Dokument-ID: 009480

Judikatur | Entscheidung

5 Ob 123/10i; OGH; 31. August 2010

GZ: 5 Ob 123/10i | Gericht: OGH vom 31.08.2010

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Hon.-Prof. Dr. Danzl als Vorsitzenden und die Hofrätinnen Dr. Hurch und Dr. Lovrek sowie die Hofräte Dr. Höllwerth und Dr. Roch als weitere Richter in der außerstreitigen Wohnrechtssache des Antragstellers DI S*****, vertreten durch Dr. Roland Kassowitz, Rechtsanwalt in Wien, wider die Antragsgegner 1) Dr. Erich Z*****, 2) Inge W*****, Zweitantragsgegnerin vertreten durch Dr. Bertram Broesigke, Dr. Wolfgang Broesigke, Rechtsanwälte in Wien, 3) Dr. Ludwig S*****, 4) Heinz O*****, 5) Dr. Georg B*****, 6) Gundl B*****, 7) Ingeborg Charlotte S*****, 8) Richard A*****, 9) Dr. Alfons W*****, 10) Andreas P*****, 11) Irmgard S*****, 12) Christian L*****, 13) DI K*****, 14) Maria J*****, 15) Dr. Peter Q*****, 16) Dr. Sylvia Q*****, 17) Helga P*****, 18) Mag. Regina Felicitas H*****, 19) Mag. Erich H*****, 20) Heidemarie T*****, 21) Mag. Brigitta H*****, 22) DI Thomas H*****, 23) Günther B*****, 24) Ursula B*****, 25) Mag. Elisabeth K*****, 26) Werner K*****, 27) Mag. Brigitte B*****, 28) Wilfried B*****, 29) Hedwig B*****, mitbeteiligte Parteien 1) Helga U*****, 2) Dr. Herbert U*****, 3) Dr. M*****, und 4) Mag. Uta P*****, diese vertreten durch Mag. Stefan Hemetsberger, Rechtsanwalt in Wien, wegen § 52 Abs 1 Z 3 WEG, über den Revisionsrekurs der Zweitantragsgegnerin gegen den Sachbeschluss des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgericht vom 24. Februar 2010, GZ 39 R 355/09h–30, womit über Rekurs der Zweitantragsgegnerin der Sachbeschluss des Bezirksgerichts Innere Stadt Wien vom 20. August 2009, GZ 45 Msch 21/08m–26, bestätigt wurde, den

Sachbeschluss

gefasst:

Spruch

Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.

Die Zweitantragsgegnerin ist schuldig, dem Antragsteller die mit EUR 504,17 bestimmten Kosten seiner Revisionsrekursbeantwortung (darin enthalten EUR 84,02 USt) binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Begründung

Die Parteien sind - mit Ausnahme der 29.–Antragsgegnerin, die Fruchtgenussberechtigte von Miteigentumsanteilen ist, mit welchen Wohnungseigentum verbunden ist – Mit–und Wohnungseigentümer der Liegenschaft EZ ***** mit dem darauf errichteten Haus mit der Liegenschaftsadresse *****.

In der Wohnung top Nr 14 des Antragstellers befinden sich acht Fenster. Zwei dieser Fenster wurden bereits ausgetauscht, wofür der Hausverwaltung EUR 2.020,80 netto („Sondernettopreis zu Hausverwaltungskonditionen“) verrechnet wurden.

