Dokument-ID: 361120

Vorschrift

Umgründungssteuerrichtlinien 2002

Inhaltsverzeichnis

4.1.9.2.1 Begriff

1347
Das übertragene begünstigte Vermögen muss einen positiven Verkehrswert am Zusammenschlussstichtag, jedenfalls aber am Tag des Abschlusses des Zusammenschlussvertrages aufweisen (§ 23 Abs 1 UmgrStG). Der positive Verkehrswert unterliegt der Überprüfung durch die Abgabenbehörde (keine Bindung an die Rechtsauffassung des Firmenbuchgerichtes) und ist im Zweifel vom Übertragenden durch das Gutachten eines Sachverständigen nachzuweisen. Siehe Rz 672 ff.

1348
Nur tatsächlich in das Gesellschaftsvermögen (gemeinschaftliches Betriebsvermögen) übertragenes Vermögen kann in die Verkehrswertermittlung einbezogen werden. Dazu zählen nicht Wirtschaftsgüter, die ins Sonderbetriebsvermögen der Mitunternehmer überführt werden.

1349
Eine bloß buchmäßige Überschuldung des übertragenen Vermögens hindert nicht die Anwendung des Art IV UmgrStG.

1350
Das Übertragen der Mitunternehmeranteile durch einzelne oder sämtliche Gesellschafter einer Mitunternehmerschaft auf eine neue Mitunternehmerschaft setzt bei jedem Übertragenden das Vorliegen eines positiven Verkehrswertes voraus. Wird trotz negativer Mitunternehmeranteile übertragen, kommt Art IV UmgrStG nur für jene Mitunternehmer zur Anwendung, deren Mitunternehmeranteil einen positiven Verkehrswert aufweist.

1351
Wird demgegenüber der einen positiven Verkehrswert aufweisende Betrieb der Mitunternehmerschaft auf eine neue Mitunternehmerschaft gegen Gewährung von Gesellschafterrechten übertragen, liegt trotz realer Überschuldung eines Mitunternehmeranteiles kein Anwendungshindernis für Art IV UmgrStG vor. Da jede Änderung der Beteiligungen in der bestehenden Mitunternehmerschaft steuerlich als Übertragung auf eine neue Mitunternehmerschaft gilt (siehe Rz 1298 ff), kann bei verbleibenden real überschuldeten Mitunternehmern eine Äquivalenzverletzung vorliegen.

1352
Eine reale Überschuldung (negativer Verkehrswert) am Zusammenschlussstichtag kann insb durch bis zum Abschluss des Zusammenschlussvertrages tatsächlich getätigte Einlagen oder durch das Zurückbehalten von Verbindlichkeiten beseitigt werden (siehe Rz 1431 ff). Durch eine bloße Zusage des Übertragenden die reale Überschuldung durch Zuführung von Aktiven zu einem späteren Zeitpunkt zu beseitigen (Einlageversprechen), kann ein positiver Verkehrswert nicht geschaffen werden. Das Leisten von Einlagen kann bei nachgewiesener Erzielung von Gewinnen (Zwischenbilanz, Status) bzw bei nachhaltiger Besserung der Ertragslage (Unternehmensbewertungsgutachten) im Rückwirkungszeitraum, die bei Kenntnis zum Zusammenschlussstichtag einen positiven Verkehrswert ergeben hätte, unterbleiben.

1353
Liegt ein positiver Verkehrswert nicht vor, kann Art IV UmgrStG nicht angewendet werden. In einem solchen Fall sind die Gesamtreserven des übertragenen Vermögens zu realisieren (§ 24 Abs 7 EStG 1988). Es bestehen keine Bedenken, von einer Gewinnrealisierung abzusehen, wenn Vorsorgemaßnahmen nicht zu treffen sind, weil eine Vermögensübertragung und damit ein Übergang von allfälligen Reserven auf andere Personen nicht stattfindet.

Beispiele:

Beitritt einer GmbH als reiner Arbeitsgesellschafter zu einer real überschuldeten KG, wobei der bisherige Komplementär ohne Veränderung der Beteiligung zum Kommanditisten wird.

Übertragung eines real überschuldeten Einzelunternehmens auf eine GmbH & Co KG, wobei der Einzelunternehmer einziger Kommanditist mit einer 100-prozentigen Vermögensbeteiligung ist.

Zusammenschluss zweier Personengesellschaften, von denen eine real überschuldet ist, wenn Personen- und Beteiligungsidentität besteht.