Dokument-ID: 845242

Judikatur | Entscheidung

5 Ob 232/15a; OGH; 18. Mai 2016

GZ: 5 Ob 232/15a | Gericht: OGH vom 18.05.2016

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Dr. Hradil als Vorsitzenden sowie den Hofrat Dr. Höllwerth, die Hofrätin Dr. Grohmann und die Hofräte Mag. Wurzer und Mag. Painsi als weitere Richter in der Grundbuchsache der Antragsteller 1. Ing. P***** H*****, 2. L***** A***** C***** S***** H*****, beide *****, 3. U***** AG, *****, alle vertreten durch Dr. Marco Iglitsch, Rechtsanwalt in Wien, wegen Einverleibung des Eigentumsrechts und weiterer Grundbuchshandlungen ob der EZ ***** GB *****, über den außerordentlichen Revisionsrekurs der Zweitantragstellerin gegen den Beschluss des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgericht vom 21. September 2015, AZ 46 R 211/15t, mit dem der Beschluss des Bezirksgerichts Floridsdorf vom 28. Mai 2015, TZ 1978/2015, bestätigt wurde, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.

Begründung

Die Antragsteller begehrten aufgrund eines mit der Eigentümerin der Liegenschaft abgeschlossenen Bauträgervertrags, des Staatsbürgerschaftsnachweises (nur) des Erstantragstellers, einer Pfandbestellungsurkunde und weiteren Urkunden ob der Liegenschaft EZ ***** GB ***** die Einverleibung des Eigentumsrechts der Erst- und Zweitantragsteller jeweils für 80/1200 und 20/1200 Anteile, sowie die Einverleibung eines Pfandrechts und die Anmerkung des Kautionsbandes. Aus dem vorgelegten Bauträgervertrag geht hervor, dass hinsichtlich dieser Anteile Wohnungseigentum an zwei näher bezeichneten Objekten begründet und die Anteile der Erst- und Zweitantragsteller verbunden werden sollen. Die diesbezügliche Zusage der Einräumung des Wohnungseigentums gemäß § 40 Abs 2 WEG ist im Grundbuch angemerkt.

Das Erstgericht bewilligte den Antrag, soweit er sich auf den Erstantragsteller bezog. Den Antrag hinsichtlich der Zweitantragstellerin wies es mit der Begründung ab, dass der nach § 1 Wiener Ausländergrunderwerbsgesetz (WrAuslGEG) erforderliche Nachweis der Ehegemeinschaft zwischen dem Erstantragsteller und der Zweitantragstellerin fehle.

Das Rekursgericht gab dem Rekurs der Erst- und Zweitantragsteller nicht Folge. Zwar sei gemäß § 3 Z 1 WrAuslGEG der Erwerb von Objekten, an denen Wohnungseigentum begründet werden könne, durch eine Eigentümerpartnerschaft genehmigungsfrei, wenn ein Partner der Eigentümerpartnerschaft die österreichische Staatsbürgerschaft besitze. Hier bestehe aber mangels Einverleibung von Wohnungseigentum noch keine solche Eigentümerpartnerschaft iSd § 13 WEG und es sei auch nicht gewährleistet, dass es jemals zur Begründung von Wohnungseigentum komme. Allein die Vereinbarung der Parteien des Titelgeschäfts, dass künftig Wohnungseigentum begründet werden solle, und die Anmerkung der Zusage gemäß § 40 Abs 2 WEG reiche nicht aus, zumal sonst auf diesem Weg auf Dauer schlichtes Miteigentum erworben werden könnte. Der Erwerb schlichten Miteigentums falle aber nicht unter den Ausnahmetatbestand des § 3 Z 1 WrAuslGEG, sofern nicht die (hier nicht nachgewiesene) Voraussetzung des gemeinsamen Erwerbs durch Ehegatten oder eingetragene Partner vorliege. Das Rekursgericht sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstands insgesamt 30.000 EUR übersteigt und der ordentliche Revisionsrekurs nicht zulässig sei.

Gegen diese Entscheidung richtet sich der außerordentliche Revisionsrekurs der Zweitantragstellerin mit dem Antrag diese dahin abzuändern, dass die begehrten Eintragungen auch hinsichtlich der Zweitantragstellerin bewilligt werden.

