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Dokument-ID: 338262

WEKA (red) | Judikatur | Entscheidung

5 Ob 173/05k; OGH; 20. September 2005

GZ: 5 Ob 173/05k | Gericht: OGH vom 20.09.2005

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Floßmann als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Baumann, Dr. Hurch, Dr. Kalivoda und Dr. Höllwerth als weitere Richter in der Grundbuchssache des Antragstellers Hermann R*****, vertreten durch Dr. Georg Willenig, Mag. Ingomar Arnez und Mag. Klaus Nagele, Rechtsanwälte in Villach, wegen Einverleibung des Eigentums an Kfz-Abstellplätzen der Liegenschaft EZ *****, über den ordentlichen Revisionsrekurs des Antragstellers gegen den Beschluss des Landesgerichts Klagenfurt als Rekursgericht vom 25. Mai 2005, AZ 3 R 96/05k, mit welchem der Beschluss des Bezirksgerichts Spittal a. d. Drau vom 7. Februar 2005, TZ 582/05, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.

Begründung

Ob der Liegenschaft EZ ***** wurde im Jahre 2004 Wohnungseigentum begründet. Auf dieser Liegenschaft bestehen (derzeit) 12 Wohnungen und 21 Kfz-Abstellplätze (Tiefgaragenabstellplätze und Carports) im selbstständigen Wohnungseigentum. Der Antragsteller ist zusammen mit Sandra R***** Eigentümerpartner; dieser Eigentümerpartnerschaft steht Wohnungseigentum an einer Wohnung und zwei Kfz-Abstellplätzen zu. Alleineigentümer an einer Wohnung oder sonstigen selbstständigen Räumlichkeit der Liegenschaft ist der Antragsteller nicht. Die R***** GmbH ist Eigentümerin von fünf Kfz-Abstellplätzen. Der Antragsteller ist Geschäftsführer der R***** GmbH.

Der Antragsteller begehrte ob der genannten Liegenschaft aufgrund des mit der R***** GmbH abgeschlossenen Kaufvertrags vom 29.12.2004 die Einverleibung seines Eigentums an fünf Kfz-Abstellplätzen (Tiefgaragenabstellplätzen).

Das Erstgericht wies das Eintragungsgesuch ab; es folgerte rechtlich, die Einverleibung von Wohnungseigentum an Kfz-Abstellplätzen für Personen, denen Wohnungseigentum an einer Wohnung oder sonstigen selbstständigen Räumlichkeiten der Liegenschaft nicht zukomme, sei bis zum Ablauf von drei Jahren nach Begründung von Wohnungseigentum gemäß § 5 Abs 2 WEG 2002 unzulässig. Nur die aus dem Antragsteller und Sandra R***** bestehende Eigentümerpartnerschaft, nicht aber der Antragsteller selbst sei Eigentümer. Da die dreijährige Frist seit der Begründung von Wohnungseigentum an der Liegenschaft noch nicht abgelaufen sei, könne der Antragsteller (noch) kein Eigentum an Kfz-Abstellplätzen erwerben.

Das Rekursgericht gab dem gegen diese Entscheidung erhobenen Rekurs des Antragstellers nicht Folge; es teilte die Ansicht des Erstgerichts, dass der Antragsteller als „liegenschaftsfremd“ anzusehen sei und vor Ablauf der dreijährigen Frist seit Wohnungseigentumsbegründung § 5 Abs 2 WEG 2002 dem angestrebten Eigentumserwerb entgegen stehe. Das Rekursgericht erachtete den ordentlichen Revisionsrekurs für zulässig, weil eine höchstgerichtliche Rechtsprechung zur Frage fehle, ob auch ein einzelner Eigentümerpartner zum begünstigten Erwerberkreis des § 5 Abs 2 WEG 2002 gehöre.

Gegen diesen Beschluss des Rekursgerichts richtet sich der Revisionsrekurs des Antragsteller mit dem Begehren auf Abänderung im Sinne der Bewilligung seines Eintragungsbegehrens. Der Antragsteller macht im Wesentlichen geltend, dass bereits alle Wohnungseigentumseinheiten verkauft und jeder einzelne Wohnungseigentümer auch über zumindest einen Kfz-Abstellplatz verfüge, sodass schon aus diesem Grund der Erwerbsvorbehalt des § 5 Abs 2 WEG 2002 überflüssig sei. Es widerspreche im Übrigen dem Sinn des Gesetzes, ihn als Liegenschaftsfremden zu qualifizieren, scheine er doch im B-Blatt der Einlage als Eigentümer auf. Gerade durch den von ihm angestrebten Erwerb der Kfz-Abstellplätze sei gesichert, dass diese nicht von liegenschaftsfremden Personen erworben werden könnten.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs ist aus dem vom Rekursgericht genannten Grund zulässig; er ist aber nicht berechtigt:

