Dokument-ID: 359897

Vorschrift

Umgründungssteuerrichtlinien 2002

Inhaltsverzeichnis

4.1.5.2.1 Anwendungsfälle des Art IV UmgrStG

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Ein solcher liegt vor, wenn in einer bestehenden Mitunternehmerschaft die Anzahl der Gesellschafter oder das Beteiligungsausmaß einzelner oder aller Gesellschafter sich ändert und die übrigen Voraussetzungen des Art IV UmgrStG vorliegen. Ungeachtet des zivil- oder unternehmensrechtlichen Gleichstandes überträgt umgründungssteuerrechtlich betrachtet die Mitunternehmerschaft ihren Betrieb auf eine „neue“ erweiterte Personengesellschaft; die bisherigen und die neuen Gesellschafter erhalten als Gegenleistung neue Gesellschafterrechte.

Bspw. sind folgende Anwendungsfälle möglich:

  • In eine bestehende Mitunternehmerschaft tritt ein weiterer Gesellschafter durch Übertragung seines Betriebes, eines Teilbetriebes oder eines Mitunternehmeranteils als Sacheinlage ein.
  • In eine bestehende Mitunternehmerschaft tritt ein weiterer Gesellschafter durch Leistung einer Bareinlage oder einer nicht begünstigtes Vermögen darstellenden Sacheinlage ein.
  • In eine bestehende Mitunternehmerschaft tritt ein weiterer Mitunternehmer ein, der nur seine Arbeitskraft zur Verfügung stellt, ohne an der Substanz beteiligt zu sein (reiner Arbeitsgesellschafter ohne Kapitaleinlage).
  • In einer bestehenden GmbH&Co KG tätigt der 100-prozentige Kommanditist eine Geld- oder Sacheinlage in die KG und ändert dabei das fixe (starre) Kapitalkonto. Es liegt dem Grunde nach ein Anwendungsfall des Art IV UmgrStG vor, da die Beteiligung des Kommanditisten (vergleichbar einer Kapitalerhöhung durch den Alleingesellschafter einer Kapitalgesellschaft) erweitert wird. Zu einer Steuerlastverschiebung kann es aufgrund der 100-prozentigen Beteiligung des Kommanditisten nicht kommen.
  • In einer bestehenden Mitunternehmerschaft leisten alle Mitunternehmer im Verhältnis ihrer Beteiligungen Geldeinlagen oder gleichwertige Sacheinlagen und erhöhen dadurch jeweils das fixe (starre) Kapitalkonto. Obwohl sich die Beteiligungsverhältnisse nicht ändern, liegt dem Grunde nach ein Anwendungsfall des Art IV UmgrStG vor, da die „neue“ Mitunternehmerschaft neben der Betriebsübertragung durch die „alte“ Mitunternehmerschaft hinsichtlich der Vermögenseinlagen für die bisherigen Mitunternehmer ein Erwerb von zusätzlichen Gesellschafterrechten gegeben ist. Zu einer Steuerlastverschiebung kann es dabei nicht kommen.
  • In einer bestehenden Mitunternehmerschaft ändert sich das Beteiligungsausmaß eines Gesellschafters durch eine Geld- oder Sacheinlage dadurch, dass er sein fixes (starres) Kapitalkonto erhöht. Der Vermögensübertragung durch die „alte“ Mitunternehmerschaft auf die „neue“ steht die zusätzliche Einlage des einen Mitunternehmers gegenüber. Da sich in diesem Fall das Beteiligungsausmaß nur eines Gesellschafters zu Lasten der stille haltenden Mitgesellschafter erhöht, ist Vorsorge zu treffen, dass es dabei zu keiner Steuerlastverschiebung kommt.
  • Ein Mitunternehmer einer bestehenden Mitunternehmerschaft überträgt seinen Mitunternehmeranteil auf eine andere Mitunternehmerschaft, allerdings nur dem Werte nach und mit Wirkung bloß im Innenverhältnis (quoad sortem). Der übertragene Mitunternehmeranteil geht steuerlich in das Gesellschaftsvermögen der übernehmenden Mitunternehmerschaft über, diese wird wirtschaftlicher Eigentümer des Mitunternehmeranteils, zivilrechtlich und nach außen hin bleibt der Übertragende Eigentümer des Gesellschaftsanteils. Dies stellt einen Anwendungsfall des Art IV UmgrStG dar, wenn im Innenverhältnis der Übertragende keinerlei Verfügungsmöglichkeit über den Gesellschaftsanteil aufgrund seines zivilrechtlichen Eigentums mehr hat aber von der übernehmenden Mitunternehmerschaft ein Gesellschafterrecht erhält.

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Ein Anwendungsfall des Art IV UmgrStG liegt auch vor, wenn es zu einer übertragenden Umwandlung einer Personengesellschaft auf eine andere Personengesellschaftsstruktur kommt, ohne dass es dabei zu einer inhaltlichen Änderung der Beteiligungen oder der Beteiligten kommt. Die steuerliche Wirkung beschränkt sich in diesem Fall auf die Rückwirkung dieses Vorgangs und auf den Bereich der Gebühren und Verkehrsteuern. Ein strukturändernder Zusammenschluss ist etwa in folgenden Fällen anzunehmen:

  • Eine GesBR wird in eine Personenhandelsgesellschaft (OG, KG) umgegründet. Wenn sich dabei die Gesellschafter- oder Beteiligungsstruktur nicht ändert, kann es zu keiner Steuerlastverschiebung kommen. Bleibt bisheriges Sonderbetriebsvermögen eines Gesellschafters Sonderbetriebsvermögen desselben, hat dies keine ertragsteuerlichen Auswirkungen. Dies gilt auch für den Fall, dass eine GesBR infolge des Überschreitens der Umsatzgrenzen des § 189 UGB zur Protokollierung als OG oder KG verpflichtet ist.
  • Ein Kommanditist wechselt im Innenverhältnis seine Rechtstellung in die eines atypisch stillen Gesellschafters oder umgekehrt ohne Änderung des Beteiligungsausmaßes. Dieser Vorgang hat keine ertragsteuerlichen Auswirkungen. Ebenso muss keine Vorsorge zur Vermeidung einer Steuerlastverschiebung getroffen werden.

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Kein Anwendungsfall des Art IV UmgrStG liegt mangels Strukturänderung bei einer formwechselnden Umwandlung einer Personengesellschaft im Sinne des UGB vor (siehe Rz 407), dh eine OG wird KG oder umgekehrt.