14.12.2021 | Arbeitssicherheit & Brandschutz | ID: 1106005

Lenkprotokoll bei Paketzustellung – was sollten Unternehmen beachten?

Johann Schöffthaler

In der Vorweihnachtszeit hat die Paketzustellung Hochsaison. Welche Anforderungen in Bezug auf das Lenkprotokoll sollten Unternehmen und Lenker/innen erfüllen, um Strafen zu vermeiden? Gastautor Johann Schöffthaler, BA MA, gibt rechtliche Tipps.

Eine Meldung in den Medien, wie zB Folgende, bringt das Thema „Lenkprotokoll“ ins Bewusstsein. Deshalb eine kurze Erläuterung bzgl der gesetzlich bestehenden Verpflichtungen für Unternehmer/innen wie Arbeitnehmer/innen.

„Finanzpolizei nahm Paketzentrum ins Visier

Die Finanzpolizei hat Donnerstagfrüh ein Paketverteilerzentrum im Raum Innsbruck ins Visier genommen. Die Subfirmen eines Paketdienstleisters wurden bei der Schwerpunktaktion kontrolliert. Dabei stießen die Beamten auf zahlreiche Verstöße.

Lenkprotokolle fehlten meist

Grobe Mängel wurden bei den Lenkprotokollen der Paketfahrer festgestellt: In 90 Prozent der Fälle wurde ein solches nicht geführt bzw konnte nicht vorgelegt werden. Zudem wurden die Ermittler etwa auf eine fehlende Erwerbsberechtigung, Betrug der Normverbrauchsabgabe (NoVA), einen Schlagring sowie kleinere Mengen Marihuana aufmerksam. […]. 30. Oktober 2021, 10.13 Uhr“ (sic!)

Anforderungen und Pflichten für Unternehmer/innen und Lenker/innen

Persönliche Fahrtenbücher im Sinne des Arbeitszeitgesetzes sind von Lenker/innen in Form von Lenkprotokollen zu führen. Für Lenkprotokolle sind ausschließlich inhaltliche Vorgaben festgelegt. Dadurch ist deren Form frei wählbar und es ist, unter bestimmten Voraussetzungen, eine elektronische Führung möglich. Es müssen diese Aufzeichnungen jedenfalls personen- und tagesbezogen erfolgen. Lenkerinnen und Lenker im Sinne der Lenkprotokoll-Verordnung (LP-VO) sind Personen, die ein Kraftfahrzeug, sei es auch nur für kurze Zeit, selbst lenken oder sich im Fahrzeug befinden, um es gegebenenfalls lenken zu können.

Voraussetzungen für das Lenkprotokoll

Die Pflicht zum Führen eines Lenkprotokolls besteht für Lenkerinnen und Lenker auf öffentlichen Straßen unter folgenden Voraussetzungen:

  1. Die Verwendung eines analogen oder digitalen Kontrollgerätes ist nicht verpflichtend vorgesehen. Bei folgenden Fahrzeugen ist ein solche Verpflichtung nicht gegeben:
    • Fahrzeuge zur Güterbeförderung inkl. Anhänger und Ähnlichem mit einem höchstzulässigem Gesamtgewicht unter 3,5 t
    • Fahrzeuge zur Personenbeförderung von nicht mehr als 9 Personen (inklusive Fahrer/in)
    • Fahrzeuge über 3,5 t bzw für mehr als 9 Personen, für die EU-weite oder nationale Ausnahmen gelten
  2. Das Fahrzeug ist mit keinem Kontrollgerät ausgestattet bzw wird auf dessen Verwendung verzichtet.
  3. Eine Ausnahme von der Verpflichtung zur Führung eines Lenkprotokolls kommt nicht zur Anwendung.

Ausnahmen

Ausnahmen für die Pflicht zur Führung eines Lenkprotokolls bestehen für Lenker/innen folgender Fahrzeuge:

  1. Selbstfahrende Arbeitsmaschinen
  2. Zugmaschinen mit einer Höchstgeschwindigkeit unter 30 km/h
  3. Fahrzeuge der Kraftfahrindustrie, des Fahrzeughandels und -handwerks bei Überstellungs- und Probefahrten
  4. Fahrzeuge zur gewerblichen Personenbeförderung mit eingebautem Taxameter
  5. Personen- und Kombinationskraftwagen (Fahrzeugklasse M1), die nicht zur gewerbsmäßigen Personenbeförderung dienen
  6. Spezialfahrzeuge zur Durchführung von Geld- und Werttransporten
  7. Fahrzeuge zur Güterbeförderung mit einem höchstzulässigem Gesamtgewicht unter 3,5 t, wenn das Lenken nicht berufliche Haupttätigkeit der Lenkerin bzw des Lenkers ist und die Lenkzeit während einer Kalenderwoche täglich weniger als 2 Stunden oder täglich weniger als 4 Stunden, aber die wöchentliche Lenkzeit weniger als 1/5 der wöchentlichen Normalarbeitszeit, somit max 8 Stunden, beträgt.