1. Nach § 5 Abs 2 WEG 2002 kann Wohnungseigentum an einem Abstellplatz für Kraftfahrzeuge bis zum Ablauf von drei Jahren nach Begründung von Wohnungseigentum an der Liegenschaft nur von Personen oder Eigentümerpartnerschaften erworben werden, denen Wohnungseigentum an einer Wohnung oder sonstigen selbstständigen Räumlichkeit der Liegenschaft zukommt. Diese Personen und Partnerschaften können während der dreijährigen Frist Wohnungseigentum an mehr als einem Abstellplatz nur erwerben, soweit die Zahl der auf der Liegenschaft vorhandenen Abstellplätze die Zahl der Wohnungen und sonstigen selbstständigen Räumlichkeiten übersteigt; bei der Berechnung der überzähligen Abstellplätze ist der schriftlich erklärte Verzicht eines Wohnungseigentümers auf den ihm vorzubehaltenden Abstellplatz zu berücksichtigen. Nach Ablauf dieser Frist können auch andere Personen Wohnungseigentum an einem Abstellplatz erwerben.

2. Die Gesetzesauslegung beginnt mit der Wortinterpretation (vgl RIS-Justiz RS 0008896), darf dabei aber nicht stehen bleiben; der übliche formale Wortsinn ist (nur) ein Hinweis für die Auslegung der Norm. Der äußerste mögliche Wortsinn steckt allerdings die Grenze jeglicher Auslegung ab, die auch mit den sonstigen Auslegungsmethoden nicht überschritten werden darf (RIS-Justiz RS 0008788). Als unbefriedigend empfundene Gesetzesbestimmungen zu ändern, ist jedenfalls nicht Sache der Rechtsprechung, sondern der Gesetzgebung; es ist nicht Aufgabe der Gerichte, im Wege der Rechtsfortbildung oder einer allzu weitherzigen Interpretation möglicher Intentionen des Gesetzgebers Gedanken in ein Gesetz zu tragen, die darin nicht enthalten sind. Ein Rechtssatz, der im Gesetz nicht angedeutet ist, kann auch nicht im Wege der Auslegung gefunden werden (RIS-Justiz RS 0008880; RS 0009099).

3. Zum Telos des § 5 Abs 2 WEG 2002 hat der Gesetzgeber in den EBzRV ausgeführt, es sollte die neu vorgesehene Möglichkeit des selbstständigen Wohnungseigentums an Kfz-Abstellplätzen freilich „mit einer bedeutsamen Vorkehrung verbunden werden: Es sollte durch geeignete Gesetzesregelungen gewährleistet werden, dass in erster Linie jene Personen bei den Kraftfahrzeug-Abstellplätzen zum Zug kämen, die bereits eine Wohnung oder sonstige selbstständige Räumlichkeit auf der Liegenschaft im Wohnungseigentum besäßen …“ (989 BlgNr 21. GP 27 f). … „Als Mittel zur Erreichung dieses Ziels … wurde … einer Lösung der Vorzug gegeben, die sich sowohl legistisch als auch in der Rechtsanwendung verhältnismäßig einfach verwirklichen lässt, nämlich die Konstruktion über eine Wartefrist. Für eine Frist von drei Jahren ab erstmaliger Begründung von Wohnungseigentum an der Liegenschaft ist der Erwerb von selbstständigem Wohnungseigentum an einem Kraftfahrzeug-Abstellplatz in zweifacher Hinsicht beschränkt: Erstens können nur solche Personen einen Abstellplatz erwerben, denen bereits Wohnungseigentum an einer Wohnung oder sonstigen selbstständigen Räumlichkeit der Liegenschaft zukommt; gleiches gilt für Eigentümerpartnerschaften. Zweitens können auch diese Personen während der dreijährigen Frist nur einen Kraftfahrzeug-Abstellplatz (also nicht deren mehrere) erwerben, es sei denn, es wären auf der Liegenschaft mehr Abstellplätze als andere wohnungseigentumstaugliche Objekte vorhanden. … Nach Ablauf der dreijährigen Frist gelten beide Beschränkungen nicht mehr; es können also auch „liegenschaftsfremde“ Personen Wohnungseigentum an einem Kraftfahrzeug-Abstellplatz erwerben; weder für auf der Liegenschaft „wohnende“ oder geschäftlich tätige Wohnungseigentümer noch für „liegenschaftsfremde“ Personen besteht dann noch eine zahlenmäßige Beschränkung beim Erwerb von Abstellplätzen … „ (989 BlgNr 21. GP 40).

