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Dokument-ID: 1056040

Anna Sophie Dalinger | Judikatur | Entscheidung

5 Ob 126/19v; OGH; 24. September 2019

GZ: 5 Ob 126/19v | Gericht: OGH vom 24.09.2019

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Dr. Jensik als Vorsitzenden sowie die Hofrätin Dr. Grohmann und die Hofräte Mag. Wurzer, Mag. Painsi und Dr. Steger als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Eigentümergemeinschaft EZ *****, vertreten durch Kosch & Partner Rechtsanwälte GmbH in Wiener Neustadt, gegen die beklagte Partei S*****ges mbH, *****, vertreten durch Mag. Gudrun Ott-Sander, Rechtsanwältin in Wien, wegen EUR 70.901,92 sA, über die außerordentliche Revision der beklagten Partei (Revisionsinteresse EUR 65.314,–) gegen das Urteil des Landesgerichts Wiener Neustadt als Berufungsgericht vom 31. Mai 2019, GZ 58 R 6/19h-80, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

Begründung

Gegenstand des Verfahrens ist die Frage, ob die Beklagte als Mit- und Wohnungseigentümerin zur Zahlung einer Sonderrücklage für am 19.02.2015 beschlossene Renovierungs- und Restaurierungsarbeiten in Höhe von EUR 65.314,– verpflichtet ist.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren insoweit ab.

Das Berufungsgericht gab der Berufung der Klägerin Folge und der Klage auch insoweit statt. Die ordentliche Revision ließ es mangels erheblicher Rechtsfrage nicht zu.

Rechtliche Beurteilung

Die außerordentliche Revision der Beklagten zeigt keine erhebliche Rechtsfrage auf.

1. Nach gesicherter Rechtsprechung (5 Ob 161/17p; RIS-Justiz RS0130070 [T1]; jüngst 5 Ob 160/18t) können sowohl Maßnahmen der ordentlichen als auch der außerordentlichen Verwaltung Gegenstand einer Beschlussfassung der Eigentümergemeinschaft sein. Für die Beurteilung, was konkret Gegenstand des Beschlusses der Eigentümergemeinschaft ist, ist nur der schriftlich zur Kenntnis gebrachte Text des Beschlusses maßgeblich, ein vom Wortlaut nicht gedeckter oder davon abweichender subjektiver Parteiwille der an der Beschlussfassung beteiligten Wohnungseigentümer ist irrelevant (RS0130029). Dass das Berufungsgericht den vom Erstgericht festgestellten Beschluss in der Eigentümerversammlung vom 19.02.2015 entsprechend seinem Text dahin auslegte, dass die Klägerin die Hausverwaltung damit beauftragte, Angebote für näher spezifizierte Arbeiten einzuholen und diese an den Bestbieter zu vergeben, dies selbst dann, wenn die dort genannten Arbeiten zumindest teilweise als solche der außerordentlichen Verwaltung zu werten wären, entspricht diesen Judikaturgrundsätzen. Selbst das etwaige Fehlen einzelner Informationen in der Verständigung vom Beschlussgegenstand (wie hier etwa des konkreten Kostenrahmens) hat entgegen der in der Revision vertretenen Auffassung nicht einen – nach Auffassung der Beklagten rechtlich unbeachtlichen – bloßen Grundsatzbeschluss zur Folge, vielmehr wäre es ihre Sache gewesen, diesen Beschluss fristgerecht anzufechten. Nach Verstreichen der Anfechtungsfrist oder dem rechtskräftigen Scheitern der Anfechtung ist ein Mehrheitsbeschluss über die Durchführung von Erhaltungs- oder Verbesserungsarbeiten trotz etwaiger formeller oder inhaltlicher Mängel rechtsgültig und endgültig bestandskräftig (RS0122765 [T4]; RS0118450 [T1]). Nicht nur die Wohnungseigentümer, sondern auch die Verwalterin sind – bis zu einem etwaigen Widerruf im Weg einer neuerlichen Beschlussfassung (vgl RS0131552) – daran gebunden. Die im Anfechtungsverfahren zu klärenden Fragen sind diesem vorbehalten (RS0122765). Auch für einen „Dominator“-Beschluss gelten diese Grundsätze (RS0121904), von denen das Berufungsgericht nicht abgewichen ist.

2. Soweit in der Revision die Frage nach dem wirksamen Zustandekommen des Beschlusses aufgeworfen wird, ist dies daher nicht Gegenstand des Verfahrens. Eine (erfolgreiche) Beschlussanfechtung hat die Beklagte nicht behauptet. Darauf, ob der Beschluss aufgrund des behaupteten Verschweigens des Kostenrahmens oder der Nichtberücksichtigung eines Stimmverbots mangelhaft gewesen sei, ist in diesem Verfahren nicht einzugehen.

3.1 Nach ständiger Judikatur (5 Ob 187/12d; 5 Ob 144/15k; 5 Ob 175/16w = immolex 2017/6 [Hagen]) ist ungeachtet des Umstands, dass der primäre Zweck der Rücklage nach dem Gesetzeswortlaut (§ 31 Abs 1 Satz 1 WEG 2002) die Vorsorge für künftige Aufwendungen ist, auch eine Einmalzahlung zur Bevorschussung eines bestimmten Erhaltungsaufwands als Beitrag zur Rücklage anzusehen. Die Kompetenz des Verwalters zur Festsetzung der Höhe dieser Einmalzahlung in die Rücklage besteht solange als ihm die Mehrheit der Wohnungseigentümer durch Beschluss in einer Eigentümerversammlung oder im Umlaufweg keine gegenteilige Weisung erteilt hat (5 Ob 206/15b = immolex 2016/43 [Räth] = ecolex 2016/2010 [Klein]; RS0103218 [T2]; 5 Ob 175/16w). Die vom Verwalter vorgeschriebenen Akontozahlungen sind daher für die Mit- und Wohnungseigentümer bindend (RS0083581).

3.2 Da in der Revision das Verstreichen der Fristen für die Anfechtung des Beschlusses der Klägerin vom 19.02.2015 nicht mehr bezweifelt wird, ist die Auffassung des Berufungsgerichts, auf dessen Basis habe ein ausreichender Grund für die Verwalterin bestanden, für die dort genannten Arbeiten eine Sonderrücklage im Sinn eines Einmalbetrags vorzuschreiben, durch die zitierte Judikatur gedeckt und bedarf keiner Korrektur im Einzelfall.

3.3 Als Maßnahme der ordentlichen Verwaltung (§ 28 Abs 1 Z 2 WEG 2002) bedurfte die Vorschreibung der Sonderrücklage entgegen der in der Revision vertretenen Auffassung nicht zwingend einer Beschlussfassung über die Höhe des einzuhebenden Einmalbeitrags zur Rücklage (vgl RS0103218 [T2, T4]).

4. In welchem Umfang die Beklagte die Kosten von Verbesserungsarbeiten an allgemeinen Teilen allenfalls alleine getragen hat, sodass ihr daraus ein Anspruch gegen die Klägerin erwachsen sein könnte, ist in diesem Verfahren ebenso wenig zu prüfen wie die in der Revision aufgeworfene Frage, welche der beschlossenen Renovierungsarbeiten Änderungen betrafen, die angeblich erst aufgrund von Anpassungen in den Objekten des Mehrheitseigentümers notwendig geworden seien.

5. Die Revision war daher zurückzuweisen, ohne dass dies einer weiteren Begründung bedürfte (§ 510 Abs 3 ZPO).

Leitsätze