Dokument-ID: 361414

Vorschrift

Umgründungssteuerrichtlinien 2002

Inhaltsverzeichnis

4.2.4.5.7 Zurückbehalten von Wirtschaftsgütern

1441
Gemäß § 24 Abs 1 UmgrStG in Verbindung mit § 16 Abs 5 Z 3 UmgrStG können bis zum Tag des Abschlusses des Zusammenschlussvertrages tatsächlich vorhandene Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens und Verbindlichkeiten (ganz oder teilweise) zurückbehalten werden. Formal geschieht das Zurückbehalten durch Nichtaufnahme in die Zusammenschlussbilanz.

1442
Durch das Zurückbehalten von Wirtschaftsgütern dürfen weder die Betriebs- oder Teilbetriebseigenschaft noch der positive Verkehrswert des Zusammenschlussvermögens verloren gehen.

1443
Das Zurückbehalten von Wirtschaftsgütern zur privaten Nutzung stellt eine Entnahme dar.

Beispiel:

Ein rechnungslegungspflichtiger Einzelunternehmer überträgt seinen Betrieb auf eine Personengesellschaft. Eine bisher als gewillkürtes Betriebsvermögen bilanzierte bebaute Liegenschaft wird zur privaten (nichtunternehmerischen) Nutzung zurückbehalten. Es liegt eine rückwirkende Entnahme zum Teilwert vor; die auf das Gebäude und den Grund und Boden entfallenden stillen Reserven sind zu versteuern. Umsatzsteuerlich liegt im Falle der bisherigen unternehmerischen Nutzung des Grundstückes steuerfreier Eigenverbrauch vor. Es kommt daher zu einer Vorsteuerberichtigung gemäß § 12 Abs 10 UStG 1994.

1444
Ein Sonderfall des Zurückbehaltens liegt vor, wenn zurückbehaltene aktive oder passive Wirtschaftsgüter in das Sonderbetriebsvermögen wechseln:

  • Ein Einzelunternehmer behält sich ein betrieblich genutztes und damit zum notwendigen Betriebsvermögen zählendes Grundstück zurück, stellt dieses aber der Mitunternehmerschaft zur betrieblichen Nutzung zur Verfügung. Das Grundstück wechselt zusammenschlussbedingt in das Sonderbetriebsvermögen, die steuerlichen Buchwerte sind fortzuführen (VwGH 19.5.2005, 2000/15/0179). Eine Vorsteuerkorrektur ist im Falle der umsatzsteuerpflichtigen entgeltlichen Überlassung nicht vorzunehmen. Die Entgelte für die Nutzungsüberlassung sind Sonderbetriebseinnahmen. Wird das Grundstück unentgeltlich zur Verfügung gestellt, ergeben sich ertragsteuerlich dieselben Konsequenzen, umsatzsteuerlich kommt es jedoch infolge des steuerfreien Eigenverbrauchs des Grundstücks zur Vorsteuerberichtigung gemäß § 12 Abs. 10 UStG 1994.
  • Bei Übertragung des Betriebes durch eine Mitunternehmerschaft ist die gleichzeitige steuerneutrale Überführung von betrieblichen Wirtschaftsgütern aus dem Gesamthand- oder Gemeinschaftsvermögen in das Sonderbetriebsvermögen der beteiligten Mitunternehmerschaft nur möglich, wenn die Eigenschaft von notwendigem oder gewillkürtem Sonderbetriebsvermögen weiterhin vorliegt und es im Zuge der Überführung zu keinen Verschiebungen bezüglich der Zuordnung (Substanzbeteiligung) der betroffenen Wirtschaftsgüter zu den beteiligten Mitunternehmern kommt (VwGH 17.1.1995, 94/14/0077). Siehe dazu auch Rz 1445.
  • Bei Übertragung des Betriebes durch eine Mitunternehmerschaft stellt die Überführung von betrieblichen Wirtschaftsgütern in das Sonderbetriebsvermögen unter Änderung der Zuordnungsverhältnisse zu den beteiligten Mitunternehmern einen Entnahme/Einlage-Vorgang dar (siehe dazu EStR 2000 Rz 5931).

Beispiel 1:

Die AB-OG schließt sich mit C zur ABC-KG zusammen. Im durch die AB-OG übertragenen Betrieb befindet sich auch ein bebautes Grundstück, das im Zuge des Zusammenschlusses zur Gänze in das Sonderbetriebsvermögen des A überführt werden soll. Durch die Überführung in das Sonderbetriebsvermögen des A verliert B seine bisherige 50-prozentige Substanzbeteiligung am Grundstück. Es kommt zu einer Entnahme durch B und in weiterer Folge zu einer Zuwendung an A mit nachfolgender Einlage durch A. Die Entnahme des Grund und Bodens erfolgt zum Buchwert, die des Gebäudes zum Teilwert.

Die Erfassung der durch die Entnahme aufgedeckten stillen Reserven erfolgt im Rahmen der letzten Ergebnisfeststellung der übertragenden Mitunternehmerschaft und ist den Gesellschaftern entsprechend der Gewinnverteilung zuzurechnen.

Erfolgt die Änderung der Zuordnung von Wirtschaftsgütern gegen Gewährung von Gesellschafterrechten, stellt dies einen Tausch außerhalb des Anwendungsbereiches des Art. IV UmgrStG dar.

Beispiel 2:

Die AB-OG schließt sich mit C zur ABC-KG zusammen. Im durch die AB-OG übertragenen Betrieb befindet sich auch ein bebautes Grundstück, das im Zuge des Zusammenschlusses zur Gänze in das Sonderbetriebsvermögen des A überführt werden soll. Durch die Überführung in das Sonderbetriebsvermögen des A verliert B seine bisherige 50-prozentige Substanzbeteiligung am Grundstück. Im Gegenzug erhält B eine höhere Beteiligung an der Mitunternehmerschaft. Es liegt ein Tausch vor.