4. Dem vorliegenden Eintragungsgesuch steht zunächst der klare und eindeutige Wortlaut des § 5 Abs 2 WEG 2002 entgegen, weil dem Antragsteller – allein – derzeit weder Wohnungseigentum an einer Wohnung oder sonstigen selbstständigen Räumlichkeit der Liegenschaft zukommt und die Eigentümerpartnerschaft, für welche diese Voraussetzung zutrifft, nicht Erwerberin der fraglichen Kfz-Abstellplätze sein soll. Auf der Grundlage der Auslegungsregeln des § 6 ABGB kann dem Antragsteller der Zugang zum Kreis der nach § 5 Abs 2 WEG 2002 begünstigten Erwerber schon deshalb nicht vermittelt werden, weil selbst nach dem äußersten Wortsinn die Begriffe „Eigentümerpartner“ und „Eigentümerpartnerschaft“ nicht gleichgesetzt werden können. Dass dem Gesetzgeber die Differenzierung zwischen diesen beiden Begriffen sehr wohl geläufig ist, folgt schon aus der bedachten Unterscheidung zwischen dem „Partner“ und der „Partnerschaft“ in den Regelungen des § 13 WEG 2002. Dass die Einbeziehung (nur) der Eigentümerpartnerschaft – und nicht (auch) der einzelnen Eigentümerpartner – in den Kreis der nach § 5 Abs 2 WEG 2002 begünstigten Erwerber eine vom Gesetzgeber nicht gewollte, bloß ungenaue Fomulierung gewesen sein könnte, diese Annahme verbietet sich insbesondere deshalb, weil die begünstigten Erwerber auch in den oben schon wiedergegebenen EBzRV gleichlautend wie im Gesetzestext bezeichnet werden.

5. Schließlich ist auch eine Gesetzeslücke, die eine analoge Anwendung der Erwerbsbegünstigungen des § 5 Abs 2 WEG 2002 auf den (bloßen) Eigentümerpartner geboten erscheinen ließe, nicht zu erkennen; eine solche läge nur vor, wenn die aus der konkreten gesetzlichen Regelung hervorleuchtenden Zwecke und Wertungen die Annahme nahe legten, der Gesetzgeber habe einen nach denselben Maßstäben regelungsbedürftigen Sachverhalt übersehen. Das Gesetz müsste also, gemessen an seiner eigenen Absicht, Systematik und Teleologie ergänzungsbedürftig sein, ohne dass diese Ergänzung einer vom Gesetz gewollten Beschränkung widerspricht (RIS-Justiz RS 0008866; Posch in Schwimann³ § 7 ABGB Rz 2). Die Gewährung der Erwerbsbegünstigungen des § 5 Abs 2 WEG 2002 (nur) an die Eigentümerpartnerschaft und nicht auch an den (bloßen) Eigentümerpartner entspricht aber gerade der Systematik des WEG 2002, das die Eigentümerpartnerschaft gleichsam als Einheit behandelt, was etwa die weitgehend gebotene Notwendigkeit einheitlichen Handelns zeigt (vgl § 13 Abs 3 bis 5 WEG 2002). Zu Recht betonen deshalb Würth/Zingher/Kovanyi (in Miet- und Wohnrecht21, § 13 WEG Rz 6) die Einheit der Partner nach Außen; ebenso Gantner (in Hausmann/Vonklich, Österreichisches Wohnrecht, § 13 WEG Rz 22), der im Gesetz das Objektsprinzip statt dem Kopfprinzip verwirklicht sieht (aaO, Rz 29). Daraus folgt, dass die Einbeziehung (nur) der Eigentümerpartnerschaft und nicht (auch) der (einzelnen) Eigentümerpartner in den Kreis der nach § 5 Abs 2 WEG 2002 begünstigten Erwerber der sonstigen gesetzessystematischen Behandlung der Eigentümerpartnerschaft als Einheit nach Außen entspricht, was die Annahme einer Gesetzeslücke ausschließt.

Zusammengefasst erweist sich demnach die Ansicht der Vorinstanzen, der bloße Eigentümerpartner allein gehöre nicht zum erwerbsbegünstigten Personenkreis des § 5 Abs 2 WEG 2002 als zutreffend; der Revisionsrekurs muss deshalb erfolglos bleiben.

Leitsätze