Der Revisionsrekurs der Zweitantragstellerin ist zur Klarstellung der Rechtslage zulässig; er ist aber nicht berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

1. Gemäß § 1 Abs 1 WrAuslGEG bedarf der Erwerb des Eigentums (Miteigentums) unter Lebenden an bebauten oder unbebauten Grundstücken jeder Art durch Ausländer zu ihrer Gültigkeit der behördlichen Genehmigung. Gemäß § 2 Z 1 WrAuslGEG gelten als Ausländer im Sinn dieses Gesetzes natürliche Personen, welche die österreichische Staatsbürgerschaft nicht besitzen. Die Bestimmungen des § 1 WrAuslGEG finden allerdings keine Anwendung auf Rechtsgeschäfte, bei denen Ehegatten oder eingetragene Partner als gemeinsame Erwerber auftreten und einer der beiden die österreichische Staatsbürgerschaft besitzt, sowie auf den Erwerb von Objekten, an denen Wohnungseigentum begründet werden kann, durch eine Eigentümerpartnerschaft (§ 13 WEG) und ein Partner der Eigentümerpartnerschaft die österreichische Staatsbürgerschaft besitzt (§ 3 Z 1 WrAuslGEG).

2. Die Revisionsrekurswerberin beruft sich auf die in § 3 Z 1 WrAuslGEG geregelte Genehmigungsfreiheit des Erwerbs durch eine Eigentümerpartnerschaft.

2.1 Die Eigentümerpartnerschaft ist die Rechtsgemeinschaft zweier natürlicher Personen, die gemeinsam Wohnungseigentümer eines Wohnungseigentumsobjekts sind (§ 2 Abs 10 WEG). Die Eigentümerpartnerschaft trat mit dem WEG 2002 an die Stelle des Ehegatten-Wohnungseigentums. Seither können zwei natürliche Personen, deren Miteigentumsanteile je dem halben Mindestanteil entsprechen, unabhängig von einer Ehegemeinschaft oder eingetragenen Partnerschaft als Eigentümerpartnerschaft gemeinsam Wohnungseigentum erwerben (§ 5 Abs 1 WEG).

2.2 Die Ausnahmeregelung des § 3 Z 1 WrAuslGEG idF vor dem LGBl Nr 39/2003 galt (nur) für Rechtsgeschäfte, bei denen Ehegatten als gemeinsame Erwerber auftreten und einer der beiden die österreichische Staatsbürgerschaft besitzt. Um auch den durch die mit dem WEG 2002 geschaffene Möglichkeit der Begründung einer Eigentümerpartnerschaft erweiterten Kreis der Personen, die gemeinsam Wohnungseigentum erwerben können, in die Ausnahmeregelung des § 3 WrAuslGEG miteinzubeziehen, wurde mit dem LGBl Nr 39/2003 dessen Z 1 um den Tatbestand des Erwerbs von „Objekten, an denen Wohnungseigentum begründet werden kann, durch eine Eigentümerpartnerschaft (§ 13 WEG) und ein Partner der Eigentümerpartnerschaft die österreichische Staatsbürgerschaft besitzt“ ergänzt. Nach den Erläuterungen (Beilage Nr 14/2003, 01673/2003-MDALTG) sollte damit die Ausnahmeregelung auch auf die „Eigentümerpartnerschaft als Erwerberin von Wohnungseigentumsobjekten“ Anwendung finden, sofern einer der Partner die österreichische Staatsbürgerschaft besitzt. Zweck der Ergänzung des § 3 Z 1 WrAuslGEG ist demnach der genehmigungsfreie Erwerb von Wohnungseigentum durch eine Eigentümerpartnerschaft unabhängig von einer Ehegemeinschaft oder eingetragenen Partnerschaft der Eigentümerpartner, sofern nur einer der Partner österreichischer Staatsbürger ist.

2.3 Um eine Eigentümerpartnerschaft begründen zu können, müssen die Partner Eigentümer je eines halben Mindestanteils sein (§ 13 Abs 2 WEG). Das Wohnungseigentum wird durch die Einverleibung in das Grundbuch erworben. Es ist im Eigentumsblatt auf dem Mindestanteil einzutragen; bei einer Eigentümerpartnerschaft sind die Anteile der Partner am Mindestanteil zu verbinden (§ 5 Abs 3 WEG). Um den Ausnahmetatbestand des § 3 Z 1 2. Fall (– Eigentümerpartnerschaft, wenn nur ein Partner die österreichische Staatsbürgerschaft besitzt –) des Wiener Ausländergrunderwerbsgesetzes in Anspruch nehmen zu können, muss der Grundbuchsantrag nicht nur auf die Begründung von Miteigentum, sondern auf die Eintragung von Wohnungseigentum gerichtet sein.