Bei den sechs weiteren in der Wohnung befindlichen Fenstern handelt es sich um so genannte Verbundfenster aus dem Zeitraum Ende der 60er/Anfang der 70er Jahre des vorigen Jahrhunderts. Diese Fenster sind in einer Bauweise ausgeführt, die heute wegen der ungünstigen wärmedämmenden und damit energietechnisch unwirtschaftlichen Eigenschaften nicht mehr angewendet wird. Vier der sechs Fenster sind nach Südwesten gerichtet, zwei weitere Fenster nach Nordosten. Sämtliche Fenster sind nicht mehr brauchbar: Die Beschichtung ist nicht nur weitgehend amortisiert, sondern in weiten Bereichen gar nicht mehr vorhanden. Dadurch ist die Holzsubstanz teilweise zerstört und würde stellenweise eines Austausches der zerstörten Teile bedürfen, bevor die Beschichtung überhaupt erneuert werden könnte. Die Flügel und Verbundflügel sind teilweise schwer bedienbar, teilweise nicht ordnungsgemäß verschließbar. Es kann Zugluft eindringen. Winddichtheit ist praktisch nicht vorhanden. Durch die Undichtheit wird die Bildung von Kondenswasser gefördert. Das führt zu einer weiteren sukzessiven Zerstörung der Beschichtung und Holzsubstanz. Durch den Zustand der Fenster sind hohe Energieverluste in der Heizperiode anzunehmen. Ein nach dem Energieausweis-Vorlage-Gesetz für den Fall der Inbestandgabe oder des Verkaufs vorgeschriebener Energieausweis wäre als völlig unbrauchbar anzusehen, da die bei der Berechnung anzuführenden bauphysikalischen Eigenschaften ordnungsgemäßer Verbundfenster bei weitem nicht erfüllt werden können. Um die Fenster einem ordnungsgemäßen Zustand zuzuführen, würden verhältnismäßig hohe Aufwendungen erforderlich. Diese sind angesichts der vergleichsweisen Erneuerungskosten als höchst unwirtschaftlich anzusehen. Die Reparatur der Fenster ist als nicht wirtschaftlich anzusehen. Die Fenster sind daher erneuerungsbedürftig.

Die Reparaturrücklage des Hauses beträgt derzeit etwa EUR 25.000,–. Es ist allerdings die zweite Teilleistung der Heizungssanierung offen, welche etwa EUR 20.000,– betragen wird.

Unter Hinweis auf den schlechten Zustand der sechs Fenster begehrt der Antragsteller mit dem am 18.06.2008 beim Erstgericht eingelangten Antrag den Sachbeschluss, wonach die sechs von ihm näher bezeichneten Fenster seiner Wohnung von der Eigentümergemeinschaft binnen drei Monaten ab Rechtskraft des Sachbeschlusses zu erneuern sind.

Die Zweitantragsgegnerin wendet ein, dass ein von der Hausverwalterin beauftragter Sachverständiger einer Fensterfirma eine Prioritätenliste erstellt habe, aufgrund welcher sukzessive die Erneuerung der Fenster erfolgen werde. Nur die „besonders schadhaften Fenster“ bei drei Eigentümern würden 2008 repariert werden. In den weiteren Jahren würden sukzessive weitere Arbeiten erfolgen. Die Fenster des Antragstellers seien mit einer „dritten Priorität“ versehen worden. Diese würden 2011 erneuert werden, da davor die Reparaturrücklage (Stand per 31.12.2007 EUR 15.952,55) nicht ausreichend sei.

Das Haus sei nicht zuletzt deshalb finanziell notleidend, weil der Antragsteller ebenso wie eine weitere Wohnungseigentümerin Nutzflächen benützten, ohne dafür Betriebskosten oder Reparaturfondszahlungen zu leisten. Der Antragsteller habe allgemeine Teile des Hauses ohne Rechtsgrundlage in Besitz genommen. Zwei Fenster (nach dem späteren Vorbringen der Zweitantragsgegnerin drei Fenster – vgl S 2 in ON 24) seien bereits erneuert worden. Die übrigen Fenster befänden sich in einem „normalen“ Zustand. Dringlichkeit der Fenstererneuerung im Sinne der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs sei somit nicht gegeben. Infolge der dringend notwendigen Arbeiten an der Heizungsanlage reiche die Reparaturrücklage nicht aus, um die Fenster des Antragstellers kurzfristig zu erneuern.

Die ursprünglich als Erst–, Viert–, Siebt– und Sechzehntantragsgegner in Anspruch genommenen Wohnungseigentümer – nun als „mitbeteiligte Parteien“ bezeichnet – erklärten im Zuge des Verfahrens, dem Antrag beizutreten bzw (ursprüngliche Viertantragsgegnerin – ON 23) die im Verfahren erhobenen Einwendungen gegen den Antrag zurückzuziehen.

