Dokument-ID: 884040

Judikatur | Entscheidung

4 Ob 205/16z; OGH; 25. Oktober 2016

GZ: 4 Ob 205/16z | Gericht: OGH vom 25.10.2016

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Dr. Vogel als Vorsitzenden und die Hofräte Dr. Jensik, Dr. Musger, Dr. Schwarzenbacher und Dr. Rassi als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei T***** GmbH ***** vertreten durch Dr. Ernst W. Ortenburger, LL.M., Rechtsanwalt in Wien, gegen die beklagten Parteien 1. G***** GmbH, *****, vertreten durch Dr. Markus Bachmann, Rechtsanwalt in Wien, und 2. S***** H*****, vertreten durch Siemer – Siegl – Füreder & Partner, Rechtsanwälte in Wien, wegen EUR 1.260.000,– sA, über die außerordentliche Revision der zweitbeklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht vom 29. Juli 2016, GZ 4 R 10/16v-41, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die außerordentliche Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

Der Zweitbeklagte interessierte sich in den Jahren 2010 und 2011 bei der klagenden Immobilienmaklergesellschaft für den Erwerb einer Luxusimmobilie in Wien. Damals lebte er noch im Ausland. Der Großteil der Kommunikation zwischen der klagenden Partei und dem Zweitbeklagten wurde deshalb über eine Bekannte des Zweitbeklagten geführt, die auch iSd § 30b KSchG aufgeklärt wurde und immer wieder mit dem Zweitbeklagten Rücksprache hielt. Bei mehreren Besichtigungen von Immobilien (Palais, Luxusvillen) kam es auch zu persönlichen Kontakten zwischen dem Zweitbeklagten und einer Mitarbeiterin der klagenden Partei.

Anlässlich der Besichtigung einer Liegenschaft in Wien 19 erkundigte sich der Zweitbeklagte bei einer Mitarbeiterin der klagenden Partei auch über die Nachbarliegenschaft. Diese Liegenschaft war vor Jahrzehnten im Besitz seiner Familie. Er wollte sie unbedingt erwerben und ersuchte die Mitarbeiterin der Klägerin, herauszufinden, wer der Eigentümer der Liegenschaft ist und ob dieser zum Verkauf bereit sei. Die Liegenschaft war damals nicht auf dem Markt. In der Folge wurde der Zweitbeklagte – im Wege seiner Bekannten – von der klagenden Partei über die Person des Eigentümers und darüber informiert, dass dieser grundsätzlich zum Verkauf der Liegenschaft um EUR 30 bis 35 Millionen bereit sei. Die klagende Partei arrangierte ein Treffen des Zweitbeklagten mit dem Eigentümer und wurde später von der Bekannten des Zweitbeklagten darüber informiert, dass er ein Angebot über 25 Millionen EUR überlege. Unmittelbar nach dem Treffen begannen Verhandlungen des Eigentümers mit dem Zweitbeklagten. Schließlich verkaufte der Eigentümer die Liegenschaft am 17.11.2011 um EUR 35 Millionen an die erstbeklagte Gesellschaft, über die – über Zwischenstufen – ein Trust verfügungsbefugt ist, dessen Begünstigter der Zweitbeklagte ist und die erst am 28.07.2011 im Firmenbuch eingetragen wurde. Am 18.11.2014 trat der Zweitbeklagte von „allen allenfalls bestehenden Makleraufträgen“ nach § 3 KSchG zurück. Der Zweitbeklagte und seine Familie nützen mit Erlaubnis des Trusts die Liegenschaft zu privaten Wohnzwecken.

Die klagende Partei begehrte den Klagsbetrag als Provision für die Vermittlung der Liegenschaft. Die Vorinstanzen wiesen das Begehren gegen die erstbeklagte Partei rechtskräftig ab und gaben der Klage gegen den Zweitbeklagten statt. Das Berufungsgericht ließ die Revision mangels Rechtsfragen in der Qualität des § 502 Abs 1 ZPO nicht zu.

Rechtliche Beurteilung

In seiner dagegen erhobenen außerordentlichen Revision zeigt der Zweitbeklagte keine erhebliche Rechtsfrage auf.

