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Dokument-ID: 585408

WEKA (red) - Cornelia Perzinger | Praxiswissen | Fachbeitrag

Pflegekarenz und Pflegeteilzeit

Rechtliche Grundlagen

§ 14c AVRAG

Pflegekarenz

§ 14d AVRAG

Pflegeteilzeit

Allgemeine Voraussetzungen

Voraussetzungen für die Vereinbarung einer Pflegekarenz bzw Pflegeteilzeit sind:

  • Arbeitsverhältnis muss ununterbrochen drei Monate gedauert haben
  • Schriftliche Vereinbarung zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer
  • Pflege und/oder Betreuung von nahen Angehörigen, denen zum Zeitpunkt des Antritts der Pflegekarenz Pflegegeld ab der Pflegestufe 3 nach § 5 BPGG mit Bescheid zuerkannt wurde
  • Bei Pflege und/oder Betreuung von nachweislich demenziell erkrankten oder minderjährigen nahen Angehörigen genügt die Zuerkennung von Pflegegeld der Stufe 1
  • Die Pflegekarenz kann nicht für Zeiten eines Beschäftigungsverbots nach dem MSchG, einer Elternkarenz oder eines Präsenz- bzw Zivildienstes vereinbart werden
  • Dauer der Pflegekarenz bzw -teilzeit: mindestens ein Monat, maximal drei Monate

Auch Arbeitnehmer in einem befristeten Arbeitsverhältnis in einem Saisonbetrieb können Pflegekarenz bzw -teilzeit in Anspruch nehmen, sofern das befristete Arbeitsverhältnis ununterbrochen zwei Monate gedauert hat und jeweils vor dem Antritt einer Pflegekarenz bzw -teilzeit eine Beschäftigung zum selben Arbeitgeber im Ausmaß von mindestens drei Monaten vorliegt. Zeiten von befristeten Arbeitsverhältnissen zum selben Arbeitgeber, die innerhalb eines Zeitraumes von vier Jahren vor Antritt der jeweiligen Pflegekarenz liegen, sind hinsichtlich des Erfordernisses der Mindestbeschäftigungsdauer zusammenzurechnen.

Rechtsanspruch auf Pflegekarenz bzw Pflegeteilzeit

Für Dienstnehmer in Betrieben mit mehr als fünf Beschäftigten besteht ein Rechtsanspruch auf Pflegeteilzeit bzw Pflegekarenz von max vier Wochen.

Der Rechtsanspruch auf den einseitigen Antritt von Pflegeteilzeit bzw Pflegekarenz besteht zunächst für zwei Wochen. Dabei müssen zusätzlich folgende Voraussetzungen erfüllt sein:

  • Inanspruchnahme und Zeitpunkt der Pflegeteilzeit bzw Pflegekarenz sind dem Arbeitgeber vorab mitzuteilen.
  • Bei Antritt der Pflegeteilzeit bzw Pflegekarenz müssen mehr als fünf Arbeitnehmer beschäftigt sein.
  • Eine Bescheinigung der Pflegebedürftigkeit des Angehörigen innerhalb einer Woche, falls vom Dienstgeber verlangt.

Musterformulierung: Ankündigung der Inanspruchnahme einer Pflegeteilzeit

Termin- und fristgerecht gebe ich bekannt, dass ich ab … [Datum] Pflegeteilzeit zur Betreuung … [Verwandtschaftsverhältnis anführen] im Ausmaß von … [Dauer; maximal zwei Wochen] in Anspruch nehmen möchte. Ich bestätige, dass die zu pflegende Person zum Zeitpunkt des geplanten Antritts der Pflegeteilzeit Anspruch auf Pflegegeld der Stufe … [mindestens Pflegestufe 3] hat. Die vereinbarte wöchentliche Normalarbeitszeit soll von bisher … Stunden auf … Stunden reduziert werden.

Im Fall eines längeren Pflege- bzw Betreuungsbedarfs besteht die Möglichkeit, eine Vereinbarung über eine Pflegeteilzeit bzw -karenz von max drei Monaten zu treffen. Kommt es zwischen Dienstgeber und Dienstnehmer in den ersten beiden Wochen zu keiner Einigung über eine Verlängerung, besteht ein Rechtsanspruch auf Pflegeteilzeit bzw -karenz für weitere zwei Wochen.

