Dokument-ID: 919383

Judikatur | Entscheidung

1 Ob 50/17k; OGH; 29. März 2017

GZ: 1 Ob 50/17k | Gericht: OGH vom 29.03.2017

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Hofrat Univ.-Prof. Dr. Bydlinski als Vorsitzenden sowie die Hofrätinnen und Hofräte Mag. Wurzer, Mag. Dr. Wurdinger, Dr. Hofer-Zeni-Rennhofer und Mag. Korn als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei M***** P*****, vertreten durch Mag. Johannes Kaltenegger, Rechtsanwalt in Frohnleiten, gegen die beklagten Parteien 1. K***** H*****, und 2. E***** S*****, vertreten durch Mag. Michael Medwed und Mag. Johann Sparowitz, Rechtsanwälte in Graz, wegen EUR 2.250,– und Räumung, über die außerordentliche Revision der beklagten Parteien gegen das Urteil des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Graz, vom 18. Jänner 2017, GZ 7 R 103/16t-42, mit dem das Teilurteil des Bezirksgerichts Deutschlandsberg vom 3. August 2016, GZ 18 C 38/14m-36, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

Begründung:

Rechtliche Beurteilung

1. Das Ausmaß einer Mietzinsminderung gemäß § 1096 ABGB hängt stets von den konkreten Umständen des Einzelfalls ab (RIS-Justiz RS0021324 [T3]), weshalb seine Beurteilung regelmäßig keine Rechtsfrage von erheblicher Bedeutung aufwirft (jüngst 1 Ob 224/15w). Dass dem Berufungsgericht eine korrekturbedürftige Fehlbeurteilung bei der Bemessung der Mietzinsminderung unterlaufen wäre, vermögen die Revisionswerber nicht aufzuzeigen.

2. Im Zusammenhang mit dem vom klagenden Vermieter nachträglich (und vertragswidrig) ausgesprochenen Verbot des Einbaus eines weiteren Heizkessels setzen sich die Revisionswerber lediglich mit der Hilfsbegründung des Berufungsgerichts auseinander, das angenommen hatte, das vertragswidrige Verbot hindere die Beklagten nicht an dem vertraglich gestatteten Einbau eines Heizsystems mit dem Brennstoff Holz.

In erster Linie hat das Berufungsgericht aber argumentiert, es könne von einer Störung des bedungenen Gebrauchs iSd § 1096 ABGB nicht ausgegangen werden. Auf die Frage, warum eine ins Gewicht fallende Beeinträchtigung vorliegen sollte (vgl dazu etwa 6 Ob 38/11y) obwohl das Haus doch über eine ausreichende Wärmeversorgungsanlage verfügt, gehen die Revisionswerber inhaltlich nicht ein.

3. Für die Beeinträchtigung des Bestandobjekts durch die (vertragswidrig) nicht isolierten Heizungsrohre hat das Berufungsgericht einen monatlichen Abzug von EUR 75,– während der Heizperiode zugestanden und dabei einerseits auf eine von den Beklagten vorgelegte Urkunde und andererseits auf die Vorschrift des (richtig) § 273 Abs 1 ZPO verwiesen. Wenn sich die Revisionswerber nun mit dem Inhalt dieser Urkunde auseinandersetzen und dem Berufungsgericht vorwerfen, es habe diese falsch interpretiert, machen sie in der Sache eine unrichtige Beweiswürdigung geltend, die jedoch keinen Revisionsgrund darstellt. Die Gewichtung des Mangels unter Anwendung des § 273 ZPO entzieht sich als typische Frage des Einzelfalls regelmäßig einer Qualifikation als erhebliche Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO.

4. Zu den von den Revisionswerbern weiters monierten Geräuschen durch die rund zwei Kilometer entfernte Bahnlinie hat das Berufungsgericht ausgeführt, eine Eisenbahnlinie sei „geradezu ein offenkundiges Merkmal“, sodass selbst im Fall der Zusage einer „ruhigen Lage“ davon keinesfalls umfasst sein könne, dass von dieser Eisenbahn kein Lärm ausgeht. Damit meinte das Berufungsgericht erkennbar, dass die Zusage einer „ruhigen Lage“ nicht auch die Freiheit von Eisenbahnlärm beinhalte, wenn sich die Eisenbahntrasse in der genannten Entfernung vom Mietobjekt befindet. Dass ihnen diese Bahnlinie bei Vertragsschluss nicht bekannt gewesen wäre, behaupten die Revisionswerber selbst nicht. Unter diesen Umständen kann dem Berufungsgericht keine korrekturbedürftige Fehlbeurteilung vorgeworfen werden, wenn es im Rahmen der Vertragsauslegung davon ausgegangen ist, dass selbst bei Zusage einer (sonst) „ruhigen Lage“ mit einer bestimmten Geräuschentwicklung gerechnet werden muss.

5. Einer weiteren Begründung bedarf es nicht (§ 510 Abs 3 ZPO).

Leitsätze

  • Zur Mietzinsminderung bei Belästigung durch Bahnlärm trotz vorheriger Zusage einer ruhigen Lage

    Für eine Mietzinsminderung nach dem ABGB müssen immer die Umstände des Einzelfalls abgewogen werden und ob der vertraglich vereinbarte Gebrauch dessen nicht möglich ist. Wurde eine ruhige Lage vertraglich versprochen, muss jedoch auch mit einer gewissen Geräuschentwicklung gerechnet werden. Vor allem wenn eine dem Mieter vor Vertragsabschluss bekannte Bahnlinie in 2 km Entfernung verläuft. Bei einem solchen Umstand handelt es sich um ein offenkundiges Merkmal.
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