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Urheberrechtsnovelle 2021 seit 1. Jänner 2022 in Kraft
In diesem Beitrag erhalten Sie einen Kurzüberblick über die wichtigsten Eckpunkte der Novelle. Große Online-Plattformen werden künftig stärker in die Pflicht genommen. Was bedeutet das im Detail?
Allgemeines
Die Richtlinie (EU) 2019/790 über das Urheberrecht und die verwandten Schutzrechte im digitalen Binnenmarkt soll das Europäische Urheberrecht modernisieren, um es für die Anforderungen des digitalen Binnenmarkts tauglich zu machen. Aus diesem Grund werden Ausnahmen und Beschränkungen an das digitale und grenzüberschreitende Umfeld angepasst. Sie soll zudem die Lizenzierungspraxis verbessern und einen breiteren Zugang zu Inhalten ermöglichen, sowie einen funktionsfähigen Markt für den Urheberrechtsschutz etablieren. Die Richtlinie (EU) 2019/789 mit Vorschriften für die Ausübung von Urheberrechten und verwandten Schutzrechten in Bezug auf bestimmte Online-Übertragungen und die Weiterverbreitung von Fernseh- und Hörfunkprogrammen soll die grenzüberschreitende Verfügbarkeit europäischer Hörfunk- und Rundfunksendungen verbessern. Sie enthält Lizenzierungserleichterungen im Online-Bereich durch Einführung des Ursprungslandprinzips, eine erweiterte Verwertungsgesellschaftenpflicht für die Weiterverbreitung von Sendungen und Regelungen zur Direkteinspeisung.
Beide Richtlinien sind in nationales Recht umzusetzen. Dies geschieht überwiegend durch Änderungen bzw Erweiterungen im Urheberrechtsgesetz, sowie durch die erweiterte kollektive Rechtewahrnehmung für vergriffene Werke und die allgemeine Regelung der erweiterten kollektiven Rechtewahrnehmung im Rahmen des Verwertungsgesellschaftengesetzes.
Die Änderungen sind großteils mit 1. Jänner 2022 in Kraft getreten.
Eckpunkte der Novelle
Neueinführung und Beschränkung freier Werknutzungen
Durch die UrhG-Novelle 2021 kommt es zur Einführung freier Werknutzungen zugunsten des Text- und Dataminings, zum Ausbau einer freien Werknutzung für digitale Nutzungen in Unterricht und Lehre und zur Stärkung der Sicherungsarchivierung über einen eigenen Tatbestand der Vervielfältigung zum eigenen Gebrauch von Kulturerbeeinrichtungen. Weiters kommt es zur Beschränkung des Schutzes gemeinfreier Werke der bildenden Kunst durch eine Einschränkung des verwandten Schutzrechts des Lichtbildherstellers sowie zur Erweiterung der freien Werknutzung für das Zitat um Nutzungen zum Zweck von Karikaturen, Parodien oder Pastiches auf Online-Plattformen. Durch sog „Pastiches“ sollen sich Nutzer kreativ ausdrücken und fremde Inhalte rechtssicher unter bestimmten Bedingungen verwenden dürfen, etwa für „Memes“.
Vergriffene Werke
Die Urheberrrechtsnovelle 2021 bietet Erleichterung der Nutzung vergriffener bzw nicht verfügbarer Werke durch Kulturerbeeinrichtungen mit Hilfe der erweiterten kollektiven Rechtewahrnehmung. Das Instrument der erweiterten kollektiven Rechtewahrnehmung wird auch über den Einsatz für vergriffene/nicht verfügbare Werke hinaus etabliert. Es kommt zudem zu einer Förderung der Verfügbarkeit audiovisueller Werke auf Video-on-Demand-Plattformen durch Vertragshilfe des Schlichtungsausschusses.
Urhebevertragsrecht und angemessene Vergütung
Es erfolgt durch die Novelle die Stärkung der Rechtsgrundlagen für die Verlegerbeteiligung an gesetzlichen Vergütungsansprüchen. Hinzu tritt die Umsetzung des EU-weit harmonisierten Urhebervertragsrechts durch Einführung eines Grundsatzes der angemessenen und verhältnismäßigen Vergütung und eines Vertragsanpassungsmechanismus bei unerwartetem Erfolg und Auskunftsansprüchen.
Mit der Urheberrechtsnovelle wurde ein Urhebervertragsrecht eingeführt, um die Position der Urheber zu verbessern. In erster Linie soll ihnen die Möglichkeit eingeräumt werden, langfristige Bindungen zu beenden: Hat ein Urheber etwa ein Werknutzungsrecht gegen pauschale Vergütung eingeräumt, so erhält er künftig nach Ablauf von 15 Jahren das Reicht, sein Werk anderweitig zur Verwertung zu bringen. Anstatt des eingeräumten Werknutzungsrechts tritt für die verbleibende Vertragsdauer lediglich eine Werknutzungsbewilligung. Kritik daran wird aufgrund der Einschränkung der Vertragsfreiheit geäußert. Es soll dem Urheber zudem eine angemessene und verhältnismäßige Vergütung zustehen. Sofern sich die vertraglich vereinbarte Vergütung zu einem späteren Zeitpunkt im Vergleich zu sämtlichen Einnahmen aus der Verwertung des Werks unzweideutig als unverhältnismäßig niedrig herausstellt, hat der Urheber einen Anspruch auf eine zusätzliche Vergütung. Es wurde eine Informationspflicht des Vertragspartners des Urhebers vorgesehen. Der Vertragspartner hat dem Urheber einmal pro Jahr über die Verwertung des Werks und die daraus erzielten Einnahmen am Laufenden zu halten.