1. Das Rechtsmittel macht als Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens geltend, dass sich das Zweitgericht nicht mit der Kausalität auseinandergesetzt habe. Abgesehen davon, dass das Berufungsurteil auch Ausführungen zur Kausalität enthält, ist ein Berufungsverfahren nicht schon deshalb mangelhaft, wenn das Berufungsgericht nicht auf alle in der Berufung vorgetragenen rechtlichen Argumente eingegangen ist (RIS-Justiz RS0043231 [T13]). Die behauptete Mangelhaftigkeit kann somit die Zulässigkeit des Rechtsmittels nicht stützen.

2. Ein auf Vertrag gestützter Provisionsanspruch setzt das (zumindest schlüssige) Zustandekommen eines Vermittlungsvertrags (RIS-Justiz RS0062685) voraus. Die Beurteilung, ob ein solcher Vertragsschluss anzunehmen ist, wirft – von hier nicht vorliegender, vom Obersten Gerichtshof im Interesse der Rechtssicherheit aufzugreifender krasser Fehlbeurteilung im Einzelfall abgesehen – aber keine erhebliche Rechtsfrage nach § 502 Abs 1 ZPO auf (RIS-Justiz RS0042776 [T11]; 4 Ob 136/16b).

3. Aufgrund der Feststellungen ist die Bekannte des Zweitbeklagten als dessen Verhandlungsgehilfin anzusehen (RIS-Justiz RS0016200; RS0016309). Dass die Vorinstanzen ihr Wissen dem Zweitbeklagten zurechneten, entspricht gesicherter Rechtsprechung (vgl 4 Ob 210/15h; 6 Ob 25/16v; RIS-Justiz RS0065360 [T1]).

4.1 Die für den Provisionsanspruch erforderliche verdienstliche Tätigkeit eines Maklers liegt dann vor, wenn sie den Anforderungen des Vermittlungsvertrags entspricht und ihrer Art nach geeignet ist, für den Geschäftsherrn Vertragspartner aufzufinden bzw diese zum Vertragsabschluss zu bewegen, wenn – bei Immobilienmaklern – die Namhaftmachung des Dritten für das spätere Zustandekommen des Kaufvertrags nützlich war (RIS-Justiz RS0062747). Für den Geschäftszweig der Realitätenvermittler gilt die bloße Nachweisung der Kaufgelegenheit auch ohne besondere Zuführung oder Vermittlungstätigkeit als genügend, um einen Provisionsanspruch zu begründen. Kausalität und Verdienstlichkeit müssen dabei gegeben sein. Die Nachweisung kann in der Weise geschehen, dass dem Kaufinteressenten das zu verkaufende Objekt gezeigt oder dem Geschäftsherrn der Name des Kaufinteressenten bekanntgegeben wird (RIS-Justiz RS0062723). Die Kausalität ist dann zu bejahen, wenn zwischen der Tätigkeit des Handelsvertreters und dem Zustandekommen des Geschäfts ein adäquater Kausalzusammenhang besteht (RIS-Justiz RS0062878).

4.2 Dem Zweitbeklagten gelingt es auch hinsichtlich der Verdienstlichkeit und Kausalität nicht, eine korrekturbedürftige Fehlbeurteilung aufzuzeigen. Die Rechtsansicht der Vorinstanzen bewegt sich vielmehr im Rahmen der Rechtsprechung. Insoweit die Rechtsrüge dabei davon ausgeht, dass der Zweitbeklagte den Eigentümer der Liegenschaft bereits gekannt hätte und auch jeglichen kausalen Beitrag der klagenden Partei pauschal bestreitet, entfernt sich das Rechtsmittel von den getroffenen Feststellungen und ist nicht gesetzmäßig ausgeführt. Die rechtliche Beurteilung durch den Obersten Gerichtshof hat aber von den festgestellten Tatsachen auszugehen und nicht von einem der Revision unterstellten „Wunschsachverhalt“; der Oberste Gerichtshof ist nicht Tatsacheninstanz (3 Ob 241/11d).

