Dokument-ID: 1023128

Judikatur | Entscheidung

10 Ob 7/19f; OGH; 22. Jänner 2019

GZ: 10 Ob 7/19f | Gericht: OGH vom 22.01.2019

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Vizepräsidenten Univ.-Prof. Dr. Neumayr als Vorsitzenden sowie die Hofrätinnen Dr. Fichtenau und Dr. Grohmann, den Hofrat Mag. Ziegelbauer und die Hofrätin Dr. Faber als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Parteien 1. DI H*****, 2. J*****, Vereinigtes Königreich, und 3. Dr. K*****, alle vertreten durch Mag. Andreas Kleiber, Rechtsanwalt in Wien, gegen die beklagte Partei Z***** Gesellschaft m.b.H., *****, vertreten durch Dr. Manfred C. Müllauer, Rechtsanwalt in Wien, und ihre Nebenintervenientin J***** GmbH, *****, vertreten durch Mag. Robert Baum, Rechtsanwalt in Wien, wegen Aufkündigung, über die außerordentliche Revision der klagenden Parteien gegen das Urteil des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien als Berufungsgericht vom 14. November 2018,
GZ 38 R 229/18k-84, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

Begründung

Rechtliche Beurteilung

1. Der Vermieter und die Mieter müssen nach der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs die von einem mit Zustimmung des Vermieters im Bestandobjekt geführten Unternehmen ausgehenden Belästigungen, die mit dem Betrieb dieses Gewerbes notwendig und üblicherweise verbunden sind und mit denen bei der Vermietung zu rechnen war, in Kauf nehmen. Der Kündigungsgrund des § 30 Abs 2 Z 3 zweiter Fall MRG liegt nur dann vor, wenn die Belästigungen das bei Betrieben dieser Art übliche und unvermeidliche Ausmaß überschreiten (RIS-Justiz RS0108108; RS0068002). Bei der Beurteilung dieses Ausmaßes sind die im Haus und dessen Umgebung üblichen Verhältnisse zu berücksichtigen (RIS-Justiz RS0108108 [T1]).

2. Für die Berechtigung der Aufkündigung ist wesentlich, ob der Tatbestand zur Zeit der Aufkündigung erfüllt war. Die Einstellung des dem Mieter vorgeworfenen Verhaltens nach Zustellung der Aufkündigung kann jedoch im Einzelfall bei der Beurteilung, ob das Gesamtverhalten des Mieters die Aufkündigung rechtfertigt, berücksichtigt werden (RIS-Justiz RS0070378).

3. Die Beurteilung des Berufungsgerichts, das den Kündigungsgrund des § 30 Abs 2 Z 3 zweiter Fall MRG verneinte, hält sich im Rahmen dieser Rechtsprechung. Der Betreiber des im Bestandobjekt geführten Pubs bemühte sich (großteils schon vor der Aufkündigung), von Mietern auf Lärm- und Geruchsbelästigungen angesprochen, diese Beeinträchtigungen zu beseitigen oder zumindest auf ein erträgliches Maß zu reduzieren. Er stellte besonders laute Veranstaltungen ein, ließ eine Schallschutzdecke einbauen, verhielt Gäste zu ruhigem Verhalten und sorgte, von einer Mieterin nach der Kündigung darauf angesprochen, rasch für die Verriegelung eines Fensters, aus dem – bei Öffnung im Sommer 2012 – Küchengerüche in den Hof gedrungen waren. Bei Beurteilung der trotz dieser Maßnahmen verbliebenen Lärmbelästigungen, insbesondere durch sich vor dem Lokal laut verhaltende Gäste, berücksichtigte das Berufungsgericht die Lage des Lokals in einem viel frequentierten Trend- und Ausgehviertel, in dem sich in unmittelbarer Nähe mehrere Nachtlokale befinden.

Leitsätze

  • Kündigungsgrund wegen unleidlichen Verhaltens bei Lärmbelästigung durch ein Pub in einem Ausgehviertel?

    Belästigungen, die von einem im Bestandobjekt geführten Unternehmen ausgehen – in casu Pub in einem Ausgehviertel –, die mit dem Betrieb dieses Gewerbes notwendig und üblicherweise verbunden sind und die bei der Vermietung zu erwarten waren, sind von Vermieter und Mieter zu dulden. Lediglich dann, wenn die Belästigungen das übliche und unvermeidliche Ausmaß überschreiten, liegt der Kündigungsgrund des § 30 Abs 2 Z 3 zweiter Fall MRG vor.
    Eva-Maria Hintringer | Judikatur | Leitsatz | 10 Ob 7/19f | OGH vom 22.01.2019 | Dokument-ID: 1023036