Dokument-ID: 822353

Judikatur | Entscheidung

5 Ob 191/15x; OGH; 30. Oktober 2015

GZ: 5 Ob 191/15x | Gericht: OGH vom 30.10.2015

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Dr. Hradil als Vorsitzenden, den Hofrat Dr. Höllwerth, die Hofräte Dr. Grohmann sowie die Hofräte Mag. Wurzer und Mag. Painsi als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Thomas S*****, vertreten durch Dr. Michael Göbel, Rechtsanwalts GmbH in Wien, gegen die beklagte Partei B***** GmbH, *****, vertreten durch Dr. Bernhard Brehm, Rechtsanwalt in Wien, wegen EUR 5.386,79 sA und Räumung, über die außerordentliche Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien als Berufungsgericht vom 28. Juli 2015, GZ 40 R 23/15a-39, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

Begründung

Rechtliche Beurteilung

1. Berechtigt eine Wertsicherungsvereinbarung den Vermieter zu einer Erhöhung des Hauptmietzinses, so hat der Hauptmieter dem Vermieter den erhöhten Hauptmietzins von dem auf das Wirksamwerden der Indexveränderung (Abs 6 dritter Satz) folgenden Zinstermin an zu entrichten, wenn der Vermieter dem Hauptmieter in einem nach Wirksamwerden der Indexveränderung ergehenden Schreiben, jedoch spätestens 14 Tage vor dem Termin, sein darauf gerichtetes Erhöhungsbegehren bekannt gibt (§ 16 Abs 9 Satz 2 MRG). Diese Regelung entspricht dem „alten“ § 16 Abs 6 MRG idF vor dem 3. WÄG.

2. Nach Rechtsprechung und Lehre löst ein verfrühtes, dem Mieter vor dem Wirksamwerden der Indexerhöhung zugehendes Schreiben keinerlei Rechtswirkungen aus (10 Ob 2134/96p = MietSlg 48.277 zu § 16 Abs 6 MRG aF; .T. Hausmann in Hausmann/Vonklich, Österreichisches Wohnrecht3 § 16 MRG Rz 89; Schinnagl in Illedits/Reich-Rohrwig Wohnrecht2 § 16 MRG Rz 31). Eine rückwirkende Geltendmachung des sich aus einer Wertsicherung ergebenden Erhöhungsbetrags ist nicht zulässig (RIS-Justiz RS0069738; RS0069713).

3. Der auf Mietzinszahlung und Räumung klagende Vermieter zieht in seiner außerordentlichen Revision die Rechtsansicht des Berufungsgerichts zu einem nach diesen Kriterien verfrühten und unzulässigen Wertsicherungsbegehren nicht in Zweifel. Er sieht aber in einem Mahnschreiben, das den Mieter nach Wirksamwerden der Indexerhöhung erreicht hat, die Sanierung dieser Unzulässigkeit. Wie schon das Berufungsgericht zu Recht dargelegt hat, kann die Mahnung einer unzulässig geforderten Anhebung angesichts der eindeutigen gesetzlichen Regelung des § 16 Abs 9 Satz 2 MRG nicht die gewünschte Rechtsfolge herbeiführen. Mit dem Mahnschreiben vom August 2011 wurde lediglich die Bezahlung jener Erhöhung (für diesen Monat) urgiert, die im vorangegangenen Schreiben über die Anhebung des Hauptmietzinses gefordert worden war. Es wurde jedoch keine erst künftig wirksam werdende Anhebung entsprechend § 16 Abs 9 Satz 2 MRG ausgesprochen.

4. Ob ein konstitutives Anerkenntnis vorliegt, das zwecks Bereinigung eines konkreten Streits (RIS-Justiz RS0110121) einen selbstständigen Verpflichtungsgrund schafft (RIS-Justiz RS0032541), ist durch Auslegung des Parteiwillens im Einzelfall zu ermitteln (RIS-Justiz RS0017965; RS0044468). Ein zu korrigierendes Auslegungsergebnis liegt hier nicht vor.

5. Die beklagte Mieterin reagierte auf das Wertsicherungsschreiben vom 29. 6. 2011 schriftlich im Juli 2011 zunächst mit dem Hinweis, dass eine rückwirkende (hier ab April 2011 ausgesprochene) Erhöhung laut Auskunft ihres Rechtsanwalts unzulässig sei. Ihre folgende Ankündigung, ab August die neue Miete zu zahlen, ist nicht zwingend als konstitutives Anerkenntnis des erhöhten Hauptmietzinses ab diesem Zeitpunkt einschließlich des Verzichts auf den Einwand der Wirkungslosigkeit einer verfrühten Indexanhebung pro futuro anzusehen. Zu diesem Zeitpunkt gab es noch keine Auseinandersetzung, in deren Rahmen Vermieter und Mieterin divergierende rechtliche Standpunkte dargelegt hätten. Ein besonderes Bewusstsein von der Unsicherheit der Rechtslage, die durch ein – im Zweifel nicht anzunehmendes – konstitutives Anerkenntnis beseitigt werden sollte (RIS-Justiz RS0032522), prägt den Schriftverkehr zwischen den Streitteilen jedenfalls nicht.

6. Einer weiteren Begründung bedarf es nicht (§ 510 Abs 3 ZPO).

Leitsätze

  • Wirksamwerden einer Indexveränderung bei Erhöhung des Hauptmietzinses

    Der aufgrund einer Wertsicherungsklausel hierzu berechtigte Vermieter kann einen erhöhten Hauptmietzins von dem auf das Wirksamwerden der Indexveränderung folgenden Zinstermin an verlangen, wenn er dem Hauptmieter in einem nach Wirksamwerden der Indexveränderung ergehenden Schreiben, jedoch spätestens 14 Tage vor dem Termin, sein darauf gerichtetes Erhöhungsbegehren bekannt gibt. Ein dem Mieter vor dem Wirksamwerden der Indexerhöhung zugehendes Schreiben löst hingegen keine Rechtswirkungen aus.
    WEKA (ato) | Judikatur | Leitsatz | 5 Ob 191/15x | OGH vom 30.10.2015 | Dokument-ID: 822529