1445
Die Überführung von Wirtschaftsgütern aus dem Gesellschafts- bzw Gemeinschaftsvermögen einer Mitunternehmerschaft (zB Betriebsliegenschaft) in individuelles Quoteneigentum der Mitunternehmer kann eine Entnahme mit nachfolgender Einlage in das Sonderbetriebsvermögen darstellen:

  • In eine unternehmensrechtliche Personengesellschaft (zB KG) tritt ein neuer Gesellschafter (zB Kommanditist) ein. Die bisher im Gesamthandvermögen der Gesellschaft stehende Liegenschaft wird in das Sonderbetriebsvermögen (individuelles Quoteneigentum) der bisherigen Gesellschafter überführt und der Gesellschaft zur Nutzung überlassen. Das rückwirkende Überführen ist eine Entnahme aus dem Gesamthandeigentum mit anschließender Einlage ins Sonderbetriebsvermögen. Dies gilt nicht, wenn die Beteiligungsquoten an der Mitunternehmerschaft mit den nachfolgenden Miteigentumsquoten übereinstimmen (VwGH 19.5.2005, 2000/15/0179); zu beachten wird dabei sein, dass die steuerlichen Beteiligungsquoten mit den nachfolgenden Miteigentumsquoten übereinstimmen. Andernfalls sind die stillen Reserven des Grund und Bodens zu versteuern, hinsichtlich des Gebäudes erfolgt eine vereinfachte Teilwertermittlung (EStR 2000 Rz 5931); eine allenfalls auf die Anschaffungs- oder Herstellungskosten übertragene Rücklage gemäß § 12 EStG 1988 ist steuerpflichtig aufzulösen. Die Überführung ins individuelle Quotenvermögen kann dann steuerneutral erfolgen, wenn der Mitunternehmeranteil zum Betriebsvermögen des Mitunternehmers gehört (EStR 2000, Rz 5941; KStR 2001, Rz 348) oder quotenwahrend erfolgt. Umsatzsteuerlich kann eine Lieferung der Liegenschaft von der Gesellschaft an die (neue) Miteigentümergemeinschaft angenommen werden. Es kann daher bei Option zur Steuerpflicht eine Vorsteuerberichtigung gemäß § 12 Abs 10 UStG 1994 vermieden werden, falls eine anschließende entgeltliche Überlassung durch die Miteigentümergemeinschaft erfolgt.
  • Zu einer GesbR tritt ein weiterer Gesellschafter hinzu. Eine Liegenschaft wird vom Gesellschaftsvermögen der (alten) GesbR ins Sonderbetriebsvermögen (individuelles Quoteneigentum) der bisherigen Gesellschafter überführt und der erweiterten (neuen) GesbR zur Nutzung überlassen. Es liegt ein Entnahme-Einlagetatbestand vor, es sei denn, es liegt die im Vorpunkt erwähnte Übereinstimmung der Beteiligungsverhältnisse mit den nachfolgenden Miteigentumsverhältnissen vor. Obwohl die GesbR kein zivilrechtliches Gesamthandeigentum haben kann (wie eine OG/KG), besitzt sie aus ertragsteuerlicher Sicht ein diesem gleichwertiges gemeinschaftliches Betriebsvermögen (Gesellschafts-, Gemeinschaftsvermögen). Hinsichtlich des Gebäudes erfolgt eine vereinfachte Teilwertermittlung (EStR 2000, Rz 5931); eine allenfalls auf Anschaffungs- oder Herstellungskosten übertragene Rücklage gemäß § 12 EStG 1988 ist steuerpflichtig aufzulösen. Die aufgrund und Boden entfallenden stillen Reserven sind jedoch nicht zu versteuern, da die GesbR ihren Gewinn nicht nach § 5 Abs 1 EStG 1988 ermittelt.

1445a
Das Zurückbehalten von Anlagegütern ist im Sinne des dem allgemeinen Ertragsteuerrecht innewohnenden Grundsatzes, dass sich die Sachentnahme aus dem Betrieb grundsätzlich auch auf das mit dem Aktivum zusammenhängenden Passivum bezieht, nur mehr zusammen mit dem unmittelbar verbundenem Fremdkapital möglich. Der Zusammenhang ist nur dann unbeachtlich, wenn vom Stichtag zurück bereits mehr als sieben Wirtschaftsjahre vergangen sind.

Beispiel:

Der rechnungslegungspflichtige A überträgt seinen Einzelbetrieb zum 31.12.10 auf die A-GmbH&CoKG gegen Gewährung von Gesellschafterrechten und möchte dabei die a) zum gewillkürten b) zum notwendigen Betriebsvermögen gehörende Liegenschaft zurückbehalten. Am Zusammenschlussstichtag ist ein anschaffungsbedingter Kredit in Höhe von 15.000 offen. Sollte die Anschaffung der Liegenschaft vor dem 31.12.03 erfolgt sein, kann A den Kredit übertragen, obwohl die Betriebsliegenschaft zurückbehalten wird. Ist die Anschaffung später erfolgt, kommt es im Fall a) zwingend zur Entnahme der Liegenschaft bzw hinsichtlich des zurückbehaltenen Kredits zu einem Einlagentatbestand, im Fall b) zum Übergang der Liegenschaft und des Kredits in das Sonderbetriebsvermögen.

Zu den Rechtsfolgen der Verletzung der zusammenhängenden Beurteilung siehe Rz 1447b.