweit das Besteuerungsrecht der Republik Österreich hinsichtlich der Anteile an der durch eine errichtende Umwandlung entstandenen Personengesellschaft entsteht, ist gemäß § 9 Abs. 1 Z 3 dritter Teilstrich UmgrStG der Unterschiedsbetrag zwischen dem Buchwert und dem gemeinen Wert der Anteile am Umwandlungsstichtag bei einer späteren Realisierung der Anteile mit einem besonderen Steuersatz (KöSt-Satz) von

  • 25 % für vor dem 1.1.2023 gelegene Umgründungsstichtage
  • 24 % für zwischen dem 31.12.2022 und dem 1.1.2024 gelegene Umgründungsstichtage
  • 23 % für nach dem 31.12.2023 gelegene Umgründungsstichtage

zu besteuern.

Sind ausländische Anteilseigner an einer österreichischen Kapitalgesellschaft beteiligt und wird diese errichtend in eine Personengesellschaft umgewandelt, wird bei natürlichen Personen als Anteilseigner das Besteuerungsrecht Österreichs von einer bloßen Besteuerung mit 25 % (ab 1.1.2023 24 %; ab 1.1.2024 23 %) auf Ebene der Kapitalgesellschaft auf die progressive Einkommensbesteuerung ausgedehnt. Vermögen, das bislang zu 25 % Körperschaftsteuer (ab 1.1.2023 zu 24 %; ab 1.1.2024 zu 23 %) steuerverstrickt war, wird in Folge der Umwandlung zum progressiven Einkommensteuer-Tarif steuerverstrickt. Diese Erweiterung des österreichischen Besteuerungsrechts wird bei einer Veräußerung des Anteils an der Personengesellschaft insoweit berücksichtigt, als der Veräußerungsgewinn stets nur jenem Steuersatz unterliegt, mit dem das Vermögen der Kapitalgesellschaft bis zur Umwandlung steuerverstrickt war. Es ist daher der Unterschiedsbetrag zwischen dem Buchwert des Anteiles an der Personengesellschaft (der sich aus dem aliquoten Umwandlungskapital der Kapitalgesellschaft am Umgründungsstichtag ergibt) und seinem gemeinen Wert in Evidenz zu nehmen. Soweit dieser Unterschiedsbetrag bei einer künftigen Realisation der Anteile im Veräußerungsgewinn Deckung findet, wird er mit 25 % für vor dem 1.1.2023 gelegene Umgründungsstichtage (mit 24 % für zwischen dem 31.12.2022 und dem 1.1.2024 gelegene Umgründungsstichtage; mit 23 % für nach dem 31.12.2023 gelegene Umgründungsstichtage) besteuert. Dies gilt unabhängig davon, ob in der Personengesellschaft zwischenzeitlich stille Reserven aufgedeckt worden sind oder nicht bzw. neue stille Reserven entstanden sind.

Dies gilt sinngemäß für verschmelzende Umwandlungen auf natürliche Personen als Rechtsnachfolger.

Zur Entstehung des Besteuerungsrechts gemäß § 9 Abs. 1 Z 3 Teilstrich 3 UmgrStG mit anschließender „Export-Einbringung“ der umwandlungsbedingt entstehenden Mitunternehmeranteile siehe Rz 860g.