© WEKA Business Solutions GmbH
A-1200 Wien, Dresdner Straße 45
E-Mail: kundenservice@weka.at

01.02.2023 | Arbeitsrecht | ID: 1130424

Die Stellenanzeige – Abheben von der Konkurrenz

Albert Scherzer

Gerade in Zeiten des Fachkräftemangels ist es wichtig sich bei der Stellenausschreibung von anderen Unternehmen abzuheben, um die richtigen Bewerber an Land zu ziehen. Holen Sie sich hier praktische Tipps.

„Benefits“ als Motivationshebel

Nur zu oft sind Stellenanzeigen kaum voneinander zu entscheiden, sowohl in gestalterischer als auch inhaltlicher Hinsicht. Ganz besonders dann, wenn es um die Aufzählung von Konditionen oder Vergünstigungen geht, die das Unternehmen den Bewerbern bietet, um diese für einen Eintritt zu begeistern. Die Stellenausschreibung ist häufig der erste Blickfang, deshalb sollte eine Gestaltung gewählt werden, die nicht lediglich graue Allgemeinplätze enthält, sondern ein erstes vitales Ausrufezeichen darstellt.

Nicht zuletzt aufgrund des Fachkräftemangels sind Unternehmen fast schon verpflichtet, sich besonders attraktiv für geeignete Bewerber darzustellen, um die geeigneten Interessenten zu begeistern. Praktisch jedes Unternehmen listet in Stellenanzeigen die Vorzüge einer Beschäftigung auf. Solche „Benefits“ sind zwar nur eine Ergänzung, aber dennoch in ihrer Wichtigkeit nicht zu unterschätzen. Gerade die Ähnlichkeit im Vergleich zu anderen Anzeigen nimmt diesem zusätzlichen Reiz nur allzu häufig den Charakter als Motivationsverstärker. Doch wie kann man es besser machen?

Der falsche Weg im Überblick

Mittlerweile hat bereits die Mehrzahl der Unternehmen begriffen, dass vor allem bei jüngeren Generationen der Sinn in ihrer Tätigkeit von großer Bedeutung ist, ebenso Nachhaltigkeit und die glaubhafte Darstellung von Unternehmenswerten, mit welchen sich diese identifizieren können.

Die Anpreisung von marktkonformen Gehältern oder darüber hinaus bleibt häufig sehr vage. Auch „spannende Projekte“ und die „Möglichkeit zur Entfaltung“ sowie das Unterstreichen flacher Hierarchien sind in Stellungsanzeigen schon fast die Regel. Die Frage ist, ob dies wirklich ein relevantes Entscheidungskriterium bildet oder zumindest Interesse weckt? Verschafft man sich einen ehrlichen Überblick über das Wesen der Stellungsausschreibungen erkennt man rasch, dass das „Employer Branding“ häufig nahezu deckungsgleich ist. Meist wird verkürzt über das Unternehmen bzw dessen Prinzipien geschrieben, ohne dabei in die Tiefe zu gehen. Nur zu häufig wird in diversen Konstellationen von aller möglichen Art Flexibilität gesprochen, ohne von der Oberflächlichkeit abzuweichen.

Welche Motivation liefern tatsächlich Mineralwasser am Arbeitsplatz und ein Obstkorb? Um der Wahrheit direkt ins Gesicht zu blicken, diese Reize haben ausgedient. Aber wie gestaltet man dann erfolgreiches Employer Branding, welches sich entscheidend von anderen Unternehmen abhebt, ohne dabei den Eindruck zu erwecken, verzweifelt den Anschein von Kreativität erwecken zu wollen?

Es gilt die Regel ohne Fleiß kein Preis, denn man muss sich zuerst mit dem eigenen Unternehmen im Detail auseinandersetzen.

