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20.04.2022 | Öffentliche Verwaltung | ID: 1113407

Schadenersatz – Sturz eines Motorradfahrers wegen Rollsplitts auf einer Gemeindestraße

WEKA (aga)

Ein umgefallenes Warnschild auf einer Gemeindestraße und ein durch Rollsplitt zu Sturz kommender Motorradfahrer: Der OGH hatte die Frage zu klären, ob die für die Straße verantwortliche Gemeinde in diesem Fall haftet und Schadenersatz leisten muss.

Der Praxisfall

Ein Motorradfahrer kam auf einer Gemeindestraße mit seinem Motorrad wegen Rollsplitts zu Sturz und erlitt Verletzungen. Aufgrund der wechselnden Lichtverhältnisse konnte der Motorradfahrer den Rollsplitt auf der Straße nicht wahrnehmen. Ein Dreieckständer, der mit dem Schild „Achtung Baustelle“ und der Zusatztafel „Rollsplitt“ vor der Gefahr warnen sollte, war aus unerklärlicher Ursache umgekippt. Dieser war jedoch nicht zusätzlich befestigt oder mit Steinen beschwert worden.

Der Motorradfahrer forderte von der Gemeinde als Wegehalterin Schadenersatz. Der Mann musste sich jedoch zum Vorwurf machen lassen, dass er den Unfallbereich mit 57 bis 65 km/h statt der erlaubten 50 km/h passierte.

Eine Straßenbaufirma hatte rund zwei Wochen vor dem Unfall Sanierungsarbeiten im späteren Unfallbereich durchgeführt und Rollsplitt ausgebracht, der in der Folge durch den Verkehr „eingewalzt“ werden sollte. Jedoch war der Rollsplitt wegen eines zuvor niedergegangenen Gewitters und des Straßengefälles „zusammengeschoben“ worden. Der von der Gemeinde aufgestellte Dreiecksständer mit den Warnschildern wurde von Gemeindemitarbeitern oder dem Bürgermeister täglich „in der Früh“ kontrolliert. „Wahrscheinlich“ fiel dieser zwischen der Kontrollfahrt und dem Unfall aus ungeklärter Ursache um (vgl OGH 2 Ob 177/21z).

Wegehaftung

Nach § 1319a Abs 1 Satz 1 ABGB haftet der Halter eines Weges den Benützern, wenn durch seinen mangelhaften Zustand ein Schaden herbeigeführt wird und dem Halter selbst oder seinen Leuten grobe Fahrlässigkeit oder Vorsatz vorzuwerfen ist.

Hinweis:

Grobe Fahrlässigkeit ist anzunehmen, wenn der Halter die Gefährlichkeit einer bestimmten Stelle des Weges kannte und eine zumutbare Behebung unterblieb (vgl OGH 2 Ob 16/21y).

Zur Instandhaltung der Straße gehört die Kenntlichmachung einer Gefahrenstelle durch Aufstellen von Gefahrenzeichen, wozu der Straßenerhalter auch ohne behördlichen Auftrag berechtigt ist. Die Unterlassung einer solchen Kennzeichnung ist dann grob fahrlässig, wenn sie sich aus der Menge der alltäglich vorkommenden Fahrlässigkeitshandlungen als ungewöhnliche, auffallende Sorglosigkeit heraushebt und der Eintritt eines Schadens geradezu als wahrscheinlich vorhersehbar ist (vgl OGH 2 Ob 293/98x). Die Verpflichtung, das Verkehrszeichen aufzustellen, impliziert auch, es zu erhalten und im Fall seiner Beschädigung oder Entfernung, dieses durch ein neues zu ersetzen (vgl OGH 8 Ob 39/85).

Die OGH-Entscheidung – Keine Haftung der Gemeinde

Der OGH befand (vgl OGH 2 Ob 177/21z), dass die Gemeinde durch das Aufstellen des Gefahrenzeichens „Achtung Baustelle“ mit der Zusatztafel „Rollsplitt“ und die täglich durchgeführten Kontrollen die ihr zumutbaren Maßnahmen zur Vermeidung von Unfällen ergriffen hatte. Hinweise auf eine für die Gemeinde erkennbare Gefahr, dass der Dreieckständer mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit umfallen könnte und daher zusätzlich gesichert werden müsste, konnten nicht festgestellt werden. Dafür spricht auch, dass der offenkundig schon längere Zeit aufgestellte Dreieckständer „wahrscheinlich“ erst wenige Stunden vor dem Unfall umgefallen war. Daher bestand für die Gemeinde keine Notwendigkeit zusätzlicher Absicherungsmaßnahmen gegen das Umfallen zu ergreifen. Es gab auch keinen Hinweis darauf, dass an der Unfallstelle gehäuft Unfälle aufgetreten wären. Auch die Behauptung des Motorradfahrers, dass „wenige Minuten“ vor dem Unfall des Fahrers ein anderer Motorradfahrer an derselben Stelle stürzte, konnte die Gemeinde schon aufgrund des zeitlichen Ablaufs nicht in zumutbarer Weise zu weiteren Vorkehrungen veranlassen.

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