Dokument-ID: 360630

Vorschrift

Umgründungssteuerrichtlinien 2002

Inhaltsverzeichnis

4.1.7.3.1 Buchwertübernahme mit Quotenverschiebung der Kapitalkonten und Ergänzungsbilanzen

1314
Dabei werden die übertragenen Betriebe, Teilbetriebe oder Mitunternehmeranteile zu den steuerlich maßgebenden Buchwerten laut der (den) Zusammenschlussbilanz(en) von der übernehmenden Personengesellschaft in der Steuerbilanz angesetzt und das gesamte Buchkapital im Verhältnis der Verkehrswerte der zusammengeschlossenen Vermögen auf die Partner verteilt. Die starren Kapitalkonten entsprechen nunmehr den Verkehrswertverhältnissen. Die mit dieser Quotenverschiebung allerdings verbundene Verschiebung von Gesamtreserven und Steuerlasten muss durch Ergänzungsbilanzen für die betroffenen Gesellschafter rückgängig gemacht werden. Da aufgrund der Buchwertfortführung die verschobenen und in den Ergänzungsbilanzen rückgängig gemachten Differenzen erst bei einer Realisierung der in der Personengesellschaft gespeicherten Reserven zu einer konkreten Steuerlastverschiebung führen, ist erst bei dieser Gelegenheit eine Gegenrechnung mit den entsprechenden Ergänzungsbilanzansätzen erforderlich. Wurden davon abweichend die Ergänzungsbilanzbeträge laufend (ohne Realisierung) steuerwirksam aufgelöst, bestehen keine Bedenken, diese Methode auslaufend beizubehalten.

Beispiel:

Der Einzelunternehmer A und der Einzelunternehmer B schließen sich zur AB-OG zusammen und übertragen ihre Einzelunternehmen auf diese. Sie vereinbaren, dass das Beteiligungsverhältnis in der OG den Verkehrswerten der übertragenen Einzelunternehmen entsprechen soll. Der Zusammenschluss wird zu Buchwerten durchgeführt. Die aus den Jahres- oder Zwischenabschlüssen abgeleiteten Zusammenschlussbilanzen der beiden Einzelunternehmer zum Zusammenschlussstichtag zu den steuerlich maßgebenden Buchwerten (unter Angabe der Verkehrswerte in Klammer) stellen sich wie folgt dar:

Zusammenschlussbilanz A 31.12.2000

Anlagevermögen

500 (700)

Zusammenschlusskapital

600 (800)

Umlaufvermögen

300 (300)

Verbindlichkeiten

200 (200)

Zusammenschlussbilanz B 31.12.2000

Anlagevermögen

300 (1000)

Zusammenschlusskapital

100 (800)

Umlaufvermögen

200 (200)

Verbindlichkeiten

400 (400)

Die Verkehrswerte beider Einzelunternehmen betragen je 800, stille Reserven enthält in beiden Einzelunternehmen nur das Anlagevermögen.

Das Beteiligungsverhältnis in der übernehmenden OG beträgt den Verkehrswertrelationen der übertragenen Einzelunternehmen entsprechend 50:50. Da die Buchwerte des Eigenkapitals diesem Beteiligungsverhältnis nicht entsprechen, müssen die Kapitalkontenstände so zwischen den Gesellschaftern verschoben werden, dass sie die 50:50 Beteiligung wiedergeben.

Eröffnungsbilanz der OG 01.01.2001

AKTIVA A+B

gesamt

PASSIVA A+B

Verschiebung

gesamt

AV A + AV B

800

Eigenkapital A

600

 –250

350

UV A + UV B

500

Eigenkapital B

100

+250

350

 

 

Verbindl A + B

200 + 400

 

600

Bilanzsumme

1300

 

 

 

1300

Die in den übertragenen Einzelunternehmen enthaltenen Gesamtreserven betragen für A 200 und für B 700, gesamt in der OG daher 900. Durch das vereinbarte Beteiligungsverhältnis von 50:50 würden bei einer Realisierung auf jeden der beiden Gesellschafter 450 Gesamtreserven entfallen. Dies entspricht einer Verschiebung von 250 von B auf A, welche durch die Quotenverschiebung auf den Kapitalkonten bewirkt wurde. Diese muss daher durch Ergänzungsbilanzen für beide Gesellschafter rückgängig gemacht werden.

Ergänzungsbilanz 01.01.2001 A

Ergänzungsbilanz 01.01.2001 B

Mehrwert Aktiva 250

Ergänzungskapital 250

Ergänzungskapital 250

Minderwert Aktiva 250

Die laufenden Abschreibungen im Stammvermögen der Personengesellschaft wirken sich nicht auf die Ergänzungsbilanzen aus, da nur sicherzustellen ist, dass die verschobenen Kapitalkontenquoten nicht endgültig zu einer Steuerlastverschiebung führen. Diese Verschiebung kann aber erst bei einer tatsächlichen Realisierung (Veräußerung bzw sonstigem Ausscheiden aus den Betriebsvermögen von Wirtschaftsgütern) eintreten, sodass erst dann die Auflösung der entsprechenden Ergänzungsbilanzposition vorzunehmen und damit die Besteuerung bei den Übertragenden sichergestellt ist.