Vom Jetzt zur Vision

Zu Beginn des Prozesses empfiehlt es sich, Gedanken zur Bedeutung und zum Zweck des eigenen Unternehmens anzustellen. Worin liegt der innere Wert der Leistung, die ein Kunde bezieht, den das Unternehmen erschafft? In einer Stellenanzeige soll hierauf konkret Bezug genommen werden, um die konkreten Anteile der ausgeschriebenen Position daran zu verdeutlichen. Die Vermittlung der Frage, wie das Unternehmen in Zukunft sich zu positionieren versucht und welche Auswirkungen die konkrete Tätigkeit dahingehend haben wird, sollen hierbei auch im Kopf des Bewerbers eine Vision entstehen lassen. Der potenzielle Bewerber kann damit eigene Überlegungen anstellen und somit über die Möglichkeit seines eigenen Beitrags sinnieren. Der Wertbeitrag von Mitarbeitenden ist ein zentrales Element für die Zufriedenheit und Identifikation von Mitarbeitenden mit ihrem Unternehmen. Damit verbunden sind auch Tugenden wie Verlässlichkeit, Arbeitsmoral und auch die langfristige Bindung an das Unternehmen.

Das Umfeld muss plastisch werden! 

Der „status“ quo und die Gegebenheiten rund um den täglichen Ablauf sollen für den Bewerber fühlbar sein. Falls spezielle Verhaltensregeln („code of conduct“) bestehen oder erwünscht sind, lassen Sie dies den Bewerber wissen. Ein kurzes Führungsleitbild dient nicht nur gesuchten Führungskräften als Orientierung, sondern auch allen Gliedern der Hierarchie, um beurteilen zu können, ob ein bestimmter Führungsstil mit dem Bewerber vereinbar ist. Dies kann durchaus auch als Benefit formuliert werden. Ein Führungsleitbild oder Unternehmenswerte, die auf Respekt, Wertschätzung und Gemeinsamkeit setzen, wirken gänzlich anders als Unternehmen, die Leistung, Innovation und Kundenfokus unterstreichen. Nicht lediglich das Auflisten von Verpflichtungen führt zum Erfolg, sondern die Beschreibung der gegenseitigen Vorzüge der Unternehmenskultur.

Projektarbeit als Problemkind 

Immer häufiger wird das klassische „day-to-day-business“ durch Projektarbeit ersetzt. Die Stellenanzeigen überschlagen sich daher bei der Herausstreichung der Bedeutung von Projekten, an denen der Bewerber künftig mitwirken soll. Häufig betonen Unternehmen ihre langjährigen, erfolgreichen und vertrauensvolle Beziehungen zu ihren Kunden, wodurch Stabilität vermittelt werden soll. Die Referenzenliste spricht davon Bände. Den modernen Bewerber begeistert es jedoch nicht zwangsläufig, dass ein Unternehmen selbst für ein anderes namhaftes Unternehmen arbeitet, es kann sogar der Eindruck entstehen, eher Erfüllungsgehilfe zu sein. Viel bedeutender ist hingegen die Darstellung der Umstände, worin sich die Projektarbeit im Unternehmen unterscheidet und auszeichnet. Etwa der Verzicht auf eine disziplinarische Hierarchie könnte eine Besonderheit aufzeigen. Ebenso, wenn die Rotation von Aufgaben möglich ist. Sollte die Projektarbeit im Unternehmen tatsächlich klassisch ausgestaltet sein, ist es zu empfehlen, den Fokus auf andere Bereiche in der Ausschreibung zu legen.

Alles hat seinen „Preis“

Nur allzu häufig wird eine Entlohnung über dem Marktniveau angeboten, ohne sich die Mühe zu machen, dies näher auszuführen oder gar mitzuteilen, worin aus der Sicht des Unternehmens Marktkonformität erblickt wird. Bewerber sind in der Regel sehr gut informiert über die Gegebenheiten des Marktes. Anreizende Aussagen zur Entlohnung sollten daher nur dann gewagt werden, wenn diese Substanz besitzen, da andernfalls gleich in der Ausschreibung selbst oder im Rahmen des späteren Bewerbungsprozesses Ernüchterung eintritt.

Alles nur Schall und Rauch? 