5. Die Entscheidung zur Höhe der Provision hängt nicht davon ab, ob der eingeklagte Betrag als ortsüblich zu qualifizieren ist. Das Erstgericht ist nämlich davon ausgegangen, dass der Provisionsanspruch in dieser Höhe vereinbart wurde. Das Berufungsgericht hat – nur obiter – die Ortsüblichkeit der Provisionshöhe bejaht und allgemein darauf verwiesen, dass die Provision in ortsüblicher Höhe dann gebührt, wenn nichts zur Höhe vereinbart wurde. In der Berufungsentscheidung wurde aber der vom Erstgericht zur Provisionshöhe bejahten schlüssigen Vereinbarung nicht entgegengetreten. Selbst wenn man daher zu Gunsten des Zweitbeklagten die Ortsüblichkeit der Provisionshöhe verneint, ist gemäß § 8 Abs 1 MaklerG wegen der schlüssigen Vereinbarung nicht darauf abzustellen. Die Beurteilung, dass die Höhe der eingeklagten Provision schlüssig vereinbart wurde, wirft keine erhebliche Rechtsfrage auf (RIS-Justiz RS0042776 [T11]).

6. Eine Provisionsminderung nach § 30b KSchG iVm § 3 Abs 4 MaklerG ist bei einem beklagten Konsumenten grundsätzlich möglich (RIS-Justiz RS0111058). Die Verneinung des Minderungsrechts durch die Vorinstanzen begründet aber aufgrund der getroffenen Feststellungen über die Aufklärung der dem Zweitbeklagten zuzurechnenden Vertragsgehilfin keine erhebliche Rechtsfrage. Insoweit sich die Revision auf die Entscheidung 2 Ob 190/13z beruft und die Rechtsansicht vertritt, dass bei jedem Objekt, das zur Vermittlung ansteht, eine Belehrung iSd § 30b KSchG notwendig sei, ist ihr entgegenzuhalten, dass die genannte Entscheidung auf den Abschluss eines Maklervertrags abstellt. Nach 2 Ob 190/13z ist es aber eine Frage der Umstände des Einzelfalls, ob von einem einzigen Vermittlungsauftrag auszugehen ist, in dessen Zuge sich die Parameter des vermittelten Geschäfts geändert haben, oder von mehreren Vermittlungsaufträgen bzw Maklerverträgen, sodass auch deshalb keine erhebliche Rechtsfrage vorliegt.

7. Das Rücktrittsrecht nach § 3 Abs 1 KSchG ist nach Abs 2 Z 1 leg cit dann ausgeschlossen, wenn der Konsument den Vertrag selbst angebahnt hat. Eine erhebliche Rechtsfrage wird aber nur dann aufgezeigt, wenn sich aus der bisherigen Judikatur die Einordnung der Erklärung des Verbrauchers als Anbahnen nicht ohne weiteres ableiten lässt (RIS-Justiz RS0042926 [insb T3]). Maßgeblich ist allein eine kongruente Anbahnung, das heißt, der Verbraucher muss gerade jenen Vertrag angebahnt haben, der geschlossen wurde, jene Zwecke müssen verwirklicht sein, deretwegen der Verbraucher den Geschäftskontakt gesucht hat (3 Ob 112/04y). Der Zweitbeklagte zeigt hier das Fehlen der Kongruenz nicht im Ansatz auf, beauftragte er doch die klagende Partei mit der Vermittlung eines Kaufvertrags über eine ganz bestimmte Liegenschaft, wobei er aus eigenem Antrieb handelte.

Die außerordentliche Revision des Zweitbeklagten war daher – in Ermangelung von erheblichen Rechtsfragen – als unzulässig zurückzuweisen.

Leitsätze

  • Zum auf einen Vertrag gestützten Provisionsanspruch

    Für den Geschäftszweig der Realitätenvermittler gilt die bloße Nachweisung der Kaufgelegenheit als ausreichend, um einen Provisionsanspruch zu begründen, wobei Kausalität und Verdienstlichkeit gegeben sein müssen. Ein Rücktritt nach § 3 Abs 1 KSchG ist nicht möglich, wenn der Konsument den Vertrag selbst angebahnt hat.
    WEKA (ato) | Judikatur | Leitsatz | 4 Ob 205/16z | OGH vom 25.10.2016 | Dokument-ID: 884052