1314a
Werden bei einem Verkehrswertzusammenschluss mit einem nach 31.3.2012 liegenden Stichtag als Teil eines begünstigten Vermögens (§ 23 Abs. 2 UmgrStG) betriebliche Grundstücke mitübertragen, muss sich die Vorsorgemaßnahme auch auf die stillen Reserven des mitübertragenen Grundstücks beziehen. Die stillen Reserven einschließlich jener des Geschäfts- und Firmenwertes sind den betrieblichen Wirtschaftsgütern zuzuordnen. Ungeachtet der Möglichkeit, für am 31.3.2012 nicht steuerverfangenen Grund und Boden die stillen Reserven gemäß § 30 Abs. 4 EStG 1988 pauschal zu ermitteln (siehe Rz 1457a), müssen für Zwecke der Vorsorgemaßnahmen die tatsächlichen stillen Reserven (Verkehrswert abzüglich Buchwert) ermittelt werden. Für den (die) Zusammenschluss-Partner, der (die) zusammenschlussbedingt anteiliges Eigentum am Grundstück erwerben, stellt dieses Neuvermögen iSd § 30 Abs. 3 EStG 1988 dar (siehe Rz 1457a).

Beispiel:

Der Einzelunternehmer A (Gewinnermittlung gemäß § 4 Abs. 1 EStG 1988) und die natürliche Person B schließen sich zu einem nach 31.3.2012 liegenden Stichtag zur A&B OG zusammen. A überträgt sein Einzelunternehmen samt betrieblichem Grundstück (keine Steuerverfangenheit zum 31.3.2012), B leistet eine Bareinlage. Das geplante Beteiligungsverhältnis von 90 % für A und 10 % für B soll sich an den Verkehrswertverhältnissen der übertragenen Vermögen orientieren. Das Einzelunternehmen des A hat zum Zusammenschlussstichtag einen Gesamtverkehrswert von 4.500, B leistet eine Bareinlage von 500.

Für die Ermittlung der stillen Reserven muss A den Gesamtverkehrswert anteilig auf die betrieblichen Wirtschaftsgüter aufteilen. Es entfallen auf Grund und Boden 1.000, auf das Gebäude 1.000, auf das restliche Anlagevermögen 500 und auf Firmenwert 2.200, Verbindlichkeiten 200.

Die Schlussbilanz des Einzelunternehmers A zum Zusammenschlussstichtag weist folgende Ansätze aus:

Aktiva

BW

VW

Passiva

BW

VW

G+B

100

1.000

Eigenkapital

500

4.500

Gebäude

500

1.000

Verbindlichkeiten

200

200

So. AV

100

500

 

FW

0

2.200

 

Bilanzsumme

700

4.700

Bilanzsumme

700

4.700

Um die tatsächlichen Kapitalkontenstände in der OG den vereinbarten Beteiligungsverhältnissen anzupassen, müssen Quotenverschiebungen zwischen den Kapitalkonten vorgenommen werden.

Eröffnungsbilanz der A&B OG zum 1.1.01

Eröffnungsbilanz der A&B OG zum 1.1.01

Aktiva

BW

Passiva

KK+/-

Buchwert

G+B

100

Eigenkapital A

500 + 400

900

Gebäude

500

Eigenkapital B

500 – 400

100

So. AV

100

Verbindlichkeiten

200

Bank

500

 

Bilanzsumme

1.200

Bilanzsumme

1.000

1.200

Die Gesamtreserven des Betriebes zum 31.12.00 betragen 4.000. Durch den Zusammenschluss würden ohne Vorsorgemaßnahme 10 % der von A erwirtschafteten stillen Reserven auf B übergehen und bei einer Veräußerung nach dem Stichtag von diesem zu versteuern sein. Die mit der Quotenverschiebung verbundene Verschiebung von stillen Reserven ist daher über Ergänzungsbilanzen, welche im Fall der Realisierung der stillen Reserven aufzulösen sind, wieder rückgängig zu machen.

Ergänzungsbilanz A

 

Ergänzungskapital

400

G+B

90

 

Gebäude

50

 

AV

40

 

FW

220

Ergänzungsbilanz B

G+B

90

Ergänzungskapital

400

Gebäude

50

 

AV

40

 

FW

220

Es bestehen keine Bedenken, wenn bis zum 31.12.2014 (an)gemeldete Zusammenschlüsse hinsichtlich der steuerlichen Vorsorge gegen die endgültige Verschiebung von Steuerlasten bis zur materiellen Rechtskraft des Bescheides an die obigen Ausführungen angepasst werden.