Uploadfilter und große Online-Plattformen
Als große Online-Plattformen gelten dabei Anbieter eines auf Gewinn gerichteten Diensts der Informationsgesellschaft, die auf dem Markt für Online-Inhalte eine wichtige Rolle spielen und dessen Hauptzweck darin besteht, eine große Menge an von seinen Nutzern hochgeladenen Werken zu speichern und der Öffentlichkeit zur Verfügung zu stellen.
Große Online-Plattformen machen durch den Upload von urheberrechtlich geschützten Werken durch ihre Nutzer selbst Verwertungshandlungen und müssen folglich auch die Erlaubnis der Urheber einholen. Sie werden gegenüber den geschädigten Urhebern schadenersatzpflichtig, sofern sie nicht beweisen, dass
- sie im Rahmen des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit
jegliche Anstrengung unternommen haben, um die Erlaubnis des Urhebers einzuholen - alle Anstrengungen unternommen haben, um zu gewährleisten, dass urheberrechtlich geschützte Werke nicht unerlaubt zur Verfügung gestellt werden
- nach Erhalt einer hinreichend begründeten Aufforderung eines Rechteinhabers unverzüglich den Zugang zu unerlaubt zur Verfügung gestellten Werken sperren bzw diese Werke von der Online-Plattform entfernen UND
- den späteren erneuten Upload verhindern
Durch die oben genannte Verpflichtung darf jedoch nicht erwirkt werden, dass der Upload von Werken, bei denen kein Verstoß gegen das Urheberrecht vorliegt, verhindert wird und zwar auch dann, wenn die Nutzung des Werks im Rahmen einer freien Werknutzung zulässig ist. Nicht erlaubt ist hingegen (es bestehen Ausnahmeregelungen) die automationsunterstützte Sperrung von kleinen Ausschnitten von Werken. Der Nutzer hat die Möglichkeit, beim Upload darauf hinzuweisen, dass die Nutzung des Werks (unter Angabe des Grundes) erlaubt ist. Damit sollen die Meinungsfreiheit und die Ausnahmen und Beschränkungen des Urheberrechts vor „Overblocking“ geschützt werden. Kritiker sehen hierbei weiterhin das Grundrecht auf Meinungsfreiheit stark eingeschränkt oder gar abgeschafft.
Leistungsschutzrecht, Presseveröffentlichungen
Durch die Umsetzung der Richtlinien kommt es zur Einführung eines Leistungsschutzrechts der Hersteller von Presseveröffentlichungen. Hersteller von Presseveröffentlichungen werden durch die Urheberrechtsnovelle 2021 stärker geschützt. Wer als Dienstanbieter auf seine Initiative sowie unter seiner redaktionellen Verantwortung und Aufsicht eine Presseveröffentlichungen herstellt, hat das ausschließliche Recht, sie für die Online-Nutzung zu vervielfältigen und der Öffentlichkeit zur Verfügung zu stellen. Als Presseveröffentlichung gilt hierbei eine Sammlung vorwiegend literarischer Werke journalistischer Art, die als Einzelausgabe einer unter einem einheitlichen Titel periodisch erscheinenden oder regelmäßig aktualisierten Veröffentlichung erscheint und dem Zweck dient, die Öffentlichkeit über Nachrichten oder andere Themen zu informieren (zB Zeitungen). Das Verwertungsrecht an einer Presseveröffentlichung erlischt zwei Jahre nach der Veröffentlichung und kann nicht zum Nachteil eines Urhebers geltend gemacht werden, dessen Werk in eine Presseveröffentlichung eingebunden ist. Ein solcher Urheber hat daher weiterhin das Recht, sein Werk, unabhängig von der Presseveröffentlichung, zu verwerten. Dieses Schutzrecht umfasst nicht die private oder nicht-kommerzielle Nutzung durch einzelne Nutzer. Das Setzen von Hyperlinks zu Presseveröffentlichungen bleibt ebenfalls davon unberührt.
Sonstiges
Weiters erfolgt eine Stärkung der Verhandlungsposition des Urhebers bzw ausübenden Künstlers durch Einführung des Zweckübertragungsgrundsatzes, von Regelungen über Rechte an unbekannten Verwertungsarten und des Rechts zur anderweitigen Verwertung bei langer Vertragsdauer.
Die Novelle verfügt die Ausdehnung des Ursprungslandsprinzip auf bestimmte sendungsbegleitende Online-Dienste. Es besteht künftig eine Verwertungsgesellschaftenpflicht für alle Formen der Weitersendung. Zudem erschienen Regelungen hinsichtlich der „Direkteinspeisung“.
Es kam außerdem zur Aufhebung der Ausnahmen für die Übermittlung über bestimmte Empfangsanlagen vom Senderecht.