Dokument-ID: 357791

Vorschrift

Umgründungssteuerrichtlinien 2002

Inhaltsverzeichnis

2.6.2.1.1. Errichtende Umwandlung eines inländischen Gruppenmitglieds

620
Im Falle einer errichtenden Umwandlung eines inländischen Gruppenmitglieds endet mit Ablauf des Umwandlungsstichtages die persönliche und sachliche Körperschaftsteuerpflicht der Beteiligungskörperschaft. Mit Beginn des dem Umwandlungsstichtag folgenden Tages tritt an die Stelle der übertragenden Kapitalgesellschaft die errichtete Personengesellschaft. Das steuerliche Ergebnis des letzten mit dem Umwandlungsstichtag endenden (Rumpf-)Wirtschaftsjahres der übertragenden Kapitalgesellschaft ist Grundlage für die letzte Einkommenszurechnung zur beteiligten Körperschaft.

620a

  • War die übertragende Beteiligungskörperschaft das unterste Mitglied einer vertikal ausgerichteten Unternehmensgruppe, endet zwar für die beteiligte Körperschaft die finanzielle Beziehung, es tritt an ihre Stelle aber die Mitunternehmerbeteiligung. Damit ändert sich die bis zum Umwandlungsstichtag gegebene Zweiteilung dahingehend, dass der beteiligten Körperschaft
    • einerseits das Einkommen der Beteiligungskörperschaft zu 100 % und
    • andererseits eine offene Gewinnausschüttung nach Maßgabe der Beteiligung an der Beteiligungskörperschaft

zugerechnet wird. Der Gewinn des ersten Wirtschaftsjahres der Nachfolge-Personengesellschaft kann der beteiligten Körperschaft nur mehr im Ausmaß der Beteiligung an dieser Personengesellschaft zugerechnet werden, es sei denn, die beteiligte Körperschaft wird durch die errichtende Umwandlung zum 100-prozentigen Mitunternehmer (in der Regel Kommanditist einer GmbH & Co KG).

Beispiel:

Die beteiligte Körperschaft A ist an der Beteiligungskörperschaft B zu 60 % beteiligt. Bis zur Umwandlung wird ihr 100 % des Einkommens der B zugerechnet, sie erhält daneben eine Gewinnausschüttung auf den 60 %-Anteil. Ab dem dem Umwandlungsstichtag folgenden Zeitraum ist A 60-prozentige Mitunternehmerin, ihr ist die vertraglich festgelegte Gewinn- oder Verlusttangente zuzurechnen.

620b

  • War die beteiligte Körperschaft bis zur Umwandlung unmittelbar ausreichend finanziell an der Beteiligungskörperschaft beteiligt, führt der Untergang der Beteiligungskörperschaft nicht zum Ausscheiden der unterhalb der übertragenden Kapitalgesellschaft befindlichen Gruppenmitglieder, da eine ausreichende finanzielle Verbindung auch mittelbar über die rechtsnachfolgende Personengesellschaft gegeben sein kann.

Beispiel:

Anteilsinhaber der Beteiligungskörperschaft B sind die beteiligte Körperschaft A zu 75 % und ein gruppenfremder Gesellschafter C zu 25 %. B wird errichtend auf die B-OG umgewandelt, an der umwandlungsvertragsgemäß unverändert A zu 75 % und C zu 25 % beteiligt sind. Die ausreichende finanzielle Verbindung zur 100- %-Tochtergesellschaft von B ist bei A über den 75-prozentigen Mitunternehmeranteil von A weiterhin gegeben.

620c

  • War die beteiligte Körperschaft bis zur Umwandlung mittelbar ausreichend oder als Hauptbeteiligter einer Gruppenmitglieder-Beteiligungsgemeinschaft finanziell an der Beteiligungskörperschaft beteiligt, ändert der umwandlungsveranlasste Übergang auf eine Personengesellschaft nichts an der mittelbar oder über die Beteiligungsgemeinschaft gegebene finanzielle Verbindung an den unter der übertragenden Kapitalgesellschaft befindlichen Gruppenmitgliedern.

620d
Ist bei einer errichtenden Umwandlung zum Umwandlungsstichtag die dreijährige Mindestbestandsdauer noch nicht gegeben, scheidet das umgewandelte Gruppenmitglied rückwirkend von Anfang an aus der Unternehmensgruppe aus, da die Mindestdauer (§ 9 Abs. 10 KStG 1988) nicht eingehalten ist (zur verschmelzenden Umwandlung siehe Rz 620h). Kein rückwirkendes Ausscheiden eines Gruppenmitglieds bei Nichterfüllung der Mindestbestandsdauer liegt allerdings dann vor, wenn das Vermögen im Rahmen der Umwandlung auf den bisherigen Gesellschafter des Gruppenmitglieds als alleinigen Kommanditisten übertragen wird und die Unternehmensgruppe nicht nur aus zwei Gruppenmitgliedern besteht (bloße „Zweiergruppe“). In diesem Fall wird das Vermögen ertragsteuerlich nicht auf die Personengesellschaft, sondern zur Gänze auf den der Unternehmensgruppe angehörenden alleinigen Kommanditisten übertragen; es liegt daher eine gruppeninterne Vermögensübertragung iSd § 9 Abs. 5 vierter Satz KStG 1988 vor (VwGH 31.5.2017, Ro 2016/13/0002).

Beispiel 1:

Die A-GmbH bildet nur mit ihrer 100-prozentigen Tochtergesellschaft, der B-GmbH, eine Unternehmensgruppe im Sinne des § 9 KStG 1988. Wird innerhalb der Mindestbestandsdauer von 3 Jahren die B-GmbH unter Hinzutreten eines Arbeitsgesellschafters gemäß Art. II UmgrStG errichtend umgewandelt, liegt keine gruppeninterne Vermögensübertragung und somit ein rückwirkendes Ausscheiden vor.