Das Erstgericht gab dem Antrag statt.

Es traf die eingangs wiedergegebenen Feststellungen und die weitere Feststellung, dass es im Haus Fenster gebe, die sich in einem schlechteren Zustand befänden als die Fenster in der Wohnung des Antragstellers.

Rechtlich ging das Erstgericht davon aus, dass die Fenstererneuerung eine Maßnahme der ordnungsgemäßen Erhaltung der allgemeinen Teile der Liegenschaft darstelle. Der Antragsteller könne sein Minderheitsrecht gegen § 30 Abs 1 Z 1 WEG ausüben. Da die Reparatur der Fenster unwirtschaftlich sei, handle es sich beim Austausch der Fenster um eine Erhaltungsmaßnahme.

Das Rekursgericht gab dem dagegen von der Zweitantragsgegnerin erhobenen Rekurs nicht Folge, sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstands EUR 10.000,– übersteige und erklärte den ordentlichen Revisionsrekurs für zulässig, weil oberstgerichtliche Rechtsprechung zur Frage, ob Verbundfenster allgemeine Teile des Hauses darstellten, nicht vorliege.

Das Rekursgericht vertrat die Auffassung, dass es sich bei Außenfenstern nach ständiger Rechtsprechung um einen Bestandteil der Außenhaut eines Hauses handle, sodass deren Erneuerung – ohne Rücksicht auf die Höhe der Kosten – eine Angelegenheit der ordentlichen Verwaltung darstelle. Verbundfenster müssten, da sie jedenfalls auch Bestandteil der Außenhaut eines Gebäudes seien, ebenfalls als allgemeine Teile der Liegenschaft angesehen werden. Erweise sich die Reparatur der beschädigten Fenster in Relation zur Erneuerung als unwirtschaftlich, dann sei die Erneuerung aufzutragen, da zweckmäßige und wirtschaftlich gebotene Erneuerungsarbeiten an bestehenden Anlagen auch dann zur Erhaltung gehörten, wenn es zu einer vollständigen Erneuerung komme.

Wegen der Dringlichkeit der Erhaltungsarbeiten und der Unzumutbarkeit des Zuwartens bis zu einem frühestens in zweieinhalb Jahren geplanten Sanierungstermin müsse dem Minderheitseigentümer das Recht zugebilligt werden, die erforderliche Maßnahme auch gegen den Willen der Mehrheit durchzusetzen, selbst wenn andere Erhaltungsmaßnahmen noch dringlicher seien. Von einer schikanösen Rechtsausübung könne daher keine Rede sein. Ob andere Fenster des Hauses einen schlechteren Zustand aufwiesen als jene des Antragstellers, sei nicht entscheidend, weil bei dem von der Zweitantragsgegnerin selbst im Rekurs angegebenen Gesamtkostenaufwand der für 2011 vorgesehenen Fenstererneuerung in Höhe von EUR 16.575,– jedenfalls nicht von einer der Durchführbarkeit dringend gebotener Erhaltungsarbeiten entgegenstehenden mangelnden Finanzierbarkeit ausgegangen werden könne. Daher sei auch die Feststellung des Erstgerichts - die der Antragsteller in seiner Rekursbeantwortung bekämpft hatte -, dass andere Fenster des Hauses einen schlechteren Zustand aufwiesen, nicht zu übernehmen. Dass die derzeit vorhandene Reparaturrücklage zur Erneuerung aller Fenster nicht ausreiche, sei unerheblich, weil Mittel für die zur ordnungsgemäßen Erhaltung der Liegenschaft erforderlichen Arbeiten nicht nur durch die Rücklage aufzubringen seien, sondern auch durch Aufnahme eines Darlehens oder durch Vorschusszahlungen.

