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14.03.2023 | Arbeitsrecht | ID: 1132845

Diskriminierung bei Stellenbesetzung – Parteizugehörigkeit als Weltanschauung?

Andreas Gerhartl

Die Weltanschauung zählt zu den diskriminierungsgeschützten Merkmalen. Ein Arbeitnehmer darf daher aufgrund seiner Weltanschauung (etwa bei Beförderungen oder beim sonstigen beruflichen Aufstieg) nicht benachteiligt werden.

Praktisch relevant ist dabei vor allem, ob die Zugehörigkeit zu einer politischen Partei eine Weltanschauung darstellt.

Politische Überzeugungen

Der VwGH vertritt die Auffassung, dass politische Überzeugungen, soweit sie sich nicht auf Einzelfragen beschränken, sondern systematischer Natur sind, Weltanschauungen sind. Diese Voraussetzung ist demnach bei Vorliegen einer Parteimitgliedschaft zu bejahen. Im konkreten Fall wurde die Zugehörigkeit zur sozialdemokratischen Gesinnungsgemeinschaft als weltanschauliche Positionierung qualifiziert (VwGH 15.05.2013, 2012/12/0013).

Parteimitgliedschaft

Der OGH geht dagegen davon aus, dass die Frage, ob die Mitgliedschaft zu einer politischen Partei für sich genommen unter den Begriff der Weltanschauung iSd gesetzlichen Diskriminierungsverbotes zu subsumieren ist, nicht allgemein gültig beantworten lässt. Die bloße politische Meinung über einzelne politische Fragen oder Aspekte stellt seiner Ansicht nach noch keine Weltanschauung dar.

Eine parteipolitische Zugehörigkeit bzw Mitgliedschaft kann aber Ausdruck einer Weltanschauung sein, wenn sie sich als Leitauffassung vom Leben und der Welt als einem Sinnganzen erweist, die zur komplexen Deutung des persönlichen und gemeinschaftlichen Standorts für das individuelle Lebensverständnis dient und von einer Mehrzahl von Personen hinreichend stabil vertreten wird (OGH 24.02.2009, 9 ObA 122/07t). Erforderlich ist dafür ein gewisser Grad an Verbindlichkeit, Ernsthaftigkeit und Bedeutung der Überzeugung.

Insgesamt betrachtet wird die Zugehörigkeit zu einer politischen Partei die Voraussetzungen für die Qualifikation auch nach Auffassung des OGH daher wohl zumindest dann erfüllen, wenn diese Partei seit zumindest einer Legislaturperiode in einem allgemeinen Vertretungskörper (Nationalrat, Landtag) vertreten ist. In diesem Fall wird auch das Erfordernis, dass die im jeweiligen Parteiprogramm verankerten Auffassungen und Ansichten von einer Mehrzahl von Personen hinreichend stabil vertreten wird, als gegeben angesehen werden müssen. Bei „Splittergruppen“ oder Klein(st)parteien wird dies dagegen zu verneinen sein.

Glaubhaftmachung

Um eine Diskriminierung (aufgrund der Weltanschauung) glaubhaft zu machen, genügt aber nicht die Zugehörigkeit zu einer politischen Partei. Bspw folgt aus der Tatsache, dass bei einer Stellenbesetzung nach Einholung eines externen Gutachtens letztendlich ein anderer Bewerber als das betreffende Parteimitglied berücksichtigt wurde, nicht zwingend, dass dieser Vorgangsweise eine Weltanschauung des nicht berücksichtigten Bewerbers zugrunde liegt. Es muss daher glaubhaft gemacht werden, dass der übergangene Bewerber aufgrund seiner Weltanschauung (Parteizugehörigkeit) nicht mit der gegenständlichen Stelle betraut wurde.

OGH 20.10.2022, 9 ObA 59/22x

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