Beispiel 2:

Die A-GmbH bildet mit ihren jeweils 100-prozentigen Tochtergesellschaften, der B-GmbH und der C-GmbH, eine Unternehmensgruppe im Sinne des § 9 KStG 1988. Wird innerhalb der Mindestbestandsdauer von 3 Jahren die B-GmbH unter Hinzutreten eines Arbeitsgesellschafters gemäß Art. II UmgrStG errichtend umgewandelt, liegt eine gruppeninterne Vermögensübertragung und somit kein rückwirkendes Ausscheiden vor.

Beispiel 3:

Die A-GmbH bildet mit ihrer 70-prozentigen Tochtergesellschaft, der B-GmbH, und ihrer 100-prozentigen Tochtergesellschaft, der C-GmbH, eine Unternehmensgruppe im Sinne des § 9 KStG 1988. An der B-GmbH ist weiters die gruppenfremde X-GmbH zu 30 % beteiligt. Wird innerhalb der Mindestbestandsdauer von 3 Jahren die B-GmbH gemäß Art. II UmgrStG errichtend umgewandelt (an der übernehmenden KG sind die A-GmbH zu 70 % und die X-GmbH zu 30 % beteiligt), liegt keine gruppeninterne Vermögensübertragung und somit ein rückwirkendes Ausscheiden vor.

620e
Im Falle einer errichtenden Umwandlung endet die Beteiligung der beteiligten Körperschaft an der Beteiligungskörperschaft. Damit endet auch die anschaffungsveranlasste Firmenwertabschreibung. Das entsprechende Fünfzehntel kann von der beteiligten Körperschaft letztmalig zu Lasten jenes Wirtschaftsjahres geltend gemacht werden, in dem die Beteiligung noch besteht, sie muss aber sämtliche abgesetzten Fünfzehntelbeträge gemäß § 9 Abs. 7 letzter Teilstrich KStG 1988 zum Umgründungsstichtag steuerwirksam nacherfassen, soweit der Nacherfassungsbetrag im Unterschiedsbetrag zwischen Buchwert und Verkehrswert der abgeschriebenen Beteiligung Deckung findet.

Wird hingegen der firmenwertvermittelnde (Teil-)Betrieb der Beteiligungskörperschaft anhand eines Umgründungsplans zunächst auf eine Körperschaft ausgelagert und wird die übernehmende Körperschaft sodann auf denselben Stichtag errichtend umgewandelt, sodass die Beteiligungsgesellschaft weiterhin zu 100 % am (Teil-)Betrieb substanzbeteiligt ist, besteht die Betriebsführung und damit die Voraussetzung für die Vornahme der Firmenwertabschreibung durch die beteiligte Körperschaft „nahtlos“ weiter.

Beispiel:

Die A-GmbH und die B-GmbH bilden gemeinsam eine Unternehmensgruppe iSd § 9 KStG 1988. Die A-GmbH nimmt eine Firmenwertabschreibung gemäß § 9 Abs. 7 KStG 1988 für die Beteiligung an der B-GmbH vor. In weiterer Folge spaltet die B-GmbH down-stream einen Teilbetrieb in die zuvor neu gegründete C-GmbH ab. Auf den gleichen Umgründungsstichtag wird die C-GmbH errichtend unter Beitritt eines Arbeitsgesellschafters in die C-KG umgewandelt. Über beide Umgründungen wird ein Umgründungsplan nach § 39 UmgrStG errichtet.

81485.1.1.0008

Die B-GmbH ist weiterhin zu 100 % an der C-KG und somit an dem die Firmenwertabschreibung vermittelnden Teilbetrieb substanzbeteiligt. Folglich besteht die Betriebsführung und damit die Voraussetzung für die Vornahme der Firmenwertabschreibung durch die A-GmbH bei der B-GmbH „nahtlos“ weiter.

620f
Der Verlustvortragsübergang richtet sich nach § 10 UmgrStG. Zu beachten ist, dass das übertragende Gruppenmitglied nur Vor- oder Außergruppenverluste besitzen kann (§ 9 Abs. 6 Z 4 KStG 1988). Übergehende Vor- und Außergruppenverluste werden bei der an der Personengesellschaft beteiligten Körperschaft im entsprechenden Beteiligungsausmaß zu Außergruppenverlusten, sofern diese Gruppenträger ist, zu Sonderausgaben.

620g
Ist im Falle einer errichtenden Umwandlung eines inländischen Gruppenmitglieds die beteiligte Körperschaft Hauptbeteiligter einer Gruppenmitglieder-Beteiligungsgemeinschaft, gelten die Ausführungen der Rz 620 bis Rz 620e mit der Maßgabe, dass die Beteiligungsgemeinschaft umwandlungsbedingt untergeht. Es gelten die für Mitunternehmerschaften maßgebenden Zurechnungsregeln.

Beispiel:

An der Beteiligungskörperschaft A sind die beteiligte Körperschaft B mit 40 % und die Körperschaft C mit 15 % im Rahmen einer Beteiligungsgemeinschaft beteiligt. Bis zur errichtenden Umwandlung der Beteiligungskörperschaft A wurde das Einkommen von A der beteiligten Körperschaft B mit 72,73 % und der Körperschaft C mit 27,27 % zugerechnet. Offene Gewinnausschüttungen kamen den beiden Körperschaften nach Maßgabe ihrer Beteiligungen zu. Ab dem dem Umwandlungsstichtag folgenden Tag sind die Gewinne oder Verluste der errichteten Mitunternehmerschaft A den beiden Körperschaften zu 40 % bzw 15 % zuzurechnen.