Es bedürfe auch nicht der von der Zweitantragsgegnerin begehrten Feststellungen über die die Ergebnisse anderer zwischen den Parteien geführter Wohnrechtsverfahren, die nach den Behauptungen der Zweitantragsgegnerin ergeben hätten, dass der Antragsteller für eine von ihm benutzte Dachbodenfläche – die nicht zu seinem Wohnungseigentumsobjekt gehöre – weder Betriebskosten noch einen Beitrag zur Reparaturrücklage bezahle. Der Wohnungseigentümer, der wegen einer ungeklärten Rechtslage hinsichtlich eines Teils seines Objekts verhältnismäßig weniger in die Reparaturrücklage einzahle als andere Eigentümer des Hauses, könne dennoch von seinem Minderheitsrecht Gebrauch machen, weil die Verpflichtung zur Zahlung der Rücklage nicht mit dem Antragsrecht des Wohnungseigentümers nach § 30 Abs 1 Z 1 WEG verknüpft sei. Es sei somit unerheblich, ob der Antragsteller, der Wohnungseigentümer sei und (nur) in Bezug auf diese Wohnung die Erneuerung von Fenstern anstrebe, zu Unrecht (wegen der Nutzung eines Teils des Dachbodens) zu wenig zahle.

Gegen den Sachbeschluss des Rekursgerichts wendet sich der Revisionsrekurs der Zweitantragsgegnerin mit dem Antrag auf Abänderung der Entscheidungen der Vorinstanzen im Sinne einer gänzlichen Antragsabweisung; hilfsweise wird auch ein Aufhebungsantrag gestellt.

Der Antragsteller beantragt, den Revisionsrekurs zurück- oder abzuweisen.

Die übrigen Parteien beteiligten sich am Revisionsrekursverfahren nicht.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs ist aus dem vom Rekursgericht genannten Grund zulässig; er ist jedoch nicht berechtigt.

Die Revisionsrekursausführungen konzentrieren sich dahin, dass die beantragte Maßnahme nicht dringlich sei; im Übrigen sei das Verhalten des Antragstellers schikanös und rechtsmissbräuchlich, berücksichtige man, dass er Dachbodennutzflächen ohne Rechtsgrundlage unentgeltlich benütze.

1. Gegenstand des Verfahrens ist ein Sachantrag des Antragstellers nach § 30 Abs 1 Z 1 iVm § 52 Abs 1 Z 3 WEG. Zutreffend und von den Parteien auch nicht bezweifelt, richtete der Antragsteller seinen Individualantrag gegen die übrigen Wohnungseigentümer (5 Ob 116/07f = immolex 2008/67 [Prader]) bzw gegen die Fruchtnießerin an einem Anteil (RIS–Justiz RS 0011841).

2. Ebenfalls zutreffend begehrt der Antragsteller eine rechtsgestaltende Entscheidung, den von der Eigentümergemeinschaft abgelehnten oder versäumten Mehrheitsbeschluss zu ersetzen (RIS–Justiz RS 0123170).

3. Das Minderheitsrecht gemäß § 30 Abs 1 Z 1 WEG setzt voraus, dass es sich um eine Arbeit iSd § 28 Abs 1 Z 1 WEG handelt. Darunter fällt die ordnungsgemäße Erhaltung der allgemeinen Teile der Liegenschaft iSd § 3 MRG, einschließlich der baulichen Veränderungen, die über den Erhaltungszweck nicht hinausgehen und die Behebung ernster Schäden des Hauses in einem Wohnungseigentumsobjekt.

3.1 Es entspricht der ständigen, von der Zweitantragsgegnerin auch nicht in Zweifel gezogenen Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs, dass zu den allgemeinen Teilen des Hauses alles gehört, was sich außerhalb eines Mietgegenstands befindet, worunter insbesondere Außenfenster fallen (RIS–Justiz RS 0024526; RS 0069976; RS 0083334).

