Dokument-ID: 432591

WEKA (bli) | News | 16.07.2012

Entgelt für Fahrzeit zwischen zwei Dienstorten?

Der OGH setzte sich kürzlich mit der Frage auseinander, ob die Fahrzeit zwischen zwei Dienstorten zur Arbeitszeit zählt und somit zu entlohnen ist oder nicht.

Sachverhalt

Im vorliegenden Fall war die Klägerin bei der Beklagten als Raumpflegerin beschäftigt. Sie musste im Zuge ihrer Tätigkeit an zwei Standorten Reinigungsarbeiten verrichten, wobei sie mit den öffentlichen Verkehrsmitteln von Objekt 1 zu Objekt 2 fahren musste.

Entgelt für Fahrzeit zwischen den Objekten?

Der OGH beschäftigte sich nun mit der Frage, ob die Fahrzeit von Objekt 1 zu Objekt 2 zur Arbeitszeit zu zählen sei und somit der Arbeitnehmerin ein Entgelt zusteht oder nicht. Das Berufungsgericht hatte dies verneint, der OGH ist jedoch anderer Meinung, und zwar aus folgenden Gründen:

  • Gehört die Reisetätigkeit zum ständigen Aufgabenkreis des Arbeitnehmers, dann ist sie als Teil der vertraglich geschuldeten Arbeitsleistung und damit als Arbeitszeit im engeren Sinn zu werten.
  • Ist die Wegzeit zwischen zwei Arbeitsorten so knapp bemessen, dass dem Arbeitnehmer keinerlei freie Gestaltungsmöglichkeit bleibt, liegt Arbeitszeit vor.

Im vorliegenden Fall war sowohl Ort und Dauer des Aufenthalts der Klägerin bei den Objekten als auch die Dauer der Fahrzeit zu den Objekten exakt vorgegeben. Da die Fahrzeit mit einer halben Stunde von der Beklagten zu knapp bemessen war – die Klägerin benötigte in der Regel mit den öffentlichen Verkehrsmitteln eine dreiviertel Stunde – ist diese als Arbeitszeit zu berechnen. Die Beginnzeit der Reinigungstätigkeit beim zweiten Objekt war von der Beklagten so knapp kalkuliert, dass sie praktisch kaum eingehalten werden konnte und hierbei bei der Wegzeit in keinster Weise von Freizeit der Klägerin gesprochen werden kann.

Aufgrund dessen ist die Fahrzeit als Arbeitszeit zu entlohnen.

OGH vom 30.04.2012, 9 ObA 47/11v