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20.09.2023 | Wohnrecht | ID: 1145601

Zum Energieausweis – Implikationen für Vermieter und Mieter und neue EU-Nachhaltigkeitsanforderungen

Carla Zimmermann-Gassner - Milka Milicic

Mag. Carla Zimmermann-Gassner, LL.B. und Mag. Milka Milicic erläutern, worauf bei der Vorlage des Energieausweises zu achten ist und welche Änderungen die neue EU-Gebäuderichtlinie mit sich bringen wird.

Die Vermietung eines Bestandobjektes setzt einen gültigen Energieausweis voraus. Die neue Gebäuderichtlinie, deren Entwurf am 14. März 2023 vom Europäischen Parlament angenommen wurde, erweitert im Sinne der europäischen Nachhaltigkeitsinitiative die Anforderungen an den Inhalt des Energieausweises auf Unionsebene. Dies wird in naher Zukunft eine Anpassung des österreichischen Energie-Ausweis-Vorlage-Gesetzes 2012 (im Folgenden „EAVG 2012“) notwendig machen.

Zur Vorlageverpflichtung des Energieausweises 

Mit dem EAVG 2012 wurde die Richtlinie 2010/31/EU über die Gesamtenergieeffizienz von Gebäuden umgesetzt. Das EAVG 2012 ist mit 1. Dezember 2012 in Kraft getreten und ist im Bestandrecht auf sämtliche In-Bestand-Gabe-Anzeigen und Bestandverträge, die ab diesem Zeitpunkt geschlossen wurden, anwendbar.

Der Energieausweis hat die Gesamtenergieeffizienz des betreffenden Gebäudes anzugeben. Die darin angegebenen Energiekennzahlen gelten unter Berücksichtigung der bei ihrer Ermittlung unvermeidbaren Bandbreiten als bedungene Eigenschaften. Ein Energieausweis hat eine Gültigkeitsdauer von 10 Jahren und muss dementsprechend regelmäßig erneuert werden. Der Vermieter hat dem Mieter bei der In-Bestand-Gabe einer Wohnung rechtzeitig vor der Vertragserklärung einen höchstens zehn Jahre alten Energieausweis über das Gebäude vorzulegen. Alternativ kann er dem Mieter auch das Original oder eine vollständige Kopie innerhalb von 14 Tagen nach Vertragsabschluss aushändigen.

Die Nichtvorlage oder die Vorlage eines ungültigen Energieausweises verschafft dem Vermieter keinerlei Vorteile gegenüber dem Mieter. Die dem Alter und der Art des Gebäudes entsprechende Gesamtenergieeffizienz gilt nämlich automatisch als vereinbart, wenn keine konkreten Energiekennzahlen vorliegen. Sowohl die Nichteinhaltung der Vorlagepflicht des Energieausweises als auch die Übergabe eines abgelaufenen Energieausweises können zur Verhängung einer Verwaltungsstrafe führen. Dieser Verstoß kann gem § 9 Abs 2 EAVG 2012 mit einer Strafe von bis zu EUR 1.450,– geahndet werden. Auch der Verwalter einer Liegenschaft hat mangels abweichender Vereinbarung dafür zu sorgen, dass für das von ihm verwaltete Haus ein gültiger Energieausweis vorliegt.

Handlungsmöglichkeiten des Mieters bei Nichtvorlage oder Vorlage eines ungültigen Energieausweises

Der Mieter hat grundsätzlich an der Vorlage des Energieausweises nicht nur ein Informationsinteresse, sondern benötigt diesen auch für den Fall der Untervermietung seines Bestandsobjektes. Bei einem Verstoß gegen die Vorlageverpflichtung hat der Mieter den Vermieter zur Aushändigung aufzufordern. Kommt der Vermieter dieser Aufforderung nicht nach, hat der Mieter gem § 7 Abs 2 EAVG 2012 zwei Möglichkeiten zur Durchsetzung seiner Rechte.

Einerseits kann er die Aushändigung des Energieausweises im Klagsweg geltend machen. Andererseits besteht die Möglichkeit, dass der Mieter die Erstellung des Energieausweises selbst beauftragt und die Kosten gegenüber dem Vermieter im Nachhinein gerichtlich geltend macht. Es besteht grundsätzlich Wahlfreiheit zwischen den beiden Handlungsalternativen für den Mieter.

Änderungen durch die neue Gebäuderichtlinie der Europäischen Union

Auf Ebene der europäischen Union wurde am 14. März 2023 der Entwurf zur Überarbeitung der EU-Gebäuderichtlinie durch das Europäische Parlament angenommen, der auch neue Vorschriften für Energieausweise mit sich bringt. Die neue Gebäuderichtlinie soll dazu beitragen, dass der Immobiliensektor das europäische Ziel des Nullemissionsstandards des gesamten Gebäudebestandes bis zum Jahr 2050 umsetzen kann.

Eine wesentliche Neuerung der Bestimmungen zum Energieausweis wird sein, dass die Klassifizierung nun nicht mehr nach absoluten, sondern ab 2025 nach relativen Kriterien erfolgen soll. Die Einordnung basiert dann auf einer prozentuellen Einteilung aller Gebäude in Österreich in Energieklassen. Als Beispiel ist zu nennen, dass Klasse G den hinsichtlich der Gesamtenergieeffizienz schlechtesten 15 % der nationalen Gebäude entsprechen soll. Kategorie A soll hingegen nur erlangt werden, wenn es sich um ein „Nullemissionsgebäude“ handelt.

Der Entwurf der neuen Gebäuderichtlinie wird nunmehr verhandelt und könnte bis zu einer endgültigen Beschlussfassung noch einige Änderungen erfahren. Die genaue Umsetzung der neuen Richtlinie in nationales Recht bleibt ebenfalls abzuwarten. Jedenfalls stellen die geplanten Vorgaben eine Herausforderung für Österreich dar, da aktuell keine umfangreichen Informationen zum österreichweiten Gebäudebestand vorliegen.

Fazit

Vermieter müssen bei der Vermietung ihrer Wohnungen darauf achten, dass ihnen ein gültiger Energieausweis vorliegt. Falls der Vermieter seine Pflichten zur Aushändigung des Energieausweises an den Mieter nicht wahrnimmt, hat der Mieter verschiedene Möglichkeiten, um einen Energieausweis über das Gebäude zu erlangen. In Zukunft werden bei der Ausgestaltung der Energieausweise die Neuerungen durch die neue Gebäuderichtlinie der Europäischen Union beachtet werden müssen. Inwiefern die Implikationen durch die Richtlinie eine Änderung des EAVG 2012 und der österreichischen Gebäudeverwaltung notwendig machen, wird sich nach der Beschlussfassung sowie dem Ablauf der Umsetzungsfrist zeigen.

Autorinnen

Mag. Milka Milicic und Mag. Carla Zimmermann-Gassner, LL.B. sind Rechtsanwältinnen bei GIBEL ZIRM Rechtsanwälte in Wien und Autorinnen von zahlreichen Publikationen. Sie betreuen nationale und internationale Mandate in allen Bereichen des Unternehmens- und Wirtschaftsrechtes.

Link auf die Kanzlei: https://www.gibelzirm.com/de

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