Musterformulierung: Bestätigung des Dienstgebers über die Inanspruchnahme einer Pflegeteilzeit

Wir haben Ihre Meldung über die Inanspruchnahme einer Pflegeteilzeit im Ausmaß von … Wochen erhalten und bestätigen, dass die Pflegeteilzeit mit … [Datum] beginnt.

Die vereinbarte wöchentliche Normalarbeitszeit wird von bisher … Stunden auf … Stunden reduziert. Die wöchentliche Normalarbeitszeit ist von Montag bis Freitag zwischen … und … Uhr zu erbringen.

Das monatliche Bruttogehalt beträgt entsprechend der herabgesetzten Normalarbeitszeit EUR … [Betrag]. Die Höhe der Sonderzahlungen wird im Jahr der Änderung mittels einer Mischberechnung ermittelt.

Der jährliche Urlaubsanspruch wird aliquotiert und beträgt – entsprechend dem Ausmaß der Anzahl der wöchentlichen Arbeitstage – … [Anzahl der Arbeitstage] Arbeitstage.

Nach Ablauf dieser befristeten Vereinbarung erhöht sich die wöchentliche Normalarbeitszeit wieder auf jenes Ausmaß, das vor Inkrafttreten der Vereinbarung über Pflegeteilzeit vereinbart war. Die übrigen Bestimmungen des Dienstvertrages gelten unverändert weiter.

Wir ersuchen Sie freundlich, unverzüglich eine entsprechende Bescheinigung vorzulegen, aus der der Pflegebedarf der zu pflegenden Person hervorgeht und uns das Angehörigenverhältnis in geeigneter Form nachzuweisen.

Für Betriebe mit weniger als fünf Dienstnehmern besteht kein Rechtsanspruch auf Pflegeteilzeit bzw -karenz. Ein Rechtsanspruch kann nur durch Abschluss einer Betriebsvereinbarung vereinbart werden.

Begründungspflicht bei Ablehnung

Der Dienstgeber muss eine sachliche und schriftliche Begründung abgeben, wenn der Dienstnehmer einen Antrag auf Pflegekarenz oder Pflegeteilzeit stellt (§ 14c und § 14d AVRAG) und der Dienstgeber diesen Antrag ablehnt oder aufschiebt. Es sind allerdings keine Sanktionen vorgesehen, wenn die Ablehnung ohne eine schriftliche Begründung durch den Dienstgeber erfolgt ist.

Angehörige

Angehörige sind:

  • Ehegatten und deren Kinder
  • Eltern, Adoptiv- und Pflegeeltern
  • Großeltern
  • Kinder, Enkelkinder, Stiefkinder, Adoptiv- und Pflegekinder
  • Die Lebensgefährten und deren Kinder
  • Eingetragene Partner und deren Kinder
  • Geschwister, Schwiegereltern und Schwiegerkinder

Hinweis:

Eine Gesetzesänderung sieht vor, dass der für die Freistellung zur Pflege naher Angehöriger erforderliche Tatbestandsmerkmal des gemeinsamen Haushalts entfällt. Darüber hinaus sind in den Kreis der erkrankten Personen, für die eine Pflegefreistellung zusteht, auch jene aufzunehmen, die mit dem Arbeitnehmer im gemeinsamen Haushalt leben – unabhängig davon, ob sie nahe Angehörige handelt.

Schriftliche Vereinbarung

Die schriftliche Vereinbarung muss folgende Punkte enthalten:

  • Beginn und Dauer (bei Pflegekarenz und Pflegeteilzeit)
  • Ausmaß und Lage der Teilzeitbeschäftigung (nur bei Pflegeteilzeit)

Bei der Pflegeteilzeit darf die herabgesetzte wöchentliche Normalarbeitszeit nicht unter zehn Stunden liegen. Dabei ist jedoch zu berücksichtigen, dass Vereinbarungen, die Änderungen im Ausmaß der Pflegeteilzeit vorsehen, unzulässig sind. Somit ist weder die Vereinbarung eines zeitlichen Stufenplans für die Ausübung der Pflegeteilzeit (zB Herabsetzung der Arbeitszeit um 20 Stunden für den ersten Monat und Herabsetzung um 10 Stunden für den zweiten Monat in der ursprünglichen Vereinbarung), noch eine nachträgliche Änderung des Ausmaßes der ursprünglich vereinbarten Pflegeteilzeit zulässig.