3.2 Der Umstand, dass es sich bei den Fenstern des Antragstellers um so genannte Verbundfenster handelt, also um Fenster, bei denen Außen- und Innenteile zu einer Einheit verbunden sind, sodass sie funktional nur in dieser Einheit geöffnet und geschlossen werden können (vgl 5 Ob 68/87), führt – wie das Rekursgericht zutreffend erkannte – zur Beurteilung, dass bei Notwendigkeit der Erneuerung der Verbundfenster insgesamt von einer Maßnahme auszugehen ist, die einen allgemeinen Teil des Hauses betrifft. Bei der Beurteilung, was im Einzelnen zur „Außenhaut“ des Hauses gehört, hat die Rechtsprechung bislang neben räumlichen auch (ansatzweise) funktionelle (wertende) Kriterien einfließen lassen (5 Ob 154/08w = immolex 2009/72 [Maier-Hülle] mwN). Da eine Trennung in Innen– und Außenflügel bei Verbundfenstern wegen deren Konstruktion nicht möglich ist, der äußere Teil des Außenfensters aber jedenfalls außerhalb des Mietgegenstands gelegen ist, fällt das Verbundfenster insgesamt in die Erhaltungspflicht des Vermieters iSd § 3 Abs 2 Z 1 MRG bzw der Eigentümergemeinschaft iSd § 28 Abs 1 Z 1 WEG.

Diese vom Rekursgericht zutreffend vorgenommene (und von der Zweitantragsgegnerin in ihrem Revisionsrekurs auch gar nicht substantiiert bestrittene) Beurteilung lässt den begehrten Austausch der Verbundfenster als Maßnahme iSd § 28 Abs 1 Z 1 WEG erkennen, weshalb es keines Eingehens darauf bedarf, ob aufgrund des festgestellten Zustands der Fenster auch ein ernster Schaden im Wohnungseigentumsobjekt selbst zu bejahen wäre.

3.3 Nach den Feststellungen der Vorinstanzen kann kein Zweifel daran bestehen, dass die Fenster erneuerungsbedürftig sind. Die in weiten Teilen nicht mehr vorhandene Beschichtung, die teilweise Zerstörung der Holzsubstanz, die mangelnde Verschließbarkeit und die Undichtheit, die die Bildung von Kondenswasser fördert, in Verbindung mit den weiteren Feststellungen zur Unwirtschaftlichkeit der Reparatur belegen nicht nur die Notwendigkeit des Austauschs, sondern – entgegen der im Revisionsrekurs vertretenen Auffassung – auch die Dringlichkeit der Erhaltungsmaßnahme.

Richtig ist, dass ein wesentliches Kriterium für die Durchsetzbarkeit der von einem Wohnungseigentümer nach § 30 Abs 1 Z 1 WEG begehrten Erhaltungsmaßnahmen deren Dringlichkeit ist (RIS–Justiz RS 0123169). Diese ist aber angesichts des festgestellten Zustands der Fenster zu bejahen. Insofern unterscheidet sich der vorliegende Fall grundsätzlich von dem der Entscheidung 5 Ob 210/01w (SZ 74/194 = wobl 2002/30 [Call]) zugrunde liegenden Sachverhalt. Dort nämlich stand fest, dass sich Fenster und Türen in einem funktionsfähigen Zustand befinden und eine voraussichtliche technische Lebensdauer von zwanzig Jahren haben. Die darauf beruhende Beurteilung, dass diese Arbeiten nicht dringend seien, lässt sich nicht auf den hier zu beurteilenden Fall übertragen, bei welchem die festgestellten Mängel an den Fenstern bereits vorliegen. Im Übrigen ergibt sich gerade aus der Entscheidung 5 Ob 210/01w, dass die Erneuerung von fast einem halben Jahrhundert alten Fenstern und Türen, die dem heutigen Stand der Technik nicht mehr entsprechen, regelmäßig als Erhaltungsarbeit zu qualifizieren ist.

3.4 Wenngleich richtig ist, dass nicht nur auf die Dringlichkeit, sondern auch auf wirtschaftliche Aspekte wie die Finanzierbarkeit einer Erhaltungsmaßnahme Bedacht zu nehmen ist (5 Ob 210/01w; 5 Ob 190/09s uva), lässt sich daraus für den Standpunkt der Zweitantragsgegnerin nichts gewinnen. Bereits das Rekursgericht hat zutreffend darauf hingewiesen, dass allein der Umstand, dass die derzeitige Rücklage nicht ausreicht, die Reparaturkosten für die Heizungsanlage und die Erneuerung sämtlicher Fenster im Haus zu finanzieren, nicht entscheidend ist, weil Mittel für die zur ordnungsgemäßen Erhaltung der Liegenschaft erforderlichen Arbeiten auch durch Aufnahme eines Darlehens oder durch Vorschusszahlungen finanziert werden können. Auf die erstmals im Revisionsrekurs aufgestellte Behauptung, eine Darlehensgewährung sei wegen der derzeitigen „Kreditklemme“ nicht so einfach, ist schon wegen des im wohnrechtlichen Außerstreitverfahren ausnahmslos geltenden Neuerungsverbots nicht einzugehen (5 Ob 186/08a; siehe auch RIS–Justiz RS 0070461).