Inhaltliche Vorgaben des Lenkprotokolls

  1. Vor- und Zuname der Lenkerin/des Lenkers in dieser Reihenfolge (!)
  2. Beginn und Ende der Einsatzzeit
  3. Datum
  4. Beginn und Ende der Ruhepausen
  5. Behördliche Kennzeichen des oder der Kraftfahrzeuge
  6. Beginn und Ende der Lenkpausen; falls nicht Ruhepause
  7. Kilometerstand bei Beginn und bei Ende des Arbeitstages und Fahrzeugwechsel
  8. Beginn und Ende sonstiger Arbeitszeiten
  9. Gesamtdauer der Lenkzeit
  10. Bemerkungen (wird erklärt bei Pflichten der Lenker/innen)
  11. Unterschrift der Lenkerin/des Lenkers

Eine Ausnahme von der Aufzeichnungspflicht der Punkte 8. und 9. ist dann gegeben, wenn die tägliche Arbeitszeit weniger als 12 Stunden beträgt bzw wenn der Kollektivvertrag, bei Zulassung zusätzlicher Überstunden, auch eine Ausnahme von deren Aufzeichnung vorsieht.

Pflichten des Unternehmens

  1. Ausreichend Lenkprotokolle kostenlos ausgeben
  2. Zur ordnungsgemäßen Verwendung unterweisen
  3. Dafür sorgen, dass die Lenker/innen ihren Pflichten nachkommen
  4. Führen eines Verzeichnisses aller eingesetzten Lenker/innen samt Geburtsdatum
  5. 1x monatlich zu überprüfen, ob die vorgeschriebenen Angaben eingetragen wurden. Dies ist mit Datum und Unterschrift seitens des Unternehmens in einem Verzeichnis zu bestätigen.
  6. Aufbewahrung der Lenkprotokolle nach dem Ende der Mitführverpflichtung für mind 24 Monate, geordnet nach Lenker/innen sowie Datum
  7. Der Arbeitsinspektion sind die Protokolle und Verzeichnisse auf Verlangen vorzulegen oder zu übermitteln.
  8. Auf Verlangen der Lenker/innen sind kostenlos Kopien der Lenkprotokolle auszuhändigen.

Pflichten der Lenkerin/des Lenkers

  1. Pro Tag ist nur ein Lenkprotokoll zu verwenden.
  2. Laufende Eintragungen sind in das Lenkprotokoll vornehmen.
  3. Die Lenkprotokolle sind selbst auszufüllen, ausgenommen die Gesamtdauer der Lenkzeit, diese kann auch zu Beginn der Aufbewahrung durch das Unternehmen vorgenommen werden.
  4. Kein Ausbessern oder Ändern durch Radieren oder Überschreiben, Richtigstellen von Fehlern, selbst Schreibfehlern müssen im Feld „Bemerkungen“ gemacht werden.
  5. Streichungen sind nur zulässig, wenn die ursprüngliche Eintragung weiter erkennbar bleibt.
  6. Die Lenkprotokolle der letzten 28 Tage sind mitzuführen und der Arbeitsinspektion sowie der Polizei (§ 102 Abs 5 lit f KFG) auf Verlangen vorzuweisen.
  7. Die Lenkprotokolle sind 1x monatlich dem Unternehmen zur Prüfung und Unterfertigung zu übergeben.

Elektronische Führung des Lenkprotokolls

Eine Elektronische Führung des Lenkprotokolls ist unter den folgenden Voraussetzungen zulässig:

  • Die Daten können selbst von den Lenker/innen eingegeben werden.
  • Die Aufzeichnung der Daten entsprechen den Vorgaben für das Lenkprotokoll.
  • Die Daten müssen einer bestimmten Lenkerin/einem bestimmen Lenker zugeordnet werden können.
  • Alle Daten müssen vollständig, geordnet, inhaltsgleich, authentisch und in einem System zusammengefasst sein und wiedergegeben werden können.
  • Die Einsicht in die Daten durch die Arbeitsinspektion und die Polizei muss jederzeit gewährleistet sein.
  • Außerdem muss die Vorlage, sowie auf Verlangen die Übermittlung der Daten, jeweils in lesbarer Form erfolgen.

Auf Verlangen muss auch im Rahmen der Kontrollen durch die Arbeitsinspektion ein Ausdruck dieser Daten vorgenommen werden können. Bei der elektronischen Führung sind die Pflichten der Lenker/innen sowie des Unternehmens hinsichtlich Lenkprotokollführung sinngemäß einzuhalten. Zusätzlich ist zu berücksichtigen, dass im Fahrzeug zumindest ein Lenkprotokoll in Papierform für eine ersatzweise händische Führung, zB bei Ausfall der Aufzeichnungseinrichtung, zur Verfügung steht.

Die gesetzlichen Grundlagen hierfür findet man in der Lenkprotokoll-Verordnung (LP-VO) und im Arbeitszeitgesetz (AZG).

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