Bei der Vereinbarung über die Pflegekarenz ist auf die Interessen des Arbeitnehmers und auf die Erfordernisse des Betriebes Rücksicht zu nehmen. In Betrieben mit Betriebsrat ist dieser auf Verlangen des Arbeitnehmers den Verhandlungen beizuziehen.

Mehrmalige Pflegekarenz und -teilzeit

Grundsätzlich kann Pflegekarenz und -teilzeit im Arbeitsverhältnis für ein und dieselbe zu pflegende/betreuende Person nur einmal vereinbart werden. Nur im Fall einer wesentlichen Verschlechterung des Gesundheitszustandes der zu pflegenden/betreuenden Person ist einmalig eine neuerliche Vereinbarung zulässig. Die Vereinbarung erfordert die Erhöhung des Pflegegeldes um mindestens eine Stufe, die spätestens zum Antritt der neuerlichen Pflegekarenz bzw -teilzeit durch Bescheid zuerkannt sein muss.

Für eine zu pflegende/betreuende Person können auch mehrere Arbeitnehmer jeweils eine Pflegekarenz bzw -teilzeit vereinbaren. So können zB zwei Geschwister für denselben Elternteil für unterschiedliche Zeiträume jeweils eine Pflegekarenz bzw -teilzeit in der Dauer von drei Monaten, also insgesamt für sechs Monate, vereinbaren und die im BPGG festgelegte Höchstdauer des Bezugs von Pflegekarenzgeld (= 6 Monate) ausschöpfen.

Besonderheiten

Pflegekarenz

Zeiten der Pflegekarenz bei Rechtsansprüchen, die sich nach der Dauer der Dienstzeit richten (zB Kündigungsfrist), bleiben außer Betracht. Auch kommt es zu einer Aliquotierung sonstiger Bezüge (zB Sonderzahlungen) und des nicht verbrauchten Urlaubs.

Pflegeteilzeit

Bei der Pflegeteilzeit gebühren dem Arbeitnehmer die sonstigen Bezüge (zB Sonderzahlungen) in dem der Vollzeit- und Teilzeitbeschäftigung entsprechenden Ausmaß im Kalenderjahr. Einer eigenen Regelung betreffend den Urlaubsanspruch bedarf es nicht, weil sich das bei einer Teilzeitbeschäftigung zustehende Urlaubsausmaß schon nach den allgemeinen urlaubsrechtlichen Bestimmungen ergibt.

Vorzeitige Rückkehr aus Pflegekarenz bzw -teilzeit

Der Arbeitnehmer hat Anspruch auf vorzeitige Rückkehr zur ursprünglichen Normalarbeitszeit frühestens zwei Wochen nach

  • Aufnahme des Angehörigen in stationäre Pflege oder Betreuung in Pflegeheimen und ähnlichen Einrichtungen,
  • einer nicht nur vorübergehenden Übernahme der Pflege oder Betreuung durch eine andere Betreuungsperson sowie
  • Tod des Angehörigen.

Beendigung des Arbeitsverhältnisses

Eine Kündigung, die wegen einer beabsichtigten oder tatsächlich in Anspruch genommenen Pflegekarenz bzw Pflegeteilzeit erfolgt, kann vom Arbeitnehmer bei Gericht angefochten werden (Motivkündigungsschutz). Verzichtet der Arbeitnehmer auf die Anfechtung, steht ihm bis zum Ende der Kündigungsfrist eine Kündigungsentschädigung unter Zugrundelegung des Entgelts der ursprünglichen Normalarbeitszeit zu.

Kündigt der Dienstgeber den Dienstnehmer iZm diesen Maßnahmen (Pflegekarenz, Pflegeteilzeit), kann der Dienstnehmer vom Dienstgeber innerhalb von 5 Tagen ab Erhalt der Dienstgeberkündigung eine schriftliche Begründung der Kündigung verlangen. Der Dienstgeber hat die (schriftliche) Begründung der Kündigung binnen 5 Tagen ab dem Verlangen des Dienstnehmers auszustellen. Ohne einer schriftlichen Kündigungsbegründung ist die Kündigung dennoch rechtswirksam.