1314b
Im Fall der Realisierung von stillen Reserven eines Grundstücks ist nach dem Zusammenschlussstichtag wie folgt zu unterscheiden:

Zusammenschlüsse mit einem Stichtag bis zum 31.3.2012:

Wurde anlässlich eines Zusammenschlusses mit einem Stichtag bis zum 31.3.2012 auch ein betriebliches Grundstück mitübertragen und für Grund und Boden mangels Steuerhängigkeit der stillen Reserven keine Vorsorge getroffen (Altvermögen, siehe Rz 1304), ist wie folgt vorzugehen:

  • Erfolgt bei einer Veräußerung des Grundstücks/Veräußerung oder Beendigung der Personengesellschaft/Veräußerung des Mitunternehmeranteils nach dem 31.3.2012 die Ermittlung der Einkünfte gemäß § 30 Abs. 4 EStG 1988 pauschal, bestehen keine Bedenken, die sich daraus ergebenden stillen Reserven (bzw. Einkünfte) des Grund und Bodens im Verhältnis der Substanzbeteiligung der Zusammenschluss-Partner aufzuteilen; die Einkünfte unterliegen dem besonderen Steuersatz (§ 30a EStG 1988).
  • Erfolgt hingegen bei einer Veräußerung des Grundstücks/Veräußerung oder Beendigung der Personengesellschaft/Veräußerung des Mitunternehmeranteils nach dem 31.3.2012 die Ermittlung der Einkünfte gemäß § 30 Abs. 3 EStG 1988, sind die Einkünfte aus der betrieblichen Grundstücksveräußerung für jeden Mitunternehmer individuell zu ermitteln, wobei die zum Zusammenschlussstichtag auf den Grund und Boden entfallenden stillen Reserven nachzuweisen sind und zur Gänze dem übertragenden Gesellschafter zuzurechnen sind.

Im Übrigen siehe dazu Rz 1313a.

Beispiel:

Der Einzelunternehmer A (Gewinnermittlung gemäß § 4 Abs. 1 EStG 1988) und B hatten sich zum 31.12.2008 zu einer OG (Beteiligungsverhältnis jeweils 50 %) zusammengeschlossen. A übertrug dabei auch ein im Betriebsvermögen des Einzelunternehmens befindliches Betriebsgrundstück. Die stillen Reserven des Grund und Bodens fanden in der Vorsorgemaßnahme gegen eine Steuerlastverschiebung keinen Niederschlag, für das Gebäude wurden zum Stichtag stille Reserven von 500 festgestellt, in die Ergänzungsbilanzen der beiden Gesellschafter daher ein Betrag von jeweils 250 als aktives bzw. passives Ergänzungskapital eingestellt.

Im Jahr 2014 veräußert die OG das Betriebsgrundstück um 4.000. Der Veräußerungserlös ist auf den Grund und Boden und das Gebäude im Verhältnis der Verkehrswerte aufzuteilen; demnach entfallen auf den Grund und Boden 2.000 und auf das Gebäude ebenfalls 2.000 (Restbuchwert 1.000). Die Aufteilung auf die beiden Gesellschafter erfolgt gemäß § 188 BAO wie folgt:

 

Gesamt

A

B

Grund und Boden

2.000

1.000

1.000

Einkünfte gemäß § 30 Abs. 4 EStG 1988 pauschal

280

140

140

Gebäude

2.000

1.000

1.000

Auflösung Ergänzungsbilanz

+250

–250

Abzüglich Restbuchwert

–1.000

–500

–500

Einkünfte gemäß § 30 Abs. 3 EStG 1988

1.000

750

250

Wollen die Gesellschafter die Einkünfte aus der Veräußerung des Grund und Bodens ebenfalls gemäß § 30 Abs. 3 EStG 1988 ermitteln, sind die zum Zusammenschlussstichtag auf den Grund und Boden entfallenden stillen Reserven nachzuweisen und vom übertragenden Gesellschafter A zu versteuern.

Zusammenschlüsse mit einem Stichtag ab dem 1.4.2012:

In diesen Fällen ist die Zuordnung der stillen Reserven entsprechend den Grundsätzen des § 24 Abs. 2 UmgrStG durch die gewählte Vorsorgemethode sichergestellt. Sofern es sich um Grundstücke handelt, auf die am Zusammenschlussstichtag § 30 Abs. 4 EStG 1988 gesamthaft oder eingeschränkt anwendbar ist, sind die Grundsätze des § 24 Abs. 3 bzw. des § 25 Abs. 5 UmgrStG zu beachten (siehe dazu Rz 1425a und Rz 1457a). Es ist daher im Zeitpunkt der Reservenrealisierung eine Gegenrechnung mit den entsprechenden Ergänzungsbilanzansätzen erforderlich (siehe Rz 1314a). Die Einkünfte aus der betrieblichen Grundstücksveräußerung sind für jeden Mitunternehmer individuell zu ermitteln und unterliegen dem besonderen Steuersatz (§ 30a EStG 1988).