Zahlreiche Unternehmen begehen den Fehler, Bewerber mit Versprechen oder Feststellungen zum Unternehmen anzulocken, die von den eigenen Mitarbeitenden gegenteilig oder zumindest kritisch betrachtet werden. Es empfiehlt sich, unter der Belegschaft zu eruieren, ob die Vorzüge der Stellenausschreibung aus deren Sicht auch der Realität entsprechen. So mancher Unternehmer wird überrascht sein, dass Mitarbeitende oftmals das, was als Mehrwert dargestellt ist, im eigenen Unternehmen nicht erblicken. Dies ist aber auch eine gute Quelle für Feedback, um dem möglicherweise doch entsprechen zu können. Im Zweifelsfall kann hierbei sogar über eine anonyme Mitarbeiterumfrage den Prozess unterstützen. Der Bereich „Was wir bieten“ sollte daher individuell und wahrheitsgemäß gestaltet werden. Außerdem können Unwahrheiten auch dadurch ans Tageslicht kommen, dass potenzielle Bewerber sich direkt an bereits bestehende Mitarbeiter wenden. Es existieren häufig Subkulturen im Unternehmen, die der übergeordneten Kultur nicht zuwiderlaufen und sogar förderlich sind. Dies kann einen Anreiz bieten. Wird dies nicht berücksichtigt, kann nicht nur der Interessent abgeschreckt, sondern auch die bestehenden Mitarbeiter verärgert werden.

Statistiken und Kennzahlen

Statistiken und Kennzahlen können dabei unterstützen, Alleinstellungsmerkmale eines Unternehmens hervorzuheben. Dabei dürfen keineswegs Widersprüche entstehen oder Zahlen verwendet werden, die weit in der Vergangenheit liegen oder gar künftig erhofft werden. Die Nutzung von Kennzahlen dient hierbei ausschließlich zur Verdeutlichung der besonderen Position des Unternehmens auf dem Markt.

Nutzen Sie die Betrachtung von außen!

Ein versierter HR-Manager muss über die Bewertungen Dritter und über die bestehenden Ansichten relevanter Gruppen hinsichtlich des eigenen Unternehmens bestens Bescheid wissen. Bekannte Plattformen hierbei sind etwa „kununu“ oder „glassdoor“. Für Bewerber von besonderer Bedeutung sind die „Leaver-Bewertungen“, also Daten, die von Personen erhoben wurden, die das Unternehmen bereits verlassen haben. Diese Kritik ist dringend ernst zu nehmen. Aktuell noch beschäftigte Mitarbeiter können zwar ebenfalls Bewertungen abgeben, allerdings werden diesen weniger Bedeutung zugemessen, da in diesem Zeitpunkt noch eine Abhängigkeit zum Unternehmen besteht. Widersprechen Angaben in der Ausschreibung wiederholt den vorliegenden Bewertungen? Es gilt zu vermeiden, ein falsches Bild des Unternehmens zu vermitteln.

Fringe Benefits: Was ist das? 

Mineralwasser, Kaffee oder andere Snacks zu erwähnen ist zwar nicht falsch, allerdings im Wesentlichen eine Selbstverständlichkeit, die keine Pluspunkte einfährt. Ist es beabsichtigt, eine besonders bedeutsame Stelle zu besetzen, ist dies sogar eher abträglich. Herausstechen wird in diesem Bereich nur etwas, das einen größeren Mehrwert augenscheinlicher macht als ein Cappuccino. Ein „echter“ Fringe Benefit wäre etwa das Angebot eines Firmenkindergartens oder ein Zuschuss zur externen Kinderbetreuung. Oder aber auch die Übernahme von Kosten, die den Bewerber ohnehin belasten, wie eine Jahreskarte für den öffentlichen Verkehr. Flexible Arbeitszeiten und/oder Homeoffice sind zwar sinnvoll anzuführen, da dies oft gewünscht oder gar gefordert wird, bildet jedoch kein Alleinstellungsmerkmal mehr. Vertrauensarbeitszeit stellt ein Modell dar, bei dem die termingerechte Erledigung vereinbarter Ziele im Vordergrund steht und der Arbeitnehmer keiner fixen Zeiteinteilung folgen muss. Dies zu erwähnen wäre eine Besonderheit, die die Entscheidung eines Kandidaten erheblich beeinflussen kann. Hinweise auf „Diversität“ und Ähnliches sind nicht zu empfehlen, da die Gleichbehandlung von Arbeitnehmern ohnehin erwartet wird und dies gleichzeitig als politische Aussage oder moralische Überhöhung wahrgenommen werden kann, was zumindest einen Teil der potenziellen Mitarbeiter abschrecken könnte.

Ähnliche Beiträge

  • Benefits statt Gehaltserhöhung – Die neue steuerfreie Mitarbeiterprämie 2024

    Zum Beitrag