4. Der im Vordergrund der Revisionsrekursausführungen stehende Einwand, der Antragsteller benütze eine (nach den Behauptungen der Zweitantragsgegnerin nicht zum Wohnungseigentumsobjekt gehörige) Dachbodenfläche ohne Rechtstitel und leiste dafür (aufgrund einer in einem Vorverfahren ergangenen Entscheidung des Obersten Gerichtshofs) auch kein Benützungsentgelt, steht, wie ebenfalls bereits das Rekursgericht zutreffend erkannte, in keinem Zusammenhang mit der hier zu beurteilenden Frage der Notwendigkeit des Fensteraustauschs. Abgesehen davon, dass nicht einmal die Zweitantragsgegnerin behauptet, dass der Antragsteller für sein Wohnungseigentumsobjekt – in dem sich die schadhaften Fenster befinden - keine oder keine ausreichende Rücklage zahlt, ist im außerstreitigen Wohnrechtsverfahren nach § 52 Abs 1 Z 3 WEG nur über die Frage der Notwendigkeit der Durchführung bestimmter Erhaltungsmaßnahmen zu entscheiden, nicht aber, ob der Antragsteller ein „Benützungsentgelt“ oder eine „Rücklage“ für weitere, von ihm im Haus benutzte Flächen zu entrichten hat.

Auch ein schikanöses oder rechtsmissbräuchliches Verhalten des Antragstellers ist nicht zu erkennen. Der festgestellte Zustand der Fenster in der Wohnung des Antragstellers reicht allein für die Beurteilung aus, dass zwischen den vom Antragsteller verfolgten Interessen und den (allenfalls) beeinträchtigten Interessen der übrigen Wohnungseigentümer der Liegenschaft jedenfalls kein krasses Missverhältnis (vgl dazu RIS–Justiz RS 0026265) besteht. In diesem Zusammenhang ist das Rekursgericht schließlich auch zutreffend davon ausgegangen, dass unerheblich ist, ob andere Fenster im Haus einen noch schlechteren Zustand aufweisen als jene im Wohnungseigentumsobjekt des Antragstellers. Die dort festgestellten Schäden lassen es jedenfalls für den Antragsteller unzumutbar erscheinen, gerechnet vom Antragstag nahezu drei Jahre bis zur Erneuerung auszuharren. Sind tatsächlich eine Vielzahl von Fenstern im Haus in einem schlechten (oder noch schlechteren) Zustand, wird es an der Gemeinschaft liegen, für die Finanzierung der deshalb notwendig werdenden Arbeiten (Fensteraustausch) Sorge zu tragen.

Dem Revisionsrekurs war daher ein Erfolg zu versagen.

5. Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 52 Abs 2 WEG iVm § 37 MRG Abs 3 Z 17 MRG. Die Bemessungsgrundlage beträgt gemäß § 10 Z 3 lit a bb RATG EUR 1.500,–.

Leitsätze

  • Verbundfenster fallen gesamt in die Erhaltungspflicht der Eigentümergemeinschaft

    Verbundfenster (bei denen Außen- und Innenteile zu einer Einheit verbunden sind, sodass sie funktional nur in dieser Einheit geöffnet und geschlossen werden können) fallen als Teil der „Außenhaut“ gesamt in die Erhaltungspflicht des Vermieters bzw der Eigentümergemeinschaft.
    Judikatur | Leitsatz | 5 Ob 123/10i | OGH vom 31.08.2010 | Dokument-ID: 283533