2.4 Die von der Revisionsrekurswerberin geforderte extensive Auslegung dieses Ausnahmetatbestands durch Ausdehnung der Genehmigungsfreiheit auch auf den Erwerb von schlichtem Miteigentum, wenn dieser der Vorbereitung der Begründung von Wohnungseigentum dient, also auf den Erwerb von Miteigentum auch für den Fall, dass nicht gleichzeitig das (beabsichtigte und schuldrechtlich vereinbarte) Wohnungseigentum begründet wird, würde die Umgehung des Ausländergrundverkehrsrechts ermöglichen. Der Erwerb schlichten Miteigentums fällt nicht unter den Ausnahmetatbestand des § 3 Z 1 WrAuslGEG, sofern nicht die Voraussetzung des gemeinsamen Erwerbs durch Ehegatten oder eingetragene Partner vorliegt. Wie das Rekursgericht zutreffend hervorgehoben hat, gewährleisten die Vereinbarung der Parteien des Titelgeschäfts, Wohnungseigentum zu begründen, und die Tatsache der Anmerkung der Zusage gemäß § 40 Abs 2 WEG nicht, dass es tatsächlich zur Begründung von Wohnungseigentum kommt, sodass auf diesem Weg ein Ausländer iSd § 2 Z 1 WrAuslGEG ohne die Voraussetzungen des zweiten Tatbestands des § 3 Z 1 WrAuslGEG auf Dauer schlichtes Miteigentum erwerben könnte.

2.5 Die Revisionsrekurswerberin begründet ihren gegenteiligen Standpunkt mit dem Wortlaut des Gesetzes. Aus der Formulierung, „auf den Erwerb von Objekten, an denen Wohnungseigentum begründet werden kann“, ergebe sich zwingend, dass das Bestehen von Wohnungseigentum nicht notwendig sei und schon die theoretische Möglichkeit der späteren Begründung von Wohnungseigentum genüge. Wie sich aus den Gesetzesmaterialien und der sich darin findenden Auseinandersetzung mit der Wohnungseigentumstauglichkeit von Objekten ergibt (Erläuterungen Beilage Nr 14/2003, 01673/2003-MDALTG), wollte der Gesetzgeber mit der von der Revisionswerberin ins Treffen geführten Klarstellung aber den Umfang des Ausnahmetatbestands in Bezug auf die von diesem erfassten Objekte verdeutlichen, die Genehmigungsfreiheit aber nicht auf Erwerbsvorgänge erstrecken, die lediglich die Voraussetzungen für eine spätere Begründung von Wohnungseigentum schaffen.

3. Der von der Zweitantragstellerin angestrebte Eigentumserwerb ist daher kein Fall des in § 3 Z 1 WrAuslGEG normierten zweiten Ausnahmetatbestands für den Erwerb von Wohnungseigentum. Der erste Tatbestand des § 3 Z 1 WrAuslGEG wiederum ist nicht in grundbuchtauglicher Form nachgewiesen. Ohne die – hier unterbliebene – Vorlage eines rechtskräftigen Genehmigungsbescheids (oder einer Negativbestätigung iSd § 5 Abs 4 WrAuslGEG) durfte das Grundbuchsgericht die Eintragung eines solchen genehmigungspflichtigen Rechtserwerbs daher nicht bewilligen.

Leitsätze

  • Genehmigungspflicht von schlichtem Miteigentumserwerb durch Personen ohne österreichische Staatsbürgerschaft

    Die behördliche Genehmigungspflicht von Eigentumserwerb entfällt für Personen, die die österreichische Staatsbürgerschaft nicht besitzen, im Falle einer Eigentümerpartnerschaft oder bei gemeinschaftlichem Erwerb im Rahmen einer Ehe/eingetragenen Partnerschaft mit Personen, die die österreichische Staatsbürgerschaft besitzen. Schlichtes Miteigentum kann nur mit behördlicher Genehmigung erworben werden, wenn sie nicht mit dem Ehepartner/eingetragenen Partner erworben wird.
    WEKA (red) | Judikatur | Leitsatz | 5 Ob 232/15a | OGH vom 18.05.2016 | Dokument-ID: 845239