24.09.2020 | Arbeitsrecht | ID: 1050542

Rechtzeitigkeit einer Entlassung

Andreas Gerhartl

Der OGH stellte klar, dass der Grundsatz der Unverzüglichkeit für die Beendigung des Arbeitsverhältnisses aus personenbezogenen Gründen auch im Falle einer Suspendierung des Arbeitnehmers gilt.

Unverzüglichkeitsgrundsatz

Eine Entlassung bzw Kündigung aus Gründen, die in der Person des Arbeitnehmers liegen (dienstliche Verfehlungen etc), muss unverzüglich ausgesprochen werden. Das bedeutet, dass sich der Arbeitgeber, sobald ihm der Sachverhalt bekannt ist, rasch entscheiden muss, ob er das Arbeitsverhältnis auflösen möchte oder nicht. Andernfalls (also bei zu langem Zuwarten) geht das Recht zur Geltendmachung des Auflösungsgrundes verloren.

Unverzüglichkeit bedeutet dabei „ohne schuldhaftes Zögern“. Der Arbeitgeber darf also etwa telefonisch einen rechtlichen Rat einholen, ohne dass das Recht zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses untergeht. Auch das Zuwarten bis zur vollständigen Aufklärung des Sachverhalts (etwa im Falle einander widersprechender Angaben) ist unschädlich. Geht es um strafrechtlich relevante Vorwürfe, die der Arbeitgeber selbst nicht aufklären kann, kann auch bis zum Vorliegen der Ergebnisse eines polizeilichen Ermittlungsverfahrens zugewartet werden.

Hat der Arbeitgeber aber in Kenntnis aller maßgeblichen Fakten bspw eine Ermahnung ausgesprochen, so kann dies nur so verstanden werden, dass er damit auf das Recht, den Arbeitnehmer wegen des betreffenden Verhalts zu entlassen oder zu kündigen, verzichtet (OGH 24.01.2019, 9 ObA 134/18y). Der Arbeitgeber ist daher nicht mehr berechtigt, diesen Sachverhalt später als Grund für die Auflösung des Arbeitsverhältnisses heranzuziehen.

Suspendierung des Arbeitnehmers

Diese Grundsätze gelten auch, wenn der Arbeitgeber anstelle einer Ermahnung eine Suspendierung (Dienstfreistellung) vornimmt. Im konkreten Fall wurde der Arbeitnehmer am 27.07.2016 wegen einer Datenmanipulation vom Dienst freigestellt. Erst am 04.07.2017 sprach der Arbeitgeber die Entlassung aus.

Der OGH führte aus, dass das Entlassungsrecht durch eine Suspendierung zwar nicht notwendigerweise untergeht, doch muss in diesem Fall für den Arbeitnehmer erkennbar sein, dass die Suspendierung bloß eine vorläufige Maßnahme (etwa bis zur vollständigen Klärung des Sachverhalts) ist und eine Entlassung daher noch infrage kommt (OGH 20.09.2000, 9 ObA 185/00x). Diese Voraussetzung war im vorliegenden Fall aber nicht erfüllt, da der Arbeitgeber nach dem festgestellten Sachverhalt spätestens Ende Mai 2017 in Kenntnis aller relevanten Umstände und Fakten war.

Der Arbeitgeber hatte somit mindestens mehr als einen Monat mit dem Ausspruch der Entlassung zugewartet. Somit erfolgte die Entlassung aber nicht mehr unverzüglich und das Entlassungsrecht war daher verfristet.

OGH 23.07.2019, 9 ObA 20/19

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