Wird das Arbeitsverhältnis während der Pflegekarenz oder -teilzeit beendet, so ist für die Berechnung der Abfertigung alt, der Abfertigung nach dem BUAG sowie der Urlaubsersatzleistung als Bemessungsgrundlage das für den letzten Monat vor Antritt der Pflegekarenz bzw -teilzeit gebührende Entgelt heranzuziehen.

Sozialversicherung

Meldungen

Folgende Meldungen sind bei Inanspruchnahme einer Pflegeteilzeit bzw -karenz zu erstatten:

Pflegekarenz

Anmeldung zur Pflegekarenz gegen Entfall des Entgeltes durch den Dienstgeber

Pflegeteilzeit

Reduziertes Entgelt über Geringfügigkeitsgrenze

Reduziertes Entgelt unter Geringfügigkeitsgrenze

Beitragsvorschreibung

  • mBGM
  • Anmeldung zur Pflegeteilzeit
  • mBGM bezüglich Tarifgruppe
  • mBGM

Selbstabrechner

  • Keine Meldung durch Dienstgeber notwendig
  • Abrechnung der anfallenden Beiträge in der mBGM
  • Anmeldung zur Pflegeteilzeit
  • mBGM bezüglich Tarifgruppe
  • Abrechnung der anfallenden Beiträge in der mBGM

Beitragswesen

Pflegekarenz: Bei Inanspruchnahme einer Pflegekarenz sind weder SV-Beiträge noch BV-Beiträge zu entrichten.

Pflegeteilzeit: Bei Inanspruchnahme einer Pflegeteilzeit gilt es zu unterscheiden, ob das reduzierte Entgelt über oder unter der Geringfügigkeitsgrenze liegt.

 

 

Reduziertes Entgelt über Geringfügigkeitsgrenze

Reduziertes Entgelt unter Geringfügigkeitsgrenze

Versicherung

Vollversicherung

Teilversicherung

SV-Beiträge

Basis = vermindertes Arbeitsentgelt

Nur UV-Beitrag auf Basis vermindertes Arbeitsentgelt

BV-Beitrag

Basis = monatliches Entgelt vor Herabsetzung der Arbeitszeit

Basis = monatliches Entgelt vor Herabsetzung der Arbeitszeit

AlV-Beitrag

AlV-Beitragsbefreiung für Niedrigverdiener beachten

Exkurs: Arbeitslosenversicherungsbeitrag

Der Arbeitslosenversicherungsbeitrag beträgt grundsätzlich 5,9 % (bis 31.12.2023: 6 %), die Dienstgeber bzw Dienstnehmer zu je 50 % zu leisten haben.

Für das Kalenderjahr 2024 betragen die auf den Dienstnehmer entfallenden Beitragssätze bei geringem Einkommen jedoch:

Grenzwert 2024

Höhe AlV-Beitrag

Bis EUR 1.951,00

Beitragsfrei

EUR 1.951,01 bis EUR 2.128,00

1 %

EUR 2.128,01 bis EUR 2.306,00

2 %

Ab EUR 2.306,01

2,95 %

Der Dienstgeberanteil hingegen beträgt immer 2,95 %.

Pflegekarenzgeld

Während einer Pflegeteilzeit bzw -karenz hat der Arbeitnehmer Anspruch auf Pflegekarenzgeld. Das Pflegekarenzgeld gebührt in Höhe des Arbeitslosengeldes zuzüglich allfälliger Kinderzuschläge, mindestens jedoch in Höhe der monatlichen Geringfügigkeitsgrenze. Wird eine vollversicherungspflichtige Tätigkeit karenziert, besteht der ursprüngliche Schutz in der KV und PV weiter. Die SV-Beiträge bzw die BV-Beiträge werden auf Basis fiktiver Beitragsgrundlagen vom Bund getragen.

Im Falle einer Pflegeteilzeit gebührt das Pflegekarenzgeld aliquot.