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Dokument-ID: 786076

Judikatur | Entscheidung

5 Ob 113/15a; OGH; 19. Juni 2015

GZ: 5 Ob 113/15a | Gericht: OGH vom 19.06.2015

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Dr. Hradil als Vorsitzenden sowie den Hofrat Dr. Höllwerth, die Hofrätin Dr. Grohmann und die Hofräte Mag. Wurzer und Mag. Painsi als weitere Richter in der außerstreitigen Wohnrechtssache der Antragstellerin Mag. N*****, vertreten durch Dr. Wilfried Plattner, Rechtsanwalt in Innsbruck, gegen sämtliche übrige Mit- und Wohnungseigentümer der Liegenschaft EZ ***** KG ***** Stadt laut Grundbuch als Antragsgegner, darunter 13. Mag. E*****, vertreten durch Dr. Joachim Tschütscher, Rechtsanwalt in Innsbruck, wegen § 16 iVm § 52 Abs 1 Z 2 WEG, über den außerordentlichen Revisionsrekurs der Antragstellerin gegen den Beschluss des Landesgerichts Innsbruck als Rekursgericht vom 20. Februar 2015, GZ 3 R 343/14h-43, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

  1. Der außerordentliche Revisionsrekurs wird mangels der Voraussetzungen des § 52 Abs 2 WEG iVm § 62 Abs 1 AußStrG zurückgewiesen.
  2. Der Antrag der 13. Antragsgegnerin auf Zuspruch von Kosten für die Revisionsrekursbeantwortung wird abgewiesen.

Begründung

Rechtliche Beurteilung

1. Im Wohnungseigentumsobjekt der Antragstellerin wurde die vorhandene Hochtemperatur-Fußbodenheizung durch eine Niedertemperatur-Fußbodenheizung ersetzt. Aufgrund der geringeren Temperatur an den Oberflächen ist das Wärmeempfinden angenehmer. Die neue Heizung führt jedoch nicht zu einem geringeren Energieverbrauch. Über die Zentral-Heizkesselanlage im Keller des Hauses werden sämtliche Wohnungen mit Wärme für Raumheizung und Warmwasser versorgt. Die neue Fußbodenheizung wurde in das zentrale Heizungssystem eingebunden. Um eine ordnungsgemäße, verbrauchsorientierte Heizkostenabrechnung zu ermöglichen, müssen zusätzliche Wärmemengenzähler auf Kosten der Antragstellerin angebracht werden. Andere Miteigentümer könnten aus Platzgründen im Heizraum keinen zusätzlichen eigenen „Boiler“ aufstellen lassen. Dafür müsste auf Allgemeinflächen ein entsprechender Platz gesucht werden.

2. Nach § 16 Abs 2 WEG 2002 ist der Wohnungseigentümer zu Änderungen berechtigt, die weder eine Schädigung des Hauses noch eine Beeinträchtigung schutzwürdiger Interessen der anderen Wohnungseigentümer zu Folge haben (Z 1). Werden für eine Änderung auch allgemeine Teile der Liegenschaft (hier Zentralheizungsanlage und Heizraum des Hauses) in Anspruch genommen, so muss die Änderung überdies entweder der Übung des Verkehrs entsprechen oder einem wichtigen Interesse des Wohnungseigentümers dienen (Z 2).

3. Ob die Änderung einem wichtigen Interesse des Wohnungseigentümers dient oder der Übung des Verkehrs entspricht, hängt von den Umständen des Einzelfalls ab, die in ihrer Gesamtheit zu beurteilen sind. Dabei ist dem Rechtsanwender ein weiter Ermessensspielraum eingeräumt (5 Ob 86/14d, RIS-Justiz RS0083341 [T23]). Eine aus Gründen der Rechtssicherheit vom Obersten Gerichtshof zu korrigierende Fehlbeurteilung ist dem Rekursgericht, das die Voraussetzungen für eine Änderung nach § 16 WEG als nicht erfüllt ansah, nicht vorzuwerfen.

4. Zum wichtigen Interesse des Wohnungseigentümers an einer Änderung seines Objekts im Sinn des § 16 Abs 2 Z 2 WEG 2002 liegt bereits eine umfangreiche Judikatur des erkennenden Senats vor. Danach kommt es insbesondere darauf an, ob die beabsichtigte Änderung dazu dient, dem Wohnungseigentümer eine dem heute üblichen Standard entsprechende Nutzung seines Objekts zu ermöglichen (5 Ob 150/14s mzN).

5. Nicht jeder verständliche Wunsch eines Wohnungseigentümers nach Änderung begründet ein wichtiges Interesse (RIS-Justiz RS0083341). Der einzige Vorteil der neu eingebauten Fußbodenheizung liegt hier im angenehmeren Wärmeempfinden für die Benützer des Wohnungseigentumsobjekts.

6. Der im Revisionsrekurs gezogene Vergleich der Antragstellerin mit der Schaffung eines angenehmeren Raumklimas durch Klimaanlagen überzeugt nicht. Der Oberste Gerichtshof hat zwar das Vorliegen eines wichtigen Interesses an der Anbringung eines Klimaaußengeräts grundsätzlich bejaht, wenn nur durch die Klimaanlage in den Sommermonaten ein erholsamer und ausreichender Schlaf möglich wurde (5 Ob 24/08b). Die Ausstattung von Wohnungen mit Klimaanlagen mag im (hochpreisigen) Wohnungsneubau durchaus üblich sein, um in der heißen Jahreszeit halbwegs erträgliche Raumtemperaturen – speziell in Dachbodenwohnungen – zu schaffen. Eine nachträgliche Umrüstung einer Fußbodenheizung von einem Hoch- auf ein Niedrigtemperatursystem, die das subjektive Wärmeempfinden der Benutzer positiv beeinflusst, nicht aber erst die Grundvoraussetzungen für ein erträgliches Wohnen schafft, begründet aber nicht zwingend ein wichtiges Interesse.

7. Auch mit der Beurteilung der Änderung als verkehrsunüblich hat das Rekursgericht den ihm eingeräumten Ermessensspielraum nicht verlassen.

8. Nach den Feststellungen des Erstgerichts ist zwar eine solche neue Fußbodenheizung im Wohnbereich sehr verbreitet und eine durchaus übliche Art der Heizung. Die Verkehrsüblichkeit einer Änderung im Sinn des § 16 Abs 2 Z 2 WEG ist jedoch nicht nur nach der allgemeinen Lebenserfahrung, sondern auch nach der Beschaffenheit des betreffenden Hauses und seines Umfelds zu beurteilen (5 Ob 236/11h mwN).

9. Nur das Wohnungseigentumsobjekt der Antragstellerin wurde mit einer Niedertemperatur-Fußbodenheizung ausgestattet. Eine vergleichbare, hier teils durchgeführte, teils noch zu ergänzende (Anbringung zusätzlicher Wärmemengenzähler) Maßnahme bliebe nach den Feststellungen des Erstgerichts anderen Miteigentümern verwehrt, wenn bereits ein zusätzlicher Boiler deshalb auf Allgemeinflächen aufgestellt werden müsste, weil im Heizraum offenbar wegen der hier vorgenommenen Änderung kein Platz mehr zur Verfügung steht. Dass generell in vergleichbaren älteren Anlagen in der Umgebung des gegenständlichen Hauses, in denen Wohnungen mit Hochtemperatur-Fußbodenheizungen ausgestattet sind, auf modernere Niedrigtemperatursysteme umgestellt wurde, behauptet die Revisionsrekurswerberin nicht.

10. Für die Revisionsrekursbeantwortung, deren Einbringung der Oberste Gerichtshof nicht freigestellt hat, steht der 13. Antragsgegnerin kein Kostenersatz zu (RIS-Justiz RS